Der Bau der Volks- und Stadtschule mit Kindergarten in den Jahren 1927-1928 geschah im Zuge der hohen Kapazitätsüberlastung in Hradec Králové. Im Oktober 1930 wurde Josef Gočár gebeten, den linken Teil seines fast symmetrischen Schulkomplexes detailliert zu planen. Aus dieser Zeit stammen schematische Entwürfe der Fassaden im Maßstab 1:200, ein halbes Jahr jünger sind detaillierte Emtwürfe des Gebäudes, die aus dem Februar 1931 stammen. Im Gegensatz zu früheren Vorschlägen aus dem Jahr 1926, als beide Teile des Komplexes streng symmetrisch sein sollten, beschloss Gočár wahrscheinlich auf Ersuchen der Stadt, die Kapazität des neuen Gebäudes zu erhöhen und es zu vergrößern, wodurch der Komplex asymmetrisch wurde. Die nach außen verlaufenden Trakte sollten erweitert werden, sodass das Gebäude einen H-förmigen Grundriss erhielt. Außerdem war geplant, dass der mittlere Trakt in der Längsachse des Komplexes im letzten Stockwerk durch ein Observatorium mit Beobachtungskuppel abgeschlossen werden sollte, was eine neue Dominante erzeugt hätte. Im Gegensatz zur älteren, gegenüberliegenden Knabenschule sollte die Mädchenschule im mittleren Flügel eine kleinere, axial geneigte Turnhalle haben, die sich nur über den Souterrain und das Erdgeschoss erstrecken sollte. In den oberen Stockwerken waren ein großes Klassenzimmer für Handarbeit (erster Stock) und ein Zeichensaal (zweiter Stock) geplant.
Im Souterrain sollten sich Garderoben befinden, die im Gegensatz zur Knabenschule keinen Durchgang ermöglichten. Die Garderobe sollten sich im vorderen und hinteren Quertrakt befinden, im Längstrakt waren der Turnsaal mit Lager und Duschen sowie zwei Werkräume untergebracht. In den Quertrakten im Erdgeschoss waren zehn große Klassenzimmer vorgesehen, alle mit Fenstern nach Südosten, die Quertrakte wurden von vier kleinen Kabinetten abgeschlossen. Im Längstrakt befand sich hofseitig die Turnhalle, die über zwei Stockwerke reichte, sowie die Direktion, das Lehrerzimmer, die Schulbücherei, das Arztzimmer und zwei Waschräume. Erster und zweiter Stock verfügten über denselben Grundriss, oberhalb der Turnhalle befand sich ein Handarbeitsraum im ersten und ein Zeichensaal mit Kunstsammlung im zweiten Stock. Statt der zwei östlichen Kabinette befanden sich in den Quertrakten im zweiten Stock zwei Treppen, die auf die Dachterrasse führten. Die Schule war in zwei Teile unterteilt: eine Volks- und eine Stadtschule, aufgeteilt auf einen Trakt oder ein Stockwerk – deshalb verfügt die Schule auch über zwei Lehrerzimmer, zwei Büchereien und zwei Direktionen. Das Observatorium und die Dunkelkammer im dritten Stock sowie den Schularzt und die Turnhalle standen beiden Schulen zur Verfügung. Der Speisesaal mit Küche, der sich im Souterrain des Quertraktes befinden sollte und so groß wie eine Klasse war, scheint unterdimensioniert geplant. In der Zwischenkriegszeit war es jedoch üblich, dass Schülerinnen und Schüler zum Mittagessen nach Hause gingen und die Schulkantine nur von auswärtigen Schülerinnen und Schülern genutzt wurde.
Die Fassaden sollten ähnlich wie beim älteren Bau aus den Jahren 1927-1928 straßenseitig aus Sichtmauerwerk bestehen und hofseitig weiß verputzt sein. Nur das letzte Stockwerk mit Observatorium und Dunkelkammer sollte an allen Seiten weiß verputzt werden, wodurch es die Form eines wissenschaftlichen Zentrums im Stil des Funktionalismus, samt drei Bandfenstern, bekam.
Das erweiterte und modernisierte Projekt der Volks- und Stadtschule für Mädchen aus dem Jahr 1931 wurde nicht realisiert. Gočárs maximalistische Version wurde auch Ende der 1950er nicht umgesetzt, als sich der Architekt Václav Rohlíček der Aufgabe der Fertigstellung von Gočárs Vision annahm. Rohlíček ging beim Zubau aus früheren Plänen Gočárs aus und realisierte ein Gebäude, das gänzlich im Einklang mit dem ursprünglichen Gebäude aus den Jahren 1927-1928 steht. Gočárs Projekt aus den Jahren 1930-1931 wurde also, anders als Jan Jakl behauptet, nicht realisiert.
LZL
Das Projekt wurde nicht realisiert.
- Národní technické muzeum, Archiv architektury a stavitelství, fond Josef Gočár, č. 14, inv. č. 20041209/03
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Marie Benešová, Josef Gočár, Praha 1958, s. 51
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Jan Jakl, Sny a vize: Neuskutečněné projekty Josefa Gočára pro Hradec Králové, Hradec Králové 2010, s. 28–29