Der erste Präsident der Tschechoslowakischen Republik, Tomáš Garrigue Masaryk besuchte Hradec Králové gleich elf Mal. Zum ersten Mal war er am 1. Mai 1892 in der Stadt und hielt eine Vorlesung über das allgemeine Wahlrecht. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hradec Králové hatten die Idee, ein Denkmal für den Präsidenten zu errichten; sie wandten sich deshalb an den Stadtrat. Dieser beschloss am 23. Mai 1923, ein Denkmal für Masaryk zu errichten, woraufhin man einen Fond gründete und eine Kommission einberief, die sich mit der Errichtung des Denk-mals befassen sollte. Der Architekt Josef Gočár, der bereits seit 1922 Gebäude am damaligen Husovo náměstí (heute Masarykovo náměstí, dt. „Masarykplatz“) plante, machte dem Stadtrat den Vorschlag, den anerkannten Bildhauer Jan Štursa mit dem Denkmal zu beauftragen, dieser wurde schließlich auch angesprochen. Štursa kam zusammen mit Gočár am 27. April 1924 nach Hradec Králové, um sich den Ort anzusehen, an der das Denkmal errichtet werden sollte. Noch im Juni desselben Jahres übermittelte Štursa der Stadtverwaltung sein offizielles Angebot. Er verpflichtete sich, das Denkmal bis zum 28. Oktober 1925 für einen Preis von 160 000 Kronen fertigzustellen, mit der Anmerkung, dass er bis Ende Oktober des Jahres 1924 ein Modell der Statue bereitstellen würde. Štursas Angebot wurde auf Beschluss des Stadtrats vom 14. Juni 1924 angenommen.
Im Rahmen der dreitätigen Feier des 75. Geburtstags des Präsidenten wurde am 8. März 1925 der Grundstein für das Denkmal auf dem damaligen Husovo náměstí gelegt. Neben Bürgermeister František Ulrich hielt auch der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses der Nationalversammlung František Tomášek, gebürtig aus Kukleny bei Hradec Králové, bei dieser Zeremonie eine feierli-che Rede. Tomášek beendete seinen Vortrag mit den Worten: „Man errichtet gewöhnlich keine Denkmäler für Lebende; wenn wir also dem lebenden Masaryk ein Denkmal errichten, ist dies ein Zeugnis dafür, wie viel Liebe, Dankbarkeit und Anerkennung wir für ihn aufbringen. Das bestän-digste Denkmal, das man ihm errichten kann, ist jedoch eins, das wir in unseren Herzen tragen.“ Mit dem Verschließen des Grundsteins wurde die feierliche Zeremonie beendet.
Am 2. Mai 1925 starb Jan Štursa eines tragischen Todes. Dieses Ereignis machte die Fertigstel-lung des geplanten Denkmals zunichte, übrig blieben unfertige, und dadurch von einem anderen Künstler nicht realisierbare plastische Skizzen: die Pläne umfassten eine stehende Figur in Le-bensgröße mit einem Hut in der einen und einer Papierrolle in der anderen Hand. Deshalb schlug der Architekt Josef Gočár vor, den Auftrag an einen anderen Bildhauer zu vergeben: seinen Zeit-genossen und Kameraden Otto Gutfreund.
Als Gutfreund von Gočárs Idee erfuhr, schrieb er am 4. Juni 1925 in einem Brief an seine Mutter: „Das mit Hradec hat bisher sehr schlecht ausgesehen, man wollte einen öffentlichen Wettbewerb ausschreiben. Heute Morgen hat Gočár angerufen, er habe Nachrichten aus Hradec, im Stadtrat sei bereits beschlossen worden, dass ich die Arbeit übernehmen soll, und in den kommenden Tagen soll ich das Auftragsblatt erhalten.“ Im darauffolgenden Brief mit identischem Datum berichtet er seiner Mutter von der Errichtung eines provisorischen Ateliers für die Arbeit, das ihm der Bau-meister Jan Strnad um einen geringen Preis verschaffen sollte; das Grundstück wurde von Karel Barták, Eigentümer einer Metallgießerei, zur Verfügung gestellt. Gutfreund fertigte in Lány eine achtfache Portraitstudie des Präsidenten an. Er ließ auch zu, anthropometrische Daten über seine Figur zu ermitteln und Fotografien zu machen. Die Messungen unternahm Jindřich Matiegka, die fotometrischen Aufnahmen des Präsidenten besorgte Jaroslav Pantoflíček unter Anwesenheit von Otakar Španiel und Adolf Maixner, dem Leibarzt des Staatsoberhauptes. Auf Basis eines Proto-kolls und der Fotografien schuf Gutfreund ein Modell im Maßstab 1:3. Es wurde später in Bronze gegossen, und der Bildhauer stellte seine Plastik der Öffentlichkeit im Juli 1926 in der Stadt Jaroměř aus, im Rahmen der Wirtschafts- und Industrieausstellung von Nordostböhmen.
Am 30. Juli 1926 schrieb Gutfreund erneut an seine Mutter: „Meine Arbeiten schreiten gut voran, am Montag beginne ich mit dem Abgießen.“ Der Bildhauer Bohumil Stehlík vergrößerte das Gipsmodell auf Lebensgröße im Atelier seines Bildhauerkollegen Joza Novák. Die Statue wurde in Gips gegossen, die Hände hat man separat angefertigt. Gutfreund übergab das Modell nach der endgültigen Korrektur zum Abgießen in Bronze an die Gießerei von Karel Barták, die sich im Pra-ger Stadtviertel Žižkov befand.
