Nach dem Abriss der Festungsmauern baute man an den Rändern des ehemals befestigten Stadtkerns von Hradec Králové eine Reihe öffentlicher Gebäude, beispielsweise die Schule für Kunstschlosserei (1892–1893), das Adalbertinum (1895–1897) oder das Borromeum am Ufer der Orlice (1900–1902). An der Ostseite wurde die Pospíšilova třída mit ähnlichen Objekten bebaut. Das Gebäude der Höheren Realschule in der heutigen Komenského ulice nimmt den Charakter der hiesigen Bebauung deutlich vorweg. Die Schule wurde von der Stadtverwaltung etwa zwei Jahrzehnte zuvor nach Plänen des Architekten Václav Weber errichtet. Das Gebäude wirkte aufgrund der historisierenden Architektur bereits vor hundert Jahren etwas schwerfällig auf die Schülerinnen und Schüler, wie der aus Hradec Králové stammende Schriftsteller Emil Vachek (1889–1964) beschreibt: „Die Realschule sieht von außen ungemütlich aus, eine typische staatliche Institution; als man sie gebaut hat, dachte man nicht an die Ästhetik.“ Dennoch bewertet er die Schule in Bezug auf die Raumaufteilung im Inneren etwas besser: „hell und geräumig, mit großen Fenstern, breiten Gängen, einem Hof, auf dem wir die Pausen verbrachten, mit einer Turnhalle und eigenständigen Klassenräumen für den Chemieunterricht, einem Zeichensaal und einer wunderschönen Direktion in der rechten Ecke im ersten Stock.“ Die Schule ist ein eigenständig stehendes, zweistöckiges Gebäude mit Fassade im Stil der Neorenaissance. Sie steht auf einem E-förmigen Grundriss und hat eine einheitliche Fassade und drei nach Süden verlaufende Trakte. Die Vorderseite der Fassade wird von markanten Risaliten gegliedert: zwei an den Ecken und einem zentralen, wo sich eine steinerne Eingangstreppe befindet. Im Hochparterre befindet sich eine weitläufige Eingangshalle mit hohen Gewölben, die auf gusseisernen Säulen mit korinthischen Kapitellen ruhen. Dahinter, im selben Trakt, befindet sich eine repräsentative dreiarmige Treppe mit gusseisernem Geländer, die auch zur Turnhalle im Untergeschoss führt. Der darüber liegenden Raum über den beiden anderen Geschossen wurde ursprünglich von der Schulkapelle eingenommen, heute befindet sich dort eine Aula. Die anderen Trakte wurden in zwei Teile geteilt, mit jeweils hellen, hofseitig liegenden Gängen und straßenseitigen Klassenzimmern. Die Fassade des Gebäudes umfasst ein steinernes Untergeschoss; im Erdgeschoss ist sie zwischen den Eingängen und Fenstern mit Bossen versehen. Die Fenster des ersten und zweiten Stocks, oberhalb des profilierten Gurtgesims, sind rechteckig und werden im Mittelrisalit durch Pilaster mit ionischen (im ersten Stock) und korinthischen Kapitellen (im zweiten Stock) getrennt. Die Gliederung der Fassade wird durch ein prächtiges Kranzgesims mit Zahnschnitt und Girlandendekor vervollständigt.
Die Bauareiten des Gymnasiums wurden von Václav Kuželovský ausgeführt, der den Auftrag im Zuge einer öffentlichen Versteigerung erhielt. Das Projekt hatte jedoch einen unschöne Folgen für Kuželovský: er führte einen Rechtsstreit mit der Stadt über die Erstattung der Arbeiten, die er angeblich im Auftrag des Architekten und Bauleiters über den Rahmen des Projekts hinaus ausgeführt hatte. Das Gebäude dient noch heute der Ausbildung,
es beherbergt eine Höhere Berufsmedizinische Schule und die Medizinische Mittelschule.
MP
Denkmalschutz
Die Höhere Realschule ist unter der Nummer ÚSKP 105081 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen und befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
Quellen
- Státní okresní archiv v Hradci Králové, fond Reálné gymnasium Hradec Králové, č. fondu 354, zn. fondu HK–RE
Literatur
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Emil Vachek, Vzpomínky na starý Hradec, Havlíčkův Brod 1960, s. 64
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Pavel Panoch, Hradec Králové: Průvodce po architektonických památkách od středověku po současnost, Praha 2015, s. 105