Die jüdische Gemeinde von Hradec Králové erlebte durch die jüdische Emanzipation in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Blütezeit. Zunächst nutzte die Gemeinde mehrere Objekte in der Altstadt von Hradec Králové, später das Objekt mit der Konskriptionsnummer 67 in der heutigen Rokitanského-Straße, wo im Hof eine Synagoge aus Holz nach Plänen von Viktor Weinhengst errichtet wurde. Im Haus selbst befanden sich die Verwaltung und eine jüdische Schule. Bald genügten diese Räumlichkeiten nicht mehr und die Gemeinde plante die Errichtung einer neuen Synagoge. Am 15. Januar 1903 bat der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, der Jurist Josef Tausik, die Stadt Hradec Králové um Zuteilung eines Grundstücks: „… es ist doch üblich, dass die Stadt für die Errichtung von Sakralbauten – Kirchen und auch Synagogen – kostenlos Bauparzellen zur Verfügung stellt“. Diesem Ansuchen kam die Stadt nicht entgegen und die jüdische Gemeinde musste die Bauparzelle käuflich erwerben, auf Basis der am 4. Dezember 1893 festgelegten Verkaufsbedingungen für Grundstücke, auf denen sich zuvor die Festungsanlage befand. Josef Tausik wandte sich an jüdische Gemeinden in anderen Städten, wo kurz zuvor Synagogen errichtet wurden, die der Gemeinde von Hradec Králové als Beispiele dienen konnten. Es handelte sich dabei um die Städte Dobříš, Tábor und Čáslav. Noch im Frühjahr 1903 erhielt Václav Weinzettl die Pläne der Synagoge von Čáslav. Im Herbst wurde ihm der Auftrag zugeteilt; der Historiker Ludvík Domečka und der Bürgermeister František Ulrich gratulierten dem Architekten. Bis März 1904 arbeitete Weinzettl an dem Auftrag. Er schätzte die ausgewählte Parzelle, besonders die stumpfe Ecke des Grundstücks. Sie sei „eine der vorteilhaftesten Formationen einer städtischen Bauparzelle“. Am 25. April 1904 wurde das Projekt vom Stadtrat genehmigt, und nur zwei Tage später wurde in der Zeitschrift Osvěta lidu ein Anzeige geschaltet, die Handwerker und Bauingenieure dazu aufforderte, ein Angebot einzubringen.
Der Bau der Synagoge begann am 17. Juni 1904, als Weinzettl die Aushebung der Baugrube für das Fundament übernahm. Im ursprünglichen Plan war vorgesehen, das Gebäude im Jahr 1904 fertigzustellen, doch gelang dies nicht und die Bauarbeiten wurden über das gesamte nächste Jahr fortgesetzt. Kurz vor Weihnachten reichte Václav Weinzettl eine endgültige Rechnung ein. Die Zahlung einiger Baukosten verzögerte sich bis 1907, als auch der Bauherr Karel Šťastný ausbezahlt wurde, dessen Rechnung mehrmals angefochten wurde war, weil er das Budget aus dem Anbot nicht eingehalten hatte.
Über die Fertigstellung der Synagoge und ihre feierliche Einweihung am 24. September 1905 informierte nur die Zeitschrift Ratibor. Die konkurrierende Zeitschrift Osvěta lidu widmete dem neuen Gebäude keine Aufmerksamkeit, da man sich wahrscheinlich nicht für die jüdische Minderheit interessierte. Selbst zu dieser Zeit wurde der Zeitschrift Ratibor vorgeworfen, dass sie „nach mangelndem tschechischen Bewusstsein [riecht]“. Ratibor wies darauf hin, dass die Synagoge an einem Ort mit jüdischer Tradition steht, da im 14. Jahrhundert auf dem gegenüberliegenden Platz eine jüdische Schule gestanden haben soll.
