1942 wurde für die Stadt eine neue Organisationsstruktur geschaffen – „Groß Hradec Králové“. Umliegende Gemeinden und Kataster wurden eingemeindet, wodurch sich die Einwohnerzahl sich auf 50.000 erhöhte. Die Stadt wurde zu einem politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum Nordostböhmens. Die Eingemeindung der Dörfer und Vororte führte auch zu einem erheblichen Anstieg der Arbeiterinnen und Arbeiter unter der Gesamtbevölkerung.
Bis 1954 verlief der Wohnungsbau nur langsam, es wurden durchschnittlich etwa 100 Wohnungen pro Jahr gebaut, mehr nicht. Erst in der zweiten Hälfte der 1950er stieg die Zahl auf 350 Wohnungen jährlich. Aufgrund ihrer Funktion und der geplanten Entwicklung benötigte die Stadt jedoch mindestens 700 Wohnungen pro Jahr. Aufgrund dieses Missverhältnisses herrschte Wohnungsnot und im Jahr 1957 registrierte die Stadt 4.400 offene Wohnungsgesuche.
Seit Beginn der 1950er Jahre widmeten sich Břetislav Petránek, František Křelina und Václav Rohlíček, Architekten der lokalen Abteilung des staatlichen Bauunternehmens Stavoprojekt (gegründet 1948), der Raumplanung in Hradec Králové. In den Jahren 1951–1954 führten sie Analysen und Erhebungen in der Stadt durch, auf deren Grundlage festgestellt wurde, dass sich die Stadt im Zusammenhang mit der Konzeption aus der Zwischenkriegszeit und den späteren Konzepten von Josef Havlíček und František Bartoš aus den Jahren 1946–1947 weiter um den historischen Kern ausbreiten werde.
In den 1950er Jahren wurden praktisch im gesamten Stadtgebiet Wohnungen gebaut. Das größte Projekt, das in diesem Zuge entstand, ist die Wohnanlage Orlická kotlina. Sie wurde 1950–1958 nach einem Entwurf von Václav Rohlíček realisiert. Das Projekt umfasst auch öffentliche Einrichtungen wie eine Kinderkrippe und einen Kindergarten. Aus formaler Sicht bildet der Kindergarten das am weitesten Entwickelte Beispiel für die Architektur des sozialistischen Realismus in Hradec Králove, der ansonsten in der Stadt praktisch nicht vorkommt.
Die Wohnsiedlung umfasst insgesamt 420 Wohnungen sowie einen Kindergarten und eine Kinderkrippe (die ursprünglich als Schule und Kindergarten geplant waren). Die Kindertagesstätten wurden vom Architekten Jan Zídka (Stavoprojekt) entworfen, der dieses fortgeschrittene Projekt (es stammt aus dem Jahr 1955) in einer bemerkenswerten abstrakt-dekorativen Form mit interessanten Sgraffiti über dem Eingang entwarf. Im Vergleich zu anderen Beispielen aus Wohnanlagen in Ostrava-Poruba, Havířov oder Ostrov nad Ohří wurden dekorative Formen bei der Wohnanlage Orlická kotlina gemäßigt verwendet. Der sozialistische Realismus manifestierte sich eher im Gesamtkonzept der „geschlossenen, begrenzten und klar definierten Raumformen“.
Es war sehr wichtig, dass die Architekten der Siedlung im Einklang mit dem stadtplanerischen Konzept arbeiteten und dies respektierten. Die Wohnanlage Orlická kotlina verfügt auch heute noch über hohen Wohnstandard und eine gelungene Planung.
Deutlich ist das Bestreben, an das ursprünglichen Bebauungssystem in den benachbarten Straßen sowie dem Großteil von Hradec Králové anzuknüpfen. Die Wohnsiedlung passt sich der Umgebung an und wirkt nicht allzu innovativ.
Einige Elemente, die mit der Ästhetik des sozialistischen Realismus zusammenhängen, findet man insbesondere an den Gebäuden des Kindergartens der Kinderkrippe, an den zentralen Eingangsportalen der Wohngebäude (z. B. an den Fassaden in der Bidlova-Straße) sowie an den zwei separat gebauten Häusern zwischen den Straßen Ladova und Skupova (markantes Traufgesims, einfache orthogonale Fensterfaschen oder nüchterne Fassadenreliefs, die das letzte Stockwerk der beiden Gebäude rhythmisch verzieren). Im Vergleich zu anderen Siedlungen, die in den 1950er-Jahren in den Industrie- und Bergbaugebieten der Tschechoslowakei errichtet wurden, sind die Hausfassaden der Wohnanlage Orlická kotlina und ihre Elemente (z. B. Balkone) nahezu funktionalistisch streng und schlicht.
Kellerabteile und ähnliche Einrichtungen befinden sich bei den meisten Gebäuden im Erdgeschoss, und nicht wie üblich im Untergeschoss. Dies hängt wahrscheinlich mit dem erhöhten Grundwasserspiegel und der Nähe zum Fluss Orlice zusammen.
Zu den ersten hier errichteten Gebäuden zählen die Mehrfamilienhäuser des Typs T 11/50. Darüber hinaus wurden Wohnblöcke des Typs T 20 und T 16 entworfen (an der Straßenecke Bidlova und Švendova). In dieser Bauform waren in den drei Wohnhäuser vom Typ T 20 insgesamt 24 Wohneinheiten untergebracht.
