Das erste Klavier der Marke Petrof wurde 1864 hergestellt und von Antonín Petrof, gelerntem Tischler, zusammen mit seinem Vater angefertigt. 1865 wurde das Unternehmen zur Klavierherstellung gegründet und ein Jahr später von Antonín Petrof geleitet. Der Firmensitz befand sich in einem dafür angekauften Objekt, einer ehemaligen Gaststätte mit strategisch guter Lage auf der Hauptstraße nach Brünn. Aus einer kleinen Firma mit sechs Angestellten wurde rasch ein prosperierendes und bekanntes Unternehmen zur Herstellung von Klavieren und Pianos, das schließlich auch zum k. und k. Hoflieferanten ernannt wurde. 1934 hatte das Unternehmen 270 Angestellte und produzierte 100 Pianos und Pianinos jährlich. Dank der Firma Petrof sowie der kleineren Werke von Jan Bárta und Josef Kašpar in Hradec Králové und Umgebung in den 1930er Jahren 28,5 % der Beschäftigten in der Klavierindustrie tätig und es waren dort mehr als 31 % der Kapazität nach Maschinenleistung der Tschechoslowakei konzentriert.
Die Räumlichkeiten der ehemaligen Gaststätte waren bereits Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund des wachsenden Betriebs nicht mehr ausreichend. 1900 wurde das Unternehmen auf der Südseite durch eine eingeschossige Werkstatt mit Trockenraum erweitert. Die Fassade dieses Bauwerks wurde durch verputzte und unverputzte Ziegelmauern, Stuck und Bogengesimse oberhalb der Fenster gegliedert. 1902 wurde der Firma die Aufstockung für das ursprüngliche Fabrikgebäude mit der Konskriptionsnummer 207 im Südwesten des Areals genehmigt, 1905 folgte der Anbau des hofseitigen Traktes. Im Laufe des Jahres 1908 wurde die Fabrik im Nordwesten erweitert, als zum bestehenden, L-förmigen Gebäude an der heutigen Ulice Na Brně ein dreigeschossiges Werkstattgebäude mit Walmdach und vier Kastenfenstern pro Etage hinzukam. Die Fassade des Neubaus schloss stilistisch an das bestehende Fabrikgebäude an – sie wurde mit Gurtgesimsen dekoriert, die Fenster im Erdgeschoss wurden mit Bogengesimsen aus Sichtmauerwerk versehen, in den Obergeschossen bekamen sie Fensterfaschen und ganz oben wurde die Fassade von einem Kranzgesims abgeschlossen. In den Jahren 1909 und 1910 wurde die Fabrik erneut erweitert, indem ein dreigeschossiges Gebäude mit Maschinenraum und Walmdach an des bestehende Werkstattgebäude aus dem Jahr 1908 angebaut wurde. Die Baudokumentation sowie die Realisierung übernahm die Firma František Jaroslav Černý. Die Fassade wurde im Stil der umliegenden Bauten gestaltet. Im Erdgeschoss befand sich eine Durchfahrt in den Hof der Fabrik, außerdem Räumlichkeiten für Werkstätten sowie der Maschinenraum. In den Obergeschossen befanden sich je zwei Werkstätten.
1908 sowie 1924 und 1941 erhielt die Fabrik jeweils einen neuen Kesselraum, 1935 einen neuen Maschinenraum. Im Zusammenhang mit der Modernisierung des Unternehmens wurde 1934 eine Baugenehmigung für Errichtung und Betrieb einer Tankstelle sowie einer Lackierwerkstatt erteilt.