In der Zeitschrift Ratibor schrieb man darüber, dass das neue Gebäude der Synagoge von Hradec Králové eines der schönsten Gebäude der Stadt und ihre feierliche Einweihung ein ungewöhnlich wichtiges Ereignis sei. An der Einweihungszeremonie nahmen „Vertreter der Gemeinde, des Landkreises, aller staatlichen Ämter, Schulen, des Offizierskorps und zahlreiche auswärtige Gäste“ teil. Die Predigt wurde von dem neu eingesetzten Rabbiner Vilém Klauber gehalten, der den 1905 verstorbenen Rabbiner Abraham Kohn ersetzte. „Die Rede war reich an Gedanken, wohllautend und anmutend, so dass sie allen Anwesenden gefiel", schrieb Ratibor. Zahlreiche Rabbiner und bedeutende Juden aus dem ganzen Land gratulierten der jüdischen Gemeinde von Hradec Králové zur Eröffnung des neuen Gebäudes, und Dr. Steinreich, der Rabbiner von Mlada Boleslav schrieb: „Das neue Gebetshaus solle ein beredtes Denkmal des Einsatzes unserer Brüder für uns und für die Generationen der Zukunft sein.“ Die Wichtigkeit der Veranstaltung wurde auch in weiteren Glückwünschen betont: „Das Gebäude soll das Judentum und das Selbstbewusstsein in der Stadt stärken“. Nachdem das ewige Licht entzündet und die Thora in den Schrein gelegt worden war, folgte ein Gebet für den Kaiser und der Abschluss der Zeremonie. Auch Václav Weinzettl nahm an der Einweihung der Synagoge teil und vermerkte, er werde „in weiblicher Begleitung kommen“. Ratibor versprach, der Beschreibung des neuen Synagogengebäudes Raum in einer der nächsten Nummern zu widmen, was aber leider nicht geschehen ist. Zu jener Zeit befasste sich die Presse in erster Linie mit der eskalierenden Wirtschaftskrise und dem Kampf um das allgemeine Wahlrecht, der in einem Generalstreik gipfeln sollte, in lokalen Fragen schließlich mit der Regulation der Prostitution in der Stadt.
Im nordöstlichen Trakt, der zur Pospíšilova-Straße geht, waren ein Büro, die Wohnung des Rabbiners, Übernachtungsmöglichkeiten und ein Raum für den Religionsunterricht untergebracht. Im nördlichen, hofseitigen Trakt befand sich ein großer Gebetsraum und ein Wintergebetsraum im ersten Stock.
Im Hinblick auf den Charakter der Ringstraße als Ausstellungs- und Promenadenstraße war die Hauptfassade die der Altstadt zugewandte Fassade. Die Fassade befand sich zwischen zwei konischen Pilastern, die vom Erdgeschoss bis zur Kuppel reichten und von der Fassade des Jerusalemer Tempels inspiriert scheinen. An den Pilastern befinden sich zwei dekorative Symbole. Sie haben die Form einer Palme, Symbol der Erneuerung und Fruchtbarkeit, das sich auch auf den Tempel von Jerusalem bezieht. In der früheren Form, vor der Rekonstruktion, war die Symbolik und Verzierung der Fassade viel umfangreicher, kunstvoller und mit Verzierungen aus goldenen Konturen, heute sind die Palmensymbole beispielsweise nicht mehr so gut zu erkennen wie auf früheren Darstellungen. Die Palme als Symbol der Klageeiche (Alon bachut) war um 1900 ein beliebtes Motiv auf jüdischen Grabsteinen. Zwischen den Pilastern befindet sich ein reich verziertes Portal und im ersten Stock ein Fenster, das von einem Bogen umschlossen wird. Im zweiten Stock gibt es oberhalb der vier Fenster eine hebräische Inschrift: „Mit Jubel werdet ihr ins Haus des Herrn schreiten“. Die hohen, konischen Pilaster werden von einer Kuppel abgeschlossen; sie erinnert an einige Gebäude sudetendeutscher Industrieller. An der Ecke befindet sich ein abgeschrägter Turm mit zwei Zinnenreihen auf dem Dach. Die Ecke verfügte ursprünglich über ein eigenständiges Eingangsportal, gesäumt von zwei ägyptischen Granitsäulen, auf denen zwei Leuchten mit kugelförmigen Abdeckungen vorgesehen waren. Später wurde dieser Eingang zugemauert und eine der Säulen befindet sich in der Sammlung des Ostböhmischen Museums. Die Fassade des nordöstlichen Flügels ist weniger stark verziert als die Hauptfassade. Aus der reichen Ornamentik im Außen- und Innenbereich geht hervor, dass sich der Architekt Václav Weinzettl und der Auftraggeber Josef Tausik von exotischen Formen inspirieren ließen.
Den erhaltenen Berichten über die Sitzplätze in der Synagoge ist zu entnehmen, dass die Synagoge schon kurz nach ihrer Einweihung nahezu vollständig besetzt war. Die Sitze für den unteren Teil der Synagoge lieferte der Tischler Militký, jene für die Galerie wurden vom Tischler Hlavatý geliefert. Die Schlosserarbeiten wurden von dem in der Stadt sehr renommierten Schlosser Jan Rabas durchgeführt; er war später auch beim Bau des Museums für Jan Kotěra tätig. Die Orgel in der Galerie wurde von Jan Tuček aus Kutná Hora geliefert, den Václav Weinzettl wahrscheinlich 1903 bei der Jubiläumsausstellung in Hořice traf, wo Tuček den Vorsitz des Musikkomitees innehatte.
Die Malerarbeiten wurde vom Dekorationsmaler Rudolf Tomášek aus Hradec Králové nach den Anweisungen von Václav Weinzettl ausgeführt. Für die Malereien im großen Gebetsraum lieferte Weinzettl eigene Entwürfe, für den Wintergebetsraum und das Vestibül erhielt Tomášek den Auftrag, „einfach und geschmackvoll, beides vergoldet“ auszumalen, hatte sonst freie Hand. Die Malereien wurden 1936 erneuert.
