Die Kapazitäten des Städtischen Museums, in dem sich das Heeresmuseum, eine Galerie und eine Bibliothek befanden, waren vor dem Zweiten Weltkrieg zur Gänze ausgeschöpft. Noch in den Jahren 1937 und 1938 überlegte man, einen Neubau für die Galerie zu errichten, zusammen mit der Sparkasse. Er hätte sich am heutigen náměstí Osvoboditelů befinden sollen. Dieser Plan, den man in den 1930er Jahren nicht realisierte, wurde mit Beginn des Krieges und der Ausrufung des Protektorats Böhmen und Mähren fallen gelassen. Im Februar 1942 wurde ein Wettbewerb für einen Anbau des Museums ausgeschrieben, der vor allem die Räumlichkeiten für die Galerie und für die Bibliothek samt Lesesaal vergrößern sollte. Für den Zubau waren ein Depositar, Ausstellungssäle, neue Büros für die Museumsleitung und die Verwaltung, ein Lapidarium für größere Statuen und Plastiken und Galerieräumlichkeiten vorgesehen, außerdem eine Erweiterung der Betriebsräumlichkeiten und des Werkstattbetriebs. Den Wettbewerb für den Anbau gewann Jan Rejchl. In seinem Entwurf respektierte er die Fassade von Kotěras ursprünglichem Gebäude, gliederte den Anbau in einen Sandsteinsockel und ein Erdgeschoss aus Sichtmauerwerk; die oberen Stockwerke waren aus grobem Putz. Das Kranzgesims sollte ein einfaches Profil und keinen dekorativen Charakter aufweisen. Der Anbau war in zwei Trakte unterteilt – einen mit Fassade in die heutige Divišova ulice, der zweite (eingeschossige) in die Kotěrova ulice. Im Souterrain entwarf Rejchl Werkstätten und Depositare. Im Erdgeschoss plante er eine Erweiterung des Lesesaals und Büroräumlichkeiten: eine Direktion, einen Bereich für den Bibliothekar und die Museumskustoden und ein Sitzungssaal. Am Ende des Traktes gab es einige kleinere Ausstellungsräume. Im Obergeschoss des Haupttraktes entwarf Rejchl drei Ausstellungssäle mit eingebauten Vitrinen zwischen dem Gang und den einzelnen Sälen. Die Vitrinen wurden von Tageslicht durchflutet und man konnte sie von beiden Seiten betrachten. Im obersten Stockwerk, das von einem System aus Lichtschächten beleuchtet wurde, gab es einen großen Ausstellungsraum ohne Trennwände, mit Kojen an den Seiten, die durch einen eigenen Lichtschacht beleuchtet wurden. Am Ende befand sich ein kleinerer Ausstellungsraum mit Zugang auf die Dachterrasse, die sich oberhalb eines Kubus erstreckte, der den Trakt abschloss.
Gočárs Entwürfe sind auf 15. März 1942 datiert. Der Zubau beinhaltete zwei Trakte: einen Haupttrakt, mit Fassade in die Divišova ulice, abgeschlossen von einem erweiterten, aber niedrigeren Teil, der zur Kreuzung der Divišova und Kotěrova ausgerichtet war. Der zweite Trakt lag entlang der Kotěrova ulice, er war eingeschossig und beinhaltete ein Lapidarium. Im Souterrain waren eine Tischler-, eine Steinmetz- und eine Stuckwerkstatt untergebracht sowie ein Speisesaal und eine Garderobe für die Angestellten, ein Bilddepositar und zwei weitere Depositare. Der Trakt mit dem Lapidarium im Ostteil des Grundstücks hätte auch unterkellert werden sollen, es waren ebenfalls Lagerräume im Souterrain untergebracht. Im Erdgeschoss des Traktes, der zur heutigen Divišova ulice führte, waren Büros für die Direktion, die Bibliotheksangestellten, zwei Museumskustoden geplant, auch ein Raucherraum und ein Sitzungssaal, kombiniert mit dem Grafikdepositar. Im Hinterteil des Trakts, der zur Kreuzung der Straßen Divišova und Kotěrova führte, gab es Ausstellungsräume, in denen Grafiken gezeigt werden sollten. Im ersten Stock des neuen Traktes gab es vier Ausstellungssäle und im hinteren Teil Räume ohne Fenster, zur Ausstellung älterer Kunstwerke. Teil dieser Räume waren auch zwei kleine Lager. Im zweiten Stock befanden sich vier Lichtschächte, mit denen die Ausstellungssäle beleuchtet wurden. Gočárs Konzept der Fassade war gänzlich konform mit dem Entwurf von Kotěra. Er übernahm den Sandsteinsockel, den Teil mit Sichermauerwerk und die Fenstergliederung bis auf die Höhe des ersten Stockwerk; ein Teil des zweiten Stocks entsprach ebenfalls dem groben Putz von Kotěras Entwurf. Gočárs Anbau knüpfte an Kotěras Gebäude auch durch das gleiche markanten Kranzgesims an, das aus dunklen, glasierten und nicht glasierte Ziegeln bestand.
Gočár und Rejchl lieferten ein detailliertes Konzept für die Gestaltung des Innenhofs. Gočár plante den Raum durch eine hohe Mauer mit breiten Öffnungen von der Umgebung abzugrenzen, Rejchl bloß durch einen Metallzaum. Gočár entwarf ein eher festliches Konzept mit einem zentralen, länglichen Bassin, während Rejchl einen parkähnlichen Erholungsraum konzipierte, mit einer großen Anzahl an Sträuchern und Grün und einem kleinen Brunnen in der Mitte.
