Im Jahr 1925 wurde ein Wettbewerb zur Regulierung des Elbebeckens ausgeschrieben; dies umfasste das Gebiet der gesamten Gočárova (damals Jungmannova) třída, einschließlich des neuen Platzes, bis ans Ufer der Elbe. Eingereicht wurden vier bzw. fünf Projekte: jener mit dem Namen „Roter Kreis“, auch als „O“ bezeichnet, war der Entwurf der Brüder Václav jun. und Jan Rejchl, Josef Gočárs Entwurf trug den Namen „Einen Schritt weiter“, „A“ war der Entwurf von Alois Kubíček und der letzte Entwurf, der in zwei Varianten ausgearbeitet war, stammte von Oldřich Liska.
An der ersten Verhandlung der Bewertungskommission, die am 6. April 1925 stattfand, nahmen teil: Bürgermeister František Ulrich, der Leiter des technischen Büros der Stadt Karel Friedrich, der Bürgermeister der Gemeinde Pražského Předměstí Josef Kotek, der Verkehrsingenieur Josef Šejna sowie die Architekten Vladimír Zákrejs und Ladislav Machoň. Nicht anwesend waren folgende Mitglieder der Jury: die Architekten Antonín Engerl und Bohumil Hübschmann sowie der Kunsthistoriker Zdeněk Wirth. Die Verhandlungen wurden am 18. April und am 13. Mai fortgesetzt. Die Jury fasste den Beschluss, keinen der Entwürfe zur Realisierung zu empfehlen. Der ausschlaggebende Grund war, dass „keiner der Projektanten den Ausblick auf die Dominante der Stadt – die Gruppe der Kathedralen mit Türmen – auszunutzen berücksichtigte.“ Erhalten sind auch zwei Skizzen von Vladimír Zákrejs, die zeigen, wie dieser sich die Einbindung der Dominante vorstellte. Aus den Entwürfen ergaben sich einige Empfehlungen: der Platz sollte zwischen den Straßen Mánesova und Jeronýmova entstehen, sodass „der Blick auf die Silhouette des Doms und der Türme gegeben ist, und zwar in der Gesamtlänge von der Husova třída bis zur Ringstraße (Střelecká).“ Außerdem empfahl die Jury, bedeutende öffentliche Gebäude stadtseitig an der Stirnseite des Platzes zu errichten (Gočár entwarf ein Theater auf der Seite, die Richtung Pražského Předměstí lag), das Gebetshaus der Tschechoslowakischen Kirche sollte in die Blockbebauung an der Ecke der Straßen Nerudova und Kollárova integriert werden. Entgegen den Entwürfen von Oldřich Liska sprach sich die Jury gegen die Errichtung eines Stadions oder großen Sportplatzes in der Nähe des Ulrichovo náměstí aus, außerdem war man auch gegen die Errichtung eines Theaters auf dem Platz und wählte hierfür eine andere Stelle: das Elbufer, wo sich heute der Náměstí 5. května befindet. Außerdem empfahl die Jury „den Verkauf und die ganzheitliche Bebauung der Parzellen an der Klumparova sowie in der Mánesova und Jeronýmova, sofern sie die Konzipierung des Platzes nicht beeinflussen. Dadurch kann genügend Zeit für die Ausarbeitung eines definitiven Bebauungsplan gewonnen werden.“
An Gočárs Entwurf störte die Jury eine Reihe von Aspekten: Sie behauptete, der Platz sei „überdimensioniert“, die Lage des Theaters „mit der Stirnseite zur Stadt […] ist isoliert und schadet dem wirtschaftlichen Betrieb. Ohne den Bau des Theaters wäre der Platz ohne Form. […] Die Mauer der Blockbebauung am Ufer ist unpassend und entspricht nicht dem Charakter der Stadt, deren beste Gebiete hier liegen, weshalb das Ufer eine Konzeption mit einzelnen Objekten im Grünen erfordert.“ Außerdem merkte die Jury an, dass „die formale Konzeption universal verwendeter flacher Dächer in Hradec Králové fremd ist.“ Dies kritisierte später auch Vladimír Zákrejs, der behauptete, das Bestreben, Elemente der Großstadt (hohe Gebäude, flache Dächer, Plätze ohne Grünanlagen) in kleine, ländliche Städte zu bringen, sei schadhaft und im Grunde genommen lächerlich. Trotz dieser Anmerkungen setzte Bürgermeister František Ulrich die Konzeption von Gočárs Entwurf durch, und der Architekt entwarf in den darauffolgenden zehn Jahren die Fassaden, Substanzen, die Höhen- und Straßenlinien des gesamten Platzes und der angrenzenden Straßen. Der Mythos um Gočárs Sieg im Wettbewerb geht paradoxerweise zurück auf seinen Konkurrenten Alois Kubíček, Autor des Artikels Práce Josefa Gočára v Hradci Králové (dt. „Die Arbeit von Josef Gočár in Hradec Králové), publiziert in der Zeitschrift „Styl“ im Jahrgang 1926-27.
