Für die Errichtung dieses monumentalen Gebäudes unter der k. k. Bezirksvertretung im Jahr 1895 war der Bischof Eduard Brynych verantwortlich. Dieser agile Organisator des katholischen und politischen Vereinslebens gründete zusammen mit weiteren Geistlichen eine Verlagsgenossenschaft „unter dem Patronat des Heiligen Johannes von Nepomuk, der es sich zur Aufgabe machte, Schriften und Dokumente zu verbreiten, die in religiösem Geiste verfasst sind.“ [1] Die Institution gab auch bedeutende Periodika wie Časové úvahy (dt. „Zeitgemäße Überlegungen“) und das Wochenmagazin Obnova (dt. „Erneuerung“) heraus. Um eine Druckerei einzurichten, war es nötig, ein eigenes Objekt zu errichten, das außerdem für weitere Aktivitäten der Verlagsgenossenschaft geeignet war: öffentliche Versammlungen und Vorlesungen, Vereinszusammenkünfte oder redaktionelle Tätigkeiten. Der 900. Todestag des Märtyrers Adalbert von Prag bot den Anlass, dieses katholische Bauwerk nach ihm zu benennen und es erhielt den Namen Adalbertinum. Da nicht viel Zeit blieb, war es wichtig, mit der Vorbereitung des Projekts schnell voranzuschreiten.
Der damalige Vorsitzende der Genossenschaft, Alois Frýdek, wandte sich bezüglich des Projekts an seinen „Hausarchitekten“ Viktor Weinhengst. Dessen Entwurf kontrollierte später der Bauingenieur František Hellmann aus der Stadt Jaroměř und legte vier weitere Varianten für eine mögliche Realisierung vor. Schließlich wurde ein Entwurf Hellmanns ausgewählt und Weinhengst wurde mit der Baubeaufsichtigung beauftragt. Für Hellmann, der damals soeben seine Konzession als Baumeister erworben handelte es sich dabei offenbar um den ersten bedeutenden Auftrag (ob Hellmann die stilistisch ähnliche Villa von Jan Náhlovský in Jaroměř aus dem Jahr 1888 entwarf, ist nicht belegt). Das zweistöckige öffentliche Bauwerk neben dem Seminargarten wurde auf einem rechteckigen Grundriss entworfen. Es umfasste einen Haupttrakt, zwei symmetrische Seitenflügel und einen niedrigeren hinteren Teil; zusammen umschlossen sie einen geräumigen Innenhof. Die Pläne wurden im Juli 1896 genehmigt und die Bauarbeiten bereits Anfang Oktober des darauffolgenden Jahres beendet – trotz der Probleme mit dem Fundament, denn das Gebäude wurde auf einem sumpfigen Grundstück errichtet, auf dem sich auch bauliche Reste der Festungsanlage befanden. Das gesamte Gebäude ist daher von einem steinernen Sockel unterlegt.
Im Souterrain befanden sich Keller für Bier, Wein und für die Mietparteien, außerdem eine Waschküche und eine Wäschemangel. Das Erdgeschoss umfasste ein Restaurant mit Schanktheke, Wohnungen für den Hausmeister, den Wirten und den Leiter der Druckerei, eine Buchhandlung, die Redaktion des Wochenmagazins Obnova, ein Zimmer für das Dienstpersonal, Zimmer für die Handwerker und die Druckerpresse, welche die Genossenschaft den Erben von Ladislav Jan Pospíšil, dem inzwischen verstorbenen stellvertretenden Bürgermeister der Stadt, abgekauft hatte. Im ersten Obergeschoss befanden sich die Räumlichkeiten des Diözesemuseums, Vereinsräume, die Wohnung des Verlagsdirektors, fünf Gästezimmer und ein repräsentativer Vereinssaal, im hinteren Teil der Setzraum und weitere Büros. Im zweiten Obergeschoss befand sich die Kapelle des heiligen Adalbert mit einem Altar von Antonín Sucharda. Laut Plänen sollte auch hier das Diözesemuseum untergebracht werden. Die Hauptfassade des frei stehenden barocken Palais wird von flachen Risaliten gegliedert – einem zentralen und zwei seitlichen. Der Eingang wird von zwei Halbsäulen flankiert, die einen Balkon mit Balustrade stützen. Das Erdgeschoss ist umschlossen von einer plastischen Rustika und Rundbogenfenstern. Oberhalb des Gurtgesims sind rechteckige Fenster vorherrschend, im ersten Stock sind sie jeweils mit einem Tympanon geschmückt. Der mittlere Risalit ist mit Stuckverzierung mit floralen Motiven versehen und wird von einem Volutengiebel und einem achteckigem Turm mit gebauchter Kuppel und Laterne abgeschlossen. Die seitlichen Risalite haben je zwei kleinere Risalite zu beiden Seiten und einen Segmentgiebel mit ovalen Kartuschen und glockenförmigen Türmen. An der Fassade des rechten Trakts ist die Lage des Hauptsaals gut erkennbar durch die über zwei Geschosse reichenden Rundbogenfenster. Oberhalb der Fenster befindet sich ein Akanthus-Gürtel mit der Aufschrift „ADALBERTINUM“. Die Grundmasse des Gebäudes wird durch ein profiliertes Gesims mit Zinnenschnitt vom Giebeldach getrennt.
Eine Vielzahl örtlicher Handwerker beteiligte sich an der Realisierung des Gebäudes: der Tischler Josef Hlavatý aus Pražské Předměstí, der Schlosser František Paulík und der Installateur Štepán Paul aus Hradec Králové swoie der Glaser Josef Hoza aus Kukleny. Neben deren Arbeiten zeugen auch die verwendeten Materialien vom hohen Wert des Gebäudes: englischer Schiefer für das Dach, Granit für die dreiarmige Haupttreppe, oder außergewöhnlich hochwertige Holzdielen, Eichenparkettfriesen und poliertes Terrazzo für die Innenböden.
MP
Anmerkungen:
[1] NOVOTNÝ, Josef. Biskup Brynych, životopisné črty. Hradec Králové: 1923, S. 248.
Denkmalschutz
Das Adalbertinum ist unter der Nummer ÚSKP 34501/6-4703 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen und befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
Literatur
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POCHE, Emanuel (ed.). Umělecké památky Čech, díl 1., A–J. Praha: 1977, s. 458.
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ŠULC, František. Zpráva o prvním diecésním sjezdu katolíků a o diecésním spolkovém domě „Adalbertinum“ v Hradci Králové. Hradec Králové: 1897, s. 219–237.