Nachdem sich Josef Gočár vom Atelier seines Lehrers und Freundes Jan Kotěra gelöst hatte und selbständig arbeitete, entwarf er zahlreiche Aufträge, von utopischer Monumentalarchitektur über Wohn- und Kaufhäuser bis hin zu Einfamilienhäusern und Gedenk- und Grabarchitektur. 1907-1908 realisierte Gočár die Villa von Josef Bink in Krucemburk, die trotz ihrer geometrischen Dekoration und englischen Disposition auch Merkmale der Volksarchitektur aufweist. Aus 1909 und 1910 sind jedoch mehrere Entwürfe von Stadtvillen erhalten, die Gočár gänzlich anders konzipierte.
Zu jener Zeit wurde intensiv über die Form des städtischen Einfamilienhauses diskutiert. Im zweiten Jahrgang der neu gegründeten Zeitschrift „Styl“, dem Manifest moderner Architektur und modernen Designs, wurden mehrere Texte veröffentlicht, die modernen Villen gewidmet waren. Unter den Prototypen befanden sich Jan Kotěras eigene Villa mit Atelier und Architekturschule in Prag-Vinohrady, die kürzlich fertiggestellt wurde, die konservativere Villa Miroslav Vyskočils in Česká Třebová vom Architekten Alois Dryák sowie die Villa von Antonín Petrof des Architekten Josef Gočár in Hradec Králové. Zu dieser Zeit fand Gočár Inspiration bei norditalienischen manieristischen Häusern, was sich am deutlichsten im nicht realisierten Entwurf des Hauses von Emanuel und Pavla Mazánek in Soudná bei Jičín zeigte. Petrofs Villa hat einen sehr ähnlichen Stil, und auch einige der Sakralbauten von Gočár aus dieser Zeit zeigen die italienische Inspiration ganz klar: das Luther-Institut in Hradec Králové und die evangelische Kirche in Louny.
Im Entwurf für die Villa der Eheleute Petrof war ein markanter, hervorspringenden Portikus vorgesehen. Der kleine Vorraum führte zu den Betriebsräumen des Hauses: Küche, Speisekammer, Dienstmädchenzimmer und Waschküche. Besuche wurden durch den Gang, eine Art verglaste Loggia, in das Empfangszimmer geführt. Das Esszimmer war durch einen kleinen Anrichteraum mit der Küche verbunden. Sowohl aus dem Esszimmer als auch aus dem Empfangszimmer gelangte der Besuch ins gartenseitig gelegene Wohnzimmer mit Musikerker, wo sich ein Klavier und offensichtlich weitere Instrumente befanden. Das Wohnzimmer war durch eine dreiteilige Glastür mit dem großzügigen Wintergarten verbunden. Eine separate Treppe führte ins Obergeschoss, sie befand sich im hinteren Teil des Hauses. Das Obergeschoss hatte einen kleineren Grundriss als das von Terrassen umgebene Erdgeschoss, er war symmetrisch angelegt: zwei Zimmer, ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer, verbunden durch eine Toilette mit zwei begehbaren Kleiderschränken. Neben dem Schlafzimmer befand sich auch das Bad, das aus dem symmetrischen Grundriss herausfiel und in den Garten reichte. An der Süd- und Ostseite war das Obergeschoss von einer Dachterrasse umgeben, an der Westseite von einer überdachten Loggia mit gewölbten Arkaden. Im Dachgeschoss, das über eine separate Treppe erreichbar war, befand sich ein größeres Gästezimmer und ein weiteres, nicht näher bezeichnetes Zimmer. Das Haus sollte unterkellert werden, im Keller waren Lagerräume und eine Zwei-Zimmer-Wohnung für den Hausmeister geplant.
Das Äußere war reichhaltig verziert – der Wintergarten und die Loggia mit Arkade sollten wahrscheinlich mit schwarz-weißen dekorativen länglichen Fliesen ausgekleidet werden, ebenso wie der breite Hauptgiebel. Im kleinen Giebel des Gästezimmers war ein rundes Fenster eingesetzt. Alle Räume sollten durch große, raumhohe Fenster beleuchtet werden. Aus dem Grundriss ragte ein konvex geschwungener eingeschossiger Trakt mit Empfangsraum heraus. Das Haus hatte auch einen Hintereingang vom Garten, der zu den Betriebs- und Wohnräumen des Erdgeschosses führte.
Das Projekt wurde schließlich nicht realisiert, denn die Familie des Fabrikanten Antonín Petrof gab einem weitaus konservativerem, und bestimmt auch billigerem Projekt von Oldřich Liska den Vorzug, das im historisierenden Stil ausgeführt wurde.
LZL
Das Projekt wurde nicht realisiert.
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Styl, 1910, roč. 2, s. 30–31
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Marie Benešová, Josef Gočár, Praha 1958, s. 50
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Jan Jakl, Sny a vize: Neuskutečněné projekty Josefa Gočára pro Hradec Králové, Hradec Králové 2010, s. 12–13
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Zdeněk Lukeš; Pavel Panoch; Daniela Karasová; Jiří T. Kotalík, Josef Gočár, Praha 2011, s. 39