Der Altar mit massiven Leuchtern an den Seiten wurde bereits im Frühjahr 1904 von Václav Weinzettl entworfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der große Gebetsraum mit Zwischenwänden versehen und Teile der Ausstattung wurden entfernt. Der Ädiklua-Altar mit zwei Bänken wurde in die Synagoge in Rychnov nad Kněžnou überführt, angepasst und später auch restauriert. Er befindet sich bis heute dort.
Laut den damaligen Inventaren enthielt die Synagoge viele sehr wertvolle Ausrüstungsgegenstände, oft von bedeutenden jüdischen Personen gespendet. Neben Möbeln gab es viele liturgische Textilien (Sitzpolster, liturgische Kissen) und Gegenstände aus Edelmetall – Kelche, Kerzenhalter, Glocken usw. Im Jahr 1935 spendete das Ehepaar Ottolie und Leo Tausig neun Gebetbücher mit dem ausdrücklichen Wunsch, sie mit dem Stempel der Union der tschechischen Juden zu versehen. Im selben Jahr spendeten sie anlässlich der Hochzeit ihres Sohnes Jaroslav einen Becher. Leo Tausig wies den Rabbiner später darauf hin, dass der teure Becher nur zu den feierlichsten Anlässen verwendet werden dürfe.
Zwischen 1905 und 1939 kam es zu kleineren Renovierungsarbeiten und Modernisierungen, z. B. die Erschließung mit elektrischem Strom und einer elektrischen Heizung. Die Orgel wurde regelmäßig von der Firma Jan Tučkas gewartet.
Kateřina Slabá erwähnt in ihrer Bachelorarbeit über die Synagoge von Hradec Králové die Pläne, das Gebäude abzureißen, nachdem die deutsche Leitung im Jahr 1939 die Verwaltung übernommen hatte. Jedoch diente die Synagoge während des Zweiten Weltkriegs als Lager für konfisziertes jüdisches Eigentum. Während man nach dem Krieg versuchte, die jüdische Gemeinde von Hradec Králové zu erneuern, wurde sie erneut für einen kurzen Zeitraum zu Gottesdiensten genutzt, jedoch löste sich die sehr kleine erneuerte jüdische Gemeinde nach 1950 auf. Im Jahr 1968 kaufte die Staatliche Bibliothek der Wissenschaften die Synagoge und baute sie um. Die Bibliothek nahm 1971 ihren Betrieb in dem Gebäude auf. Der große Gebetsraum wurde in mehrere Etagen unterteilt, die anderen Räumlichkeiten wurden zu Archiven oder Büros umgebaut. 1998 wurde der Dachstuhl des Gebäudes generalsaniert und eine neue Spitze mit Davidstern auf der Kuppel angebracht. 2006 wurde die Fassade renoviert, ihre ursprünglichen ornamentalen Details sind jedoch nur ansatzweise auszumachen. Einige dekorative Elemente, die im Jahr 1971 der einheitlichen Farbe der Fassade angepasst wurden, hat man bei dieser Renovierung allerdings wieder hervorgehoben.
LZL
Die Synagoge ist unter der Nummer ÚSKP 15658/6-4541 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen und befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Archiv Židovského muzea v Praze, fond č. 42, Židovská náboženská obec v Hradci Králové, složka č. 137, Synagoga
- Kateřina Slabá, Židovská synagoga v Hradci Králové, bakalářská diplomová práce (Bc.), Filozofická fakulta Masarykovy univerzity, Brno 2011
- Petr Gláser, Dílo architekta Václava Weinzettla (1862–1930) v kontextu doby, diplomová práce (Mgr.), Filozofická fakulta Univerzity J. E. Purkyně, Ústí nad Labem, 2012
-
Osvěta lidu, 1905, roč. 10, 7. 10. 1905, s. 6
-
Ratibor, 1905, roč. 12, č. 39, 30. 9. 1905, s. 658 (644)
-
Petr Gláser, Václav Weinzettl, architekt vojenských pomníků (1862–1930), Historie a vojenství, 2002, roč. 51, č. 4, s. 935–955
-
Petr Gláser, Vojenské pomníky a památníky architekta Václava Weinzettla. Přehled díla, Historie a vojenství, 2003, roč. 52, č. 1, s. 184–205
-
Arno Pařík, Symboly emancipace: synagogy 19. století v českých zemích, Praha 2013, s. 89
-
Ladislav Zikmund-Lender, Lukáš Nozar, Památky a paměť Židovské obce v Hradci Králové, Hradec Králové 2013, s. 11–20
-
Ladislav Zikmund-Lender, Struktura města v zeleni: Moderní architektura v Hradci Králové, Hradec Králové 2017, s. 32–43