Die Chemiefabrik Lakovar wurde 1919 gegründet. Anfangs befanden sich ihre sehr bescheidenen Produktions- und Verwaltungsgebäude in einer ehemaligen Zementfabrik in der Gemeinde Plotiště nad Labem. Später wuchs die Firma und es gab Filialen in Prag, Brünn, Ostrava und České Budějovice (Budweis). Ihr Sortiment umfasste Lack, Email, Firnis und Schimmelschutzfarbe.
1920 bat die Firma Lakovar um Baugenehmigung für ein provisorisches Lager neben den bereits bestehenden Objekten. Der Bau wurde genehmigt unter der Bedingung, dass „die Decke des Lagers feuergeschützt ausgeführt wird“. Auch die Staatseisenbahn musste sich zu dem Bauvorhaben äußern, denn die Fabrik stand in unmittelbarer Nähe einer Eisenbahnstrecke. Das Lager wurde 1920 vom Bauunternehmen Východočeská stavební a betonářskou společnost s.r.o. aus Hradec Králové realisiert. Im selben Jahr entstanden Pläne zur Adaptierung eines der bestehenden Gebäude zur Lackherstellung im Mittelteil des Areals. 1928 stellte die Firma ein Ansuchen auf Erweiterung des Produktionsbetriebs um einen weiteren Kessel.
1922 realisierte dasselbe Bauunternehmen eine Werkhalle mit elektrischem Antrieb für die Farbreibung. Das Projekt wurde von Václav Jelínek ausgearbeitet, der für das Bauunternehmen tätig war. Es handelte sich um eine eingeschossige, nicht unterkellerte Betonkonstruktion mit Mauerwerk und Satteldach, das neben der Straße errichtet wurde. Das Gebäude verfügt über zahlreiche Fabrikfenster mit Metallrahmen und die Fassade besteht aus Sichtmauerwerk. Die Bauarbeiten dauerten bis Juli 1922.
1925 stellte die Firma Lakovar ein Ansuchen auf Baugenehmigung für die Aufstockung der Werkhalle. Diese wurde gemauert und verfügt über eine Vielzahl sechsteiliger Fenster sowie ein Satteldach mit Holzkonstruktion. Die Fassade wurde gegliedert und mit Fensterbänken dekoriert. Im ersten Stock hat man provisorische Büros, eine Wohnung sowie ein Lager errichtet. Schon damals plante die Fabrik die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes, weshalb Büros und Wohnung über eine provisorische Außentreppe aus Holz erreichbar waren, die später entfernt werden sollte. An der Innenseite hofseitig gab es einen Treppenaufgang mit zwei großen Fenstern. Der Aufbau wurde von Václav Jelínek geplant und realisiert.
Die umfangreichsten Eingriffe folgten nach einem Ansuchen der Firma, das im Januar 1925 an das Gemeindeamt in Plotiště nad Labem gestellt wurde. Errichtet wurden ein Kohlelager mit Toiletten und einer Rampe zum Verladen von Waren im nordöstlichen Teil in der Nähe der Schienen, eine Mauer zur Umzäunung des Geländes, ein Lager für Lack, Farben und Rohstoffe im Mittelteil des Gebäudes, sowie eine Reihe kleinerer Anbauten. Außerdem kam es zu baulichen Veränderungen an bestehenden Objekten an der Nordseite, z. B. wurde eine Eingangshalle für die Produktionsstätte und ein Unterstand bei der Werkhalle gebaut. Das Kohlelager wurde als eingeschossiges Objekt aus Ziegelsteinen mit Pultdach und Fabrikfenstern konzipiert; an der Seite der Schienen war es mit Fensterläden versehen. Das Lager für Lack, Farben und Rohstoffe war ein einfaches eingeschossiges Gebäude mit länglichem Grundriss, Fabrikfenstern mit Metallrahmen und einem Satteldach. Neben vier Lagerräumen war dort auch die Expeditionshalle untergebracht. Auch diesmal wurden alle Gebäude und Zubauten von Václav Jelínek geplant und realisiert.
