Bohumil Kubišta (1884-1918), geboren in der Gemeinde Vlčkovice bei Hradec Králové, war eine der führenden Persönlichkeiten der tschechischen Kunst der Moderne und Gründungsmitglied der Künstlergruppe Osma. Er liebte Ordnung und Harmonie und besaß eine rastlose Seele. Nach eigenen Worten suchte er eifrig nach der perfekten Form, die – sobald sie gefunden war – mit perfekten Inhalt zu füllen sei. Kubišta studierte an der Akademie der bildenden Künste in Prag, besuchte die italienische Stadt Florenz und das Louvre-Museum in Paris, in dem er die Gemälde alter Meister studierte und sich auch mit der zeitgenössischen Kunst auseinandersetzte: er bewunderte den Expressionismus und den Kubismus. In seinem Werk wandte der Künstler die uralte Farbentheorie und den Goldenen Schnitt an. Kubišta engagierte sich auch in der Armee. Nachdem er die Offiziersschule in Pula (heute Kroatien) absolviert hatte, nutzte er sein dort erworbenes Wissen im Ersten Weltkrieg. 1914 beteiligte sich Kubišta an einer Operation zum Abschuss des französischen U-Boots Curie, wofür er mit dem Leopold-Orden und dem Rang des Oberleutnant und später dem des Hauptmann ausgezeichnet wurde. Gegen Kriegsende, am 27. Oktober 1918, besuchte Kubišta Prag. Am darauffolgenden Tag wurde die selbständige Tschechoslowakei gegründet und Kubišta meldete sich als einer der ersten zur Armee. Nur knapp einen Monat danach erkrankte er an der Spanischen Grippe, an welcher er wenig später, am 27. November 1918 im Alter von 34 Jahren verstorben ist.
Das Begräbnis eines der Begründer der modernen tschechischen Malerei fand am 4. Dezember 1918 statt. Kubištas ehemaliger Mitschüler aus der Realschule in Hradec Králové, der Architekt Václav Rejchl jun. (1884-1964) schrieb über diesen Tag: „Es war ein trauriger, düsterer Herbsttag, an dem es zeitweise leicht regnete. Die Beerdigung fand in der Villa des Lehrers Oldřich Kubišta in Kukleny statt, wohin auch der Sarg des Verstorbenen gebracht wurde. [...] In Kukleny war kurz darauf das zivile Begräbnis durch Unterstützung einer Artillerieeinheit, die aus dem nahe gelegenen Hradec Králové gekommen war. [...] An der Beerdigung nahmen viele tschechoslowakische Offiziere und zahlreiche Bürger aus Hradec Králové und Kukleny teil. [...] Kubištas alte, gebückte Mutter ging bitterlich weinend hinter dem Sarg her, auch Jan Zrzavý konnte auf dem Weg zum Friedhof seine Tränen nicht zurückhalten.“ Rejchl selbst wollte eigentlich eine Rede halten, doch war er so ergriffen, dass er sie vorzeitig abbrechen musste. Später organisierte Rejchl eine Ausstellung mit Kubištas Werken. Als einer der ersten entwarf der Maler Jan Zrzavý einen Grabstein für den Verstorbenen,; realisiert wurde schließlich der Entwurf des symbolistischen Bildhauers František Bílek (1872-1941).
Bílek entwarf den Grabsteil als fünf Meter hohe Stele mit Relief für ein Doppelgrab mit Grabplatte. Das zentrale Relief verfügt über eine Lünette und die Profilansicht einer Figur – einer trauernden Muse oder eines Genius, die den Namen des Malers zum Gedächtnis aufzeichnet. In der rechten unteren Ecke sieht man die Signatur des Bildhauers (F. B.). Unter dem Relief befindet sich eine Inschrift; übersetzt lautet sie: „Das Leben mit einem kräftigen Strich umfassen.“ Auf dem Sockel unterhalb der Figurendarstellung steht übersetzt: Boh[umil] Kubišta, Kunstmaler und Hauptmann der 1. Artillerie. *21. 8. 1884 †27. 11. 1918.
Ganz im Stil von František Bílek wird das Relief von zwei Platten mit Urnen flankiert. An der östlichen Seite des Grabsteins befindet sich die Aufschrift: Familie Kubišta aus Vlčkovice, Stejskal aus Zdechlovice, und auf der Urne die Inschrift: Věra Halámková, 1924-2016. An der westlichen Seite: Familie Charvát aus Kukleny, Knejpa aus Hradec Králové, Halámek, auf der Urne befindet sich die Inschrift Jarmila Halámková 1908-1970.
In der ersten Monografie über Bohumil Kubišta, die sein Verwandter František Kubišta verfasste, heißt es: „Er sehnte sich danach, mit ausgebreiteten Flügeln zu den Höhen der Ideen aufzusteigen, doch fällt er, gebrochen durch den Tod. Er starb unfreiwillig, er kämpfte gegen den Tod, wie er gegen das Unglück kämpfte, er kämpfte, weil er sein Genie, dessen Ziele groß waren, retten und am Leben erhalten wollte.“ Kubištas Bilder, inzwischen Ikonen der tschechischen bildenden Kunst, entstanden in einem Zeitraum von nur fünf Jahren: zwischen 1908 und 1913. Das Grab unterstreicht damit die Rolle Kubištas als Legende, Vorbild und Symbol, die in der tschechischen Kunst seit mehreren Generationen präsent ist.
JFB
Denkmalschutz
Der Grabstein von Bohumil Kubišta ist Teil der denkmalgeschützten Kirche St. Anna, die unter der Nummer ÚSKP 38849/6-565 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen ist.
Literatur
-
ČEŘOVSKÝ, František (ed.). Život a osobnost Bohumila Kubišty ve vzpomínkách současníků. Praha: 1949.
-
KUBIŠTA, František. B. Kubišta. Praha: 1940.
-
LARVOVÁ, Hana (ed.). František Bílek (1872–1941). Praha: 2022.
-
RAKUŠANOVÁ, Marie. Kubišta – Filla. Zakladatelé moderního českého umění v poli kulturní produkce. Brno: 2019.
-
RAKUŠANOVÁ, Marie. Bohumil Kubišta a Evropa. Praha: 2020.
-
SRP, Karel (ed.). Bohumil Kubišta. Zářivý krystal. Praha: 2014.