Die Notwendigkeit, die Produktivität im Baugewerbe zu steigern, führte nach und nach zu Verbesserungen in der traditionellen Ziegeltechnologie. Beim Bau der Wohnanlage Orlická kotlina wurde das stromförmige Bausystem und für das Mauerwerk der sog. Tencer-Rahmen verwendet.
Archivmaterialien bestätigen, dass die Wände von Mehrfamilienhäusern immer noch hauptsächlich aus klassischen Ziegeln gemauert wurden. Vorgefertigt waren die verwendeten Plattendecken, Treppen, Türen, Fenster und andere Elemente. Sehr interessant ist ein Blick auf die damaligen Preise. In den Unterlagen über den Bau der Doppelhaushälfte an der Ecke, mit 27 Wohnungen des Typs T 16 in der Bidlova-Straße, datiert auf 7. März 1958, werden die Gesamtbaukosten mit 1 983 237,- Kčs berechnet. Die durchschnittlichen Baukosten einer Wohnung betragen somit 73 453,- Kčs.
Die Gebäude von Kindergarten und Kinderkrippe entsprechen am ehesten den Prinzipien der Architektur des sozialistischen Realismus. Die Kinderkrippe ist ein freistehendes, einstöckiges Gebäude mit Walmdach in der Švendova-Straße. Die Baugenehmigung wurde am 18. Mai 1956 von der Bauabteilung der Stadt Hradec Králové ausgestellt und die Genehmigung des Investors erfolgte am 25. Oktober 1958. Das Dokument zur Freigabe des Grundstücks zum Bau ist auf 5. Juli 1956 datiert, die Inbetriebnahme wurde laut Aufzeichnungen ab 9. 12. 1958 genehmigt. Die Projektdokumentation der nach dem Typ T 55 gebauten Kinderkrippe wurde in einem Dokument vom 20. Dezember 1955 mit 20 753, - Kč beziffert.
Trotz der Tatsache, dass man mit Typisierungen im Baugewerbe gerade erst begonnen hatte, finden wir eine mit der hiesigen praktisch identische Kinderkrippe z. B. in Prag (11. Verwaltungsbezirk). In diesen Kinderkrippen sollte jeweils Platz für insgesamt 55 Kinder sein.
Im Vergleich zu der Kinderkrippe befindet sich das Gebäude des Kindergartens noch in einem relativ ursprünglichen Zustand (das Walmdach mit Motiven wurde restauriert, die Fenster gegen weiße Eurofenster ausgetauscht). Die interessante geometrische Fassadendekoration sowie die farbigen Sgraffitifelder über dem Haupteingang mit Motiven spielender Kinder sind zum Glück vollständig erhalten.
Die Wohnanlage Orlická kotlina ist aufgrund ihrer Gebäudegröße eine der kleineren Siedlungsanlagen. Die vierstöckigen Häuser, die sich in einer Umgebung mit üppigen Grünflächen befinden, sind in den städtischen Organismus integriert. In den 1970er Jahren kam es zu einer leichten Verschlechterung der Umgebung, als am östlichen Rand der Wohnsiedlung eine Auffahrt zur Pospíšilová-Straße gebaut wurde (1978), die wegen übermäßiger Lärmbelästigung und Umweltverschmutzung erst nach der Errichtung von Lärmschutzwänden im Jahr 2008 in Betrieb genommen werden konnte.
Mit zunehmendem Alter hat die Wohnsiedlung nicht an Qualität verloren. Wie vom Architekturhistoriker František Toman in seinem Buch von 1985 angeführt, werden die kleinen Ausmaße der Gebäude, das angenehme Wohnumfeld und die gute Integration in den städtischen Organismus geschätzt.
In den halboffenen Innenhöfen befinden sich hochgewachsene Bäume, ergänzt durch Grünflächen, Rasenflächen und Spielplätze.
Die rekonstruierten Fassaden einiger Gebäude unterscheiden sich in der Regel nicht wesentlich von den farbigen Originalfassaden aus den 1950er Jahren.
Jakub Grünwald, Tomáš Pill
Die Wohnanlage Orlická kotlina befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní oblastní archiv v Zámrsku, inv. č. 4497, karton č. 1645 a inv. č. 4535, karton č. 1748, bytové jednotky Labská a Orlická kotlina
- Státní oblastní archiv v Zámrsku, inv. č. 4599, karton č. 1720, strojovna pro sídliště
- Státní oblastní archiv v Zámrsku, inv. č. 4768, karton č. 1827, Orlická kotlina
- Státní oblastní archiv v Zámrsku, nezpracovaný fond Krajský investorský útvar Hradec Králové bylo dohledáno, kotelna a jesle Orlická kotlina, bytová výstavba Orlická kotlina
- Dušan Kováčik, Morfologická struktura Hradce Králové od konce 19. století po současnost (bakalářská diplomová práce), Pedagogická fakulta, Masarykova univerzita, vedoucí práce Libor Lněnička, Brno 2016
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František Toman, Sto let výstavby a územního plánování města Hradce Králové, Hradec Králové 1985
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Jakub Potůček, Hradec Králové: Architektura a urbanismus 1895–2009. Hradec Králové 2009
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Ladislav Zikmund-Lender, Zítřek stavíme dnes: Architektura a urbanismus Hradce Králové v letech 1945–1989, in: Kol. aut., Monumenta Vivent: Sborník Národního památkového ústavu, územního odborného pracoviště v Josefově, Josefov 2015
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Kol. aut. Hradec Králové, Historie P Kultura / Lidé. Praha 2017. Dějiny českých, moravských a slezských měst