Im April 1929 stellte die Firma ein Ansuchen auf die Genehmigung zum Ausbau der Werkhalle für die Farbreibung. Bei dem Anbau handelt es sich um ein zweigeschossiges, teilweise unterkellertes Objekt. Die Produktionsräume im Erdgeschoss verfügen über Fabrikfenster mit Metallrahmen, der erste Stock über sechsteilige Holzfenster. Die Fassade schmücken Gesimse und Halbsäulen. Der Turm mit halbrundem Anbau, Wendeltreppe und zwei großen Fenstern wurde zur neuen Dominante des Firmenareals. An der Nordseite des Geländes baute man Verwaltungsräumlichkeiten und Garagen. Auch diesmal erhielt Václav Jelínek den Auftrag für das Projekt und dessen Realisierung. So entstanden nicht nur weitere Räumlichkeiten für die Produktion von Lack, Farben und Firnis, sondern es kam auch zur lange geplanten Verlegung der Büros in das neue Gebäude. Im ersten Stock wurde die Direktion mit Sitzungssaal, Schreibzimmer, Personalbüro und einem Labor eingerichtet. 1941 folgte der Anbau einer kleinen Trafostation an dieses Objekt.
1939 errichtete man ein weiteres Lager mit feuersicherem Dach. Im Januar 1940 stellte die Firma ein Ansuchen auf Baugenehmigung für ein Fabrik- und Verwaltungsgebäude an der Südseite des Geländes, das von Václav Jelínek projektiert und durchgeführt wurde. Das zweigeschossige, nicht unterkellerte Objekt schloss an die bestehende Werkhalle an und umfasste Räumlichkeiten zur Warenverpackung und Expedition im Erdgeschoss und Räume zur Lackherstellung im ersten Stock. Südlich von diesem Gebäude stand ein Wohnhaus an der Ecke. Beide Objekte wurden durch einen Raum verbunden, unter dem sich die Einfahrt in den Hof befindet. Das zweigeschossige Wohnhaus verfügt über ein Flachdach und sechs fünfteilige Fenster mit Holzrahmen an der straßenseitigen Fassade. Oberhalb der Einfahrt befand sich ein Balkon. Die Fassade kombiniert Sichtmauerwerk, glatt verputzte Flächen und Halbsäulen. Im Erdgeschoss befand sich eine Pforte mit Wartezimmer und eine Wohnung mit Zimmer, Küche, Vorratsraum, Abstellkammer, Bad und Toilette, außerdem hatte diese Wohnung eine Pawlatsche. Im Obergeschoss befand sich eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche, Vorratsraum, Bad und Toilette, auch sie hatte eine Pawlatsche. Im eingeschossigen Fabrikgebäude an der Südseite des Geländes bestand war eine Feuerwehr untergebracht, außerdem noch Garagen, Einrichtungen für die Angestellten, ein Raum zur Warensortierung, eine Tischlerei, zwei Lagerflächen und weitere Produktionsräume. Die Produktions- und Lagerräume waren unterkellert und von einem Dach mit Oberlichtern abgeschlossen.
1948 wurde die Firma Lakovar verstaatlicht und umbenannt in Spojené továrny na barvy a laky, n. p. Hradec Králové II., später dann in das Unternehmen Barvy‒laky Praha eingegliedert. Damals kam es auch zum Abriss des Südflügels des Firmengebäudes. 1965 wurde der Betrieb eingestellt und die Räumlichkeiten von der benachbarten Firma Fotochema übernommen. Seit 1992 hat eine private Firma dort ihren Sitz. Sie knüpfte an die Tradition der Lakovar-Fabrik an und widmet sich der Produktion von Verdünnungsmitteln. Nach 1945 wurden einige der sechsteiligen Holzfenster gegen zweiteilige ausgetauscht und später durch Plastikfenster ersetzt. Trotz einiger kleiner Eingriffe sind die Gebäude am Fabrikgelände in ihrer ursprünglichen Form mit Fassadenteilung durch Sichtmauerwerk und Metallrahmen-Fabrikfenstern erhalten.
KK
Denkmalschutz
Kein Denkmalschutz verzeichnet.
Quellen
- Státní okresní archiv Hradec Králové, fond Archiv obce Plotiště nad Labem, inv. č. 94, kt. 2
Literatur
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BERAN, Lukáš, VALCHÁŘOVÁ, Vladislava, ZIKMUND, Jan et al. Industriální topografie / Královéhradecký kraj. Praha: 2012, s. 39.
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Čechy krásné: severovýchod. Praha: 1947, s. 10.
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DIVIŠOVÁ, Jaroslava (red.). Encyklopedie města Hradce Králové N–Ž. Hradec Králové: 2011, s. 573.
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Královéhradecko, vlastivědný sborník pro školu a dům. Hradec Králové: 15. 3. 1938, s. 5.