Es sei darauf hingewiesen, dass sich Gočárs ursprünglicher Entwurf erheblich von der endgültigen Gestaltung des Platzes unterscheidet. Gočár entwarf an der Nord- und Südfront des Platzes hauptsächlich Mietshäuser. An der Stelle des späteren Palais von Rudolf Steinský-Sehnoutka sollte das sog. Nationalhaus stehen, ein multifunktionales Gemeindehaus mit Hotel. Gočár konzipierte drei prismatische Hochhäusern am Rande des Platzes, doch waren es 1926, nachdem das geplante Theater an einen anderen Ort verlegt worden war, bereits vier. Im südlichen Teil sollten drei abgeschlossene Blöcke aus Mietshäusern entstehen: einer zwischen den Straßen Střelecká und Mánesova, einer zwischen Mánesova und Jeronýmova (wo später die Direktion der Staatsbahnen gebaut wurde) und einer zwischen Jeronýmova und Šafaříkova. Diese Blöcke sollten Mietshäuser mit Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnungen enthalten, alle Häuser sollten ähnlich und mit flachem Dach gebaut werden. In der Mitte der Blöcke war ein gemeinsam genutzter Raum mit Park und Kinderspielplatz vorgesehen – hier schöpfte Gočár vermutlich bei den Wiener Gemeindebauten Inspiration. Der Residenzcharakter des Platzes und seiner Umgebung änderte sich jedoch bald: Im Jahr 1927 kam Rudolf Steinský-Sehnoutkas zu Verwaltungszwecken genutztes Palais hinzu, 1928 wurde über die Errichtung der Direktion der Staatsbahnen nach einem Projekt von Gočár entschieden, und zwischen 1928 und 1934 entstanden vier prismenförmige turmartige Objekte, die hybride Funktionen einnahmen: sie wurden administrativ, geschäftlich und zu Residenzzwecken genutzt.
Außerdem stellt sich die Frage nach dem Standort des beabsichtigten Denkmals für Bürgermeister Ulrich. Gočárs Schüler und Mitarbeiter Oldřich Šmída behauptete, Gočár habe „seine Position auf der Querkompositionsachse mehrmals geändert, bis er zu dem Schluss kam, dass sich auf einem derart konzipierten Platz keine Skulptur eignet.“ Die erhaltenen Pläne sind jedoch bei weitem nicht so überzeugend. Gočár plante sowohl in den ersten Entwürfen von 1925 als auch in einem der letzten Entwürfe der Gesamtkonzeption des Platzes von 1930 eine Statue auf einem hohen, schmalen prismatischen Sockel. Ihre Platzierung änderte sich nicht grundlegend – im Gegensatz zur Masse und Funktion der Gebäude, die den Platz säumten. Šmídas Zeugnis war letztendlich der ausschlaggebende Grund, weshalb die Statue im Jahr 2002 nicht errichtet wurde, obwohl es sich nur um eine sekundäre Quelle handelt und alle Entwürfe Gočárs das Gegenteil bezeugen.