Josef Gočár entwarf währenddessen die Architektur des Denkmals, die mit seiner persönlichen Gestaltung des Platzes abstimmte. Die Steinmetzarbeiten hierfür wurden im Juni des Jahres 1926 nach Begutachtung der Angebote und Gočárs Empfehlungen an das Unternehmen Václav Škoda a synové aus Hradec Králové vergeben.
Bei der Installation des Denkmals wurde die Gedenkurkunde hervorgeholt und um den neuen Bildhauer als Urheber der Statue ergänzt, später hat man sie in einem Kupferschrank im steiner-nen Sockel des Denkmals verstaut. Die feierliche Enthüllung des Denkmals fand am 28. Oktober 1926 statt, im Rahmen eines Festaktes anlässlich der Gründung der Tschechoslowakischen Repub-lik. Bei der Statue handelte sich um das erste monumentale Denkmal für den Präsidenten Masa-ryk. Mit einer Ehrenkompanie beteiligte sich die Heeresgarnison Hradec Králové an den Feier-lichkeiten; anwesend waren außerdem der Sokol-Turnverein, die Pfadfinder, die Feuerwehr, der Verein Orla, die Legionäre, der Bauernbund sowie Schüler und Lehrer, Vertreter von staatlichen und autonomen städtischen und Kreisämtern, politische Parteien, Kirchen und weitere Institutio-nen und Vereine, und nicht zuletzt auch die Künstler, die hinter dem Denkmal standen. Bürger-meister František Ulrich hielt eine feierliche Rede, darin bedankte er sich unter anderem bei den Schöpfern des Denkmals und allen, die sich um seine Errichtung verdient gemacht hatten, und übergab das Denkmal an die Öffentlichkeit mit den Worten: „Vorwärts! Folgen wir Masaryk! Folgen wir seinem großartigen Beispiel!“ Der Festakt wurde von der tschechoslowakischen Nati-onalhymne beendet.
Im Zuge der deutschen Besatzung des Landes wurde die Statue am 6. Oktober 1940 entfernt, zer-stört und durch eine Statue von Božena Němcová ersetzt, angefertigt durch den Bildhauer Josef Václav Škoda (1901–1949). Dank einer öffentlichen Sammlung, bei der Škoda selbst eine bedeu-tende Rolle spielte, wurde die Statue Masaryks neu gegossen und im Oktober 1947 kam es zu ei-ner Neuerrichtung des Denkmals. Im März 1953 wurde die Statue jedoch erneut entfernt und ein-geschmolzen. Ursprünglich wollte man die Statue Masaryks durch eine Plastik des sowjetischen Staatsoberhauptes Josef Wissarionowitsch Stalin ersetzen, wozu es jedoch nicht gekommen ist. Ein neues Denkmal wurde erst 37 Jahre später feierlich enthüllt, und zwar am 27. Oktober 1990 in Anwesenheit des damaligen Präsidenten Václav Havel. Bei der Anfertigung des neuen Abgusses beteiligte sich der Bildhauer Stanislav Hanzík.
Die Statue zeigt den stehenden Präsidenten in Überlebensgröße, mit aufgeknöpften Jackett, in ei-ner ruhigen, aber dennoch konzentrierten und entschlossenen Position: das linke Bein leicht vor-gestellt, die Arme locker neben dem Körper. Die Plastik steht auf einem hohen Sockel gegenüber einer kohärenten, einheitlichen Häuserfassade, abgeschlossen von einer geometrisch durchbroche-nen Attika. Der unteren Teil des Sockels bildet eine längliche, horizontal ausgerichtete Steinplatte mit der typografisch markanten Aufschrift: „TOMÁŠ GARRIGUE MASARYK PRVNÍ PRESI-DENT REPUBLIKY ČESKOSLOVENSKÉ“. Eine niedrige Wand aus Sichtmauerwerk, Teil von Gočárs bis ins kleinste Detail durchdachten Komposition des Platzes, hat einen bogenförmigen Grundriss. Zusammen mit der ursprünglich entworfenen niedrigen Vegetation bildet sie ein Pen-dant zur Statue in deren Hintergrund.
JFB
Das T.-G.-Masaryk-Denkmal befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní okresní archiv Hradec Králové, fond Archiv města Hradec Králové NAD: 283 Pamětní kniha města Hradec Králové, inventární číslo 523, karton 234
-
Jan Bauch; Jiří Šetlík; Václav Erben; Petr Wittlich; Karel Srp; Vojtěch Lahoda; Otto Gutfreund: Katalog vý-stavy moderního umění, Veletržní palác, Praha, 1995–1996, s. 263–264, 315–323
-
Petr Zimmermann, Radnice v Hradci Králové: její reprezentanti a jejich činnost v letech 1850-1998, Hradec Králové 1998, s. 96
-
Galerie moderního umění Hradec Králové, Česká meziválečná plastika: ze sbírek Galerie moderního umě-ní v Hradci Králové, Hradec Králové, 2012, s. 16
-
Jakub Potůček, Hradec Králové: Architektura a urbanismus 1895–2009, Hradec Králové 2009, s. 67
-
Daniela Karasová; Jiří Kotalík; Zdeněk Lukeš; Pavel Panoch Josef Gočár, Praha 2010, s. 105–107, 334
-
Jaroslava Pospíšilová, Příběh pomníku T. G. Masaryka, Hradec Králové 2017