Im Februar 1925 wurde auf der Nordwestseite des Areals der Bau eines neuen, fünfstöckigen Fabrikgebäudes aus Sichtmauerwerk und mit flachem Dach begonnen. Dieses Gebäude, das an die bestehenden Bauten anschloss und erneut von der Firma František Jaroslav Černý geplant und realisiert wurde, hat man im November 1925 fertiggestellt. Die Fassade des Erdgeschosses wurde einfacher gestaltet und mit Fabrikfenstern aus Metall besetzt. Die ersten drei Obergeschosse wurden stärker dekoriert und mit Halbsäulen aus Sichtmauerwerk versehen, die je zwei vierteilige Kastenfenster umgrenzten. Außerdem befanden sich auf der Fassade Lisenen und zwei Gurtgesimse mit Metopen, die das Erdgeschoss vom ersten Stockwerk trennen und das vierte Stockwerk abgrenzen. Die letzten zwei Stockwerke wurden mit verputzten und unverputzten Flächen gestaltet. Oberhalb des Kranzgesims befand sich ein Giebel mit der Aufschrift „ANT. PETROF“. Der hofseitige Trakt verfügte über ein Türmchen, das den straßenseitigen Trakt überragte und in dem sich das Treppenhaus, ein Aufzug sowie eine Garderobe und Toiletten befanden. Im Erdgeschoss war ein Maschinenraum untergebracht, in den oberen Stockwerken Werkstätten. Das Gebäude ist als eines der wenigen nahezu intakt erhalten geblieben, die einzig sichtbare Veränderung ist der Austausch der alten Fenster gegen neue.
Während des Zweiten Weltkriegs sank die Nachfrage, und auch die Arbeitskräfte schwanden, da es zu Zwangseinsatz im damaligen Deutschen Reich kam. In der Fabrik wurden Munitionskisten hergestellt, dennoch kam es 1943 zu einem Entwurf zur Erweiterung, angefertigt vom Architekten Oldřich Liska, der die Aufstockung um ein Geschoss und einen Zubau an der heutigen Brněnská ulice vorsah und der jedoch nicht realisiert wurde.
Nach 1945 überwand die Fabrik die Krise durch den Zweiten Weltkrieg und entwickelte sich weiter, allerdings wurde das Unternehmen im Jahr 1948 verstaatlicht und als Staatsbetrieb weitergeführt. Auch damals prosperierte das Unternehmen und brachte unter dem bekannten Namen Petrof neue Pianotypen auf den Markt. Es kam zu einer umfangreichen Erweiterung des Areals um neue Verwaltungs- und Produktionsräumlichkeiten sowie zur Adaptierung der bestehenden Räumlichkeiten, bei denen die Innenräume umgebaut und die Fassaden vereinfacht wurden. Ab 1990 wurde das Unternehmen als staatlicher Betrieb weitergeführt und elf Jahre später zur Gänze an die Familie Petrof rückerstattet, welche den Betrieb nach und nach rekonstruiert und die 160-jährige Familientradition fortsetzt. 2017-2018 wurde der Komplex erweitert durch den Anbau des Einkaufs- und Kulturzentrums PETROF Gallery, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung der Region sowie die musikalische Ausbildung zu fördern. Zu seiner Dominante wurde ein quaderförmiges, mit Glas verkleidetes Objekt, das von Janis Vlachopulos und Vladimír Lavrík vom Unternehmen Adonis Projekt entworfen wurde.
KK
Denkmalschutz
Kein Denkmalschutz verzeichnet.
Quellen
- Archivní oddělení Hradec Králové, fond Antonín Petrof, továrna na piana, 1875–1948
- FOUSKOVÁ, Veronika a KŘENKOVÁ, Zuzana. Antonín Petrof, továrna na piana. In: Industriální topografie. Online. Dostupné z: http://www.industrialnitopografie.cz/karta.php?zaznam=V006582. [vyhledáno 2024-12-9]
Literatur
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BERAN, Lukáš, VALCHAŘOVÁ, Vladislava (ed.), ZIKMUND, Jan et al. Industriální topografie / Královéhradecký kraj. Praha: 2012. s. 35–36.
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DEMEL, Karel a ŠIMŮNEK, Marek. Petrof. 1864–2019. Půvab, elegance, tajemství, radost, opojení, fantazie. Hradec Králové: 2019. s. 5–56.
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KAŇKA, Josef a MLYNÁŘ, Václav. Hradec Králové. Přehled desetileté práce 1924–1934. Hradec Králové: 1934. s. 101, 121.