Es stimmt, dass nicht viel Raum für Grünflächen auf dem Platz war, erst auf einem Entwurf aus dem Jahr 1930 waren zwei Grünflächen mit Sträuchern und Rasen eingeplant, durchwoben von S-förmigen Wegen. In einem zwei Jahre älteren Entwurf war vorgesehen, auf dem breiten Streifen vor dem Gebäude der Direktion der Staatsbahnen Rasen auszusäen, über den diagonale Wegen führen sollten. Vor dem Gebäude waren vier Pappeln geplant, die eine natürliche Wand zwischen der Statue von Bürgermeister Ulrich und der Südseite des Platzes bilden sollten. Bei der Fertigstellung der Oberfläche des Platzes zwischen 1931 und 1933 vermied Gočár die Bepflanzung mit Bäumen, nur hinter dem Gebäude der Staatsbahnen, in der Nerudova, wurden Pappeln gepflanzt. 1973 wurde im östlichen Teil eine Statue des kommunistischen Politikers Klement Gottwald aufgestellt, nach ihm trug der Platz damals auch den Namen Gottwaldovo náměstí. Im gegenüberliegenden westlichen Teil des Platzes errichtete man ein Wasserbecken mit Springbrunnen errichtet. Gottwalds Skulptur des Bildhauers Josef Malejovský wurde 1990 entfernt, der Brunnen 2006-2007 komplett renoviert. Bildhauer Pavel Doskočil und Architekt Alexander Wagner, die 2002 als Gewinner aus einem künstlerischen Wettbewerb hervorgingen, hegten Bemühungen, den Platz um eine Skulptur von Bürgermeister Ulrich zu ergänzen, wozu es aus den bereits genannten haltlosen Gründen nicht kam. 2019 berichteten die Medien kurz darüber, dass man überlegte, den siebzehn Jahren alten Entwurf von Doskočil und Wagner umzusetzen, jedoch wurden keine tatsächlichen Schritte zur Realisierung dieses Vorhabens unternommen.
LZL
Der Ulrichovo náměstí befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Národní technické muzeum, Archiv architektury a stavitelství, fond č. 14, Josef Gočár, návrhy Ulrichova náměstí, karton č. 20100916/01, 20081118/02 a 20060925/03
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Alois Kubíček, Práce Josefa Gočára v Hradci Králové, Styl, 1926–1927, roč. VII. (XII.), č. 7–9, s. 113–116
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[Josef Gočár], K pracím Josefa Gočára, Styl, 1926–1927, roč. VII. (XII.), č. 7–9, s. 153–154
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Vojtěch Vanický, Josef Gočár: regulace města Hradce Králové, Stavitel, 1928, roč. IX., s. 118
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Orientační trh v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1931, roč. XXXIV., č. 56, 22. 8. 1931, s. 1–4
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Slavnostní otevření úřední budovy ředitelství státních drah v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1932, roč. XXXV., č. 76, 5. 11. 1932, s. 6
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Alois Kubíček; Zdeněk Wirth, Hradec Králové, město českých královen, město Ulrichovo, Hradec Králové 1939, s. 89
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Marie Benešová, Josef Gočár, Praha 1958, s. 49
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František Toman, Sto let výstavby a územního plánování města Hradce Králové, Hradec Králové 1985, s. 21–31
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Marie Benešová; František Toman; Jan Jakl, Salón republiky: Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000, s. 71–74
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Zdeněk Lukeš; Pavel Panoch; Daniela Karasová; Jiří T. Kotalík, Josef Gočár, Praha 2010, s. 227
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Ladislav Zikmund-Lender, Jaroslava Pospíšilová, Ulrichovo náměstí, in: Ladislav Zikmund-Lender; Jiří Zikmund (eds.), Architektura Hradce Králové na fotografiích Josefa Sudka, Hradec Králové 2014, s. 107–108
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Ladislav Zikmund-Lender, Struktura města v zeleni: Moderní architektura v Hradci Králové, Hradec Králové 2017, s. 81–91