Das tschechische Geldinstitut Záložní úvěrní ústav (dt. Reservekreditanstalt) war ab dem Jahr 1868 in der Stadt vertreten und hatte drei bis vier Beamte. Deren Anzahl wuchs jedoch kurz vor der Errichtung des neuen Gebäudes auf ein vierfaches. Aus der ländlichen Bank wurde ein Geldinstitut, das eine große Anzahl Beamter beschäftigte, die sich mit einer ständig wachsenden Agenda befassten. Der Vorschlag, ein Palais zu errichten, kam vom Všeobecný penzijní ústav (dt. Allgemeines Geldinstitut) im Jahr 1910.
Der erste architektonische Entwurf für die Stelle, wo zuvor die abgerissenen Caivas-Häuser gestanden hatten, stieß sowohl bei der fachlichen Öffentlichkeit als auch bei der Bevölkerung auf großen Wiederhall. Die Architekten hatten den Auftrag, für den Wettbewerb ein Bankpalais samt Zinshaus im hinteren Trakt und Geschäften im Erdgeschoss zu entwerfen. Aus den 13 Einreichungen gewann das im Stil des Historismus gestaltete Projekt des Pilsner Architekten Viktorín Šulc. In der Jury war unter anderem der Architekt Kamil Hilbert. Den zweiten Platz bekam