Der radikalste Entwurf für den Anbau war vermutlich der von Ladislav Machoň. In der beigeleten Nachricht schrieb er: „Das Museumsgebäude ist bereits heute ein bildnerisch vollkommenes Werk. […] Aus diesem Grund ist das jetzige Projekt als Anbau zu diesem künstlerischen Denkmal zu verstehen, und es ist bewusst als neues Werk im heutigen Geist zu konzipieren, das dabei jedoch den hohen Wert des bestehendes Gebäudes zur Gänze respektiert.“ Im Gegensatz zu seinen Kollegen verzichtete Machoň darauf, Kotěras Formsprache für sein Projekt zu übernehmen und konzipierte den Anbau als horizontales Prisma, das nur durch verputzte Flächen, Sichtmauerwerk und ein horizontales Relief gegliedert war. Der Entwurf von Ladislav Machoň wurde nicht positiv aufgenommen. Der Architekt entwarf nämlich ein zu den in der Ausschreibung festgeletzten Bedingungen modifiziertes Projekt: die Ausstellungssäle fielen kleiner aus als gefordert, er plante sie von beweglichen Trennwänden zu unterteilen, was der Architekt als variabler erachtete als den Entwurf von großen Sälen. Außerdem konzipierte er eine Abteilung für die Verwaltung der Bibliothek, separat von der Bibliothek und dem Lesesaal. Die Büroräume der Leitung und Verwaltung waren in seinem Entwurf vom Rest des Museums abgeteilt und sollten sogar über einen eigenen Eingang verfügen; er entwarf auch die Errichtung von gänzlich neuen Werkstätten, einer Wohnung für den Hausmeister und einen Heizraum, um das alte Gebäude zu entlasten. Der Direktor des Museums, Josef Kaňka, schrieb an Machoň: „nach dem Urteil der Museumsfachmänner (in Bezug auf die Innenausstattung) und auch architektonisch hat ihr Projekt keinen der vorderen Plätze erreicht.“ Diese Fachmänner, von denen die Entwürfe beurteilt wurden, waren Vertreter des Svaz českých muzeí (dt. „Verband tschechischer Museen“): Karel Guth (1884–1943) und Jaroslav Helfert (1883–1972).
Der Wettbewerb wurde sehr schnell ausgeschrieben und die Architekten hatten nur knapp zwei Monate Zeit, um ein Projekt zu entwerfen. Die Lokalzeitschrift Královéhradecký kraj berichtete über das Ergebnis wie folgt: „Am 9. Februar wurde ein Wettbewerb für einen Anbau an das Städtische Museum nach der Studie von Professor Jan Kotěra ausgeschrieben, zu dem die Architekten Gočár, Hübschmann, Krásný und Machoň aus Prag und Jan Rejchl aus Hradec Králové eingeladen wurden. Auf Beschluss des Stadtrats vom 23. März wurde die Ausarbeitung der finalen Pläne an den Architekten Ing. Dr. Jan Rejchl übergeben, der zusammen mit Professor Gočár die vorderen Plätze des Wettbewerbs belegte.“
Beachtenswert ist, dass Rejchls Bruder Václav jun., ebenfalls Architekt und Bauingenieur, den Entwurf seines Bruders in diesem Wettbewerb nicht unterstützte und sich für das Projekt von Ladislav Machoň einsetzte. Dies geht aus einem nicht datierten Brief von Václav Rejchl jun. an Machoň hervor: „Lieber Freund, ich habe beide Deine Briefe bekommen und persönlich in der Sache interveniert. Ich habe ein gewisses Versprechen erhalten, unter Voraussetzungen, die ich Dir in den kommenden Tagen in einem separatem Brief mitteilen werde.“ Machoň war überzeugt: „Der Wettbewerb wurde entgegen allen guten Gewohnheiten entschieden.“ Václav Rejchl erklärt dies folgenermaßen: „die Ausschreibung des Wettbewerbs und die Entscheidung geschahen im Winter 1942, kurz vor der Auflösung der tschechischen Vertretung und der Gründung des (deutschen, Anm.) Kommissariats. Das letzte Treffen der Vertretung, die auch über die Vergabe des Auftrags entschied, war der 25. März. Am 1. April trat der deutsche Kommissar und Bürgermeister Heger sein Amt an.“ Rejchl bemühte sich, die Situation zu glätten und bat, dass Machoň wegen „Eile und der Gefahr, die vor der Tür lauert“ zu entschuldigen sei.
LZL
Denkmalschutz
Das Projekt wurde nicht realisiert.
Quellen
- Národní technické muzeum, Archiv architektury a stavitelství, fond Ladislav Machoň, č. 26, inv. č. 20070614/12
- Národní technické muzeum, Archiv architektury a stavitelství, fond Josef Gočár, č. 14, inv. č. 20061002/03
Literatur
-
Ladislav Zikmund-Lender, Jiří Zikmund (eds.), Budova muzea v Hradci Králové: Jan Kotěra: 1909 –1913, Hradec Králové 2013, s. 133–137
-
Jakub Potůček, Kotěra: Po stopách moderny, Hradec Králové 2014
-
Ladislav Zikmund-Lender, Jan Kotěra v Hradci, Hradec Králové 2016, s. 130–132