Im Wettbewerb für die Bebauung des sog. Elbebeckens im Jahr 1925, im Zuge dessen es insbesondere um die Konzeption des neues Ulrichovo náměstí ging, befasste man sich auch mit der Errichtung einiger öffentlicher Gebäude, die für ein neues Stadtviertel unumgänglich waren: eine katholische Kirche, eine evangelische Kirche und ein Theater. In den meisten Entwürfen bildete das Theater die Dominante des Platzes, jedoch nicht im Entwurf von Oldřich Liska, der das Theater in der Nähe von Kotěras Museumsgebäude platziert hatte. In Josef Gočárs Plänen befand sich das Tehater an der Stirnseite des Platzes, die Fassade mit dem Eingang lag zum Platz, die Rückseite zum Bahnhof, was die konservative Jury, bestehend aus Antonín Engel, Bohumil Hübschmann, Ladislav Machoň, Josef Šejna, František Ulrich, Zdeněk Wirth und Vladimír Zákrejs nicht allzu positiv bewerte. Gemäß der Axonometrie aus dem Jahr 1925 plante Gočár ein symmetrisches Gebäude mit überachtem Eingang und verglaster Fassade. Das Äußere sollte aus glatten Flächen mit Sichtmauerwerk bestehen, das an den Seiten und in den Treppenhausschächten durch Fenster unterbrochen wurde. Hinter der Bühne war ein Kubus angebracht, der die Bühnentechnik kaschierte. Wegen des Theaters sollte der Platz tiefer sein, als er schließlich wurde, denn das Theater wurde nicht errichtet. Der Ulrichovo náměstí bekam den Charakter eines Verwaltungs- und Geschäftszentrums, im Unterschied zu den in Gočárs erstem Entwurf vorgesehenen Funktionen: Kultur und Wohnen. Für das Theater musste ein anderer Ort gefunden werden.
Schon in Gočárs Studie vom 10. Juni 1928 befindet sich das Theater an einer neuen Stelle. Der Architekt rechnete mit seiner Errichtung bis zur Fertigstellung der Arbeiten im Jahr 1931. Als neuer Ort war der heutige Náměstí 5. května vorgesehen. Dort, wo später die Novák-Parkgarage errichtet wurde, hatte Gočár eine Blockbebauung mit Mietshäusern vorgesehen, die den Hintergrund des würdevollen Theatergebäudes bilden sollten. Die konkrete Platzierung des Theaters und seine Gestaltung entwarf der Architekt in einem Plan, der mit 1. März 1930 datiert ist. Das Gebäude fällt hier größer aus als in den ursprünglichen Plänen, es ist zwar auch symmetrisch und verfügt über Seitenrisalite an der Eingangsfassade, jedoch war der hintere Trakt großzügiger und an der Westseite länger konzipiert. Gočár entwarf auch eine sehr detaillierte Gestaltung des Parks: an den Seiten des Theatergebäudes sollten sich Rasenfelder befinden, am erweiterten Elbufer eine Allee mit Laubbäumen, welche den Zuseher offensichtlich während der Pausen sowie vor und nach der Aufführung für Spaziergänge zur Verfügung stehen hätte sollen. Westlich des Theaters sollten sich neunundzwanzig Parkplätze befinden. Weder der Bau der Novák-Garagen im Jahr 1932 noch die Fertigstellung von Gočárs Arbeiten an der Regulierung der Innenstadt im Jahr 1931 setzten dem Vorhaben, ein Theater zu errichten, ein Ende. Eine Fotografie des Modells hat sich erhalten, darauf ist das Theater, mit den Novák-Garagen im Hintergrund zu sehen. Es wurde um eine antik anmutende Kolonnade erweitert, die am Ufer verläuft und zur Tyrš-Brücke durch einen Pavillon mit Kuppel abgeschlossen ist. Dieses Modell entstand vermutlich im Technischen Büro der Stadt. Mit der nicht konkreter ausgearbeiteten Bebauung des Platzes vor den Novák-Garagen rechnete auch der Gebietsbebauungsplan von Ernst Bode aus dem Jahr 1942. Die Platzierung des neuen Theaters änderte sich erst im neuen Plan von František Bartoš und Josef Havlíček aus dem Jahr 1946, definitiv befasste sich damit schließlich František Čermák im Jahr 1956, der das Theater in den nördlichen Teil der Innenstadt verlegte, womit sich Architekten in den kommenden drei Dekaden befassten.
LZL
Das Projekt wurde nicht realisiert.
- Národní technické muzeum, Archiv architektury a stavitelství, fond Josef Gočár, č. 14, inv. č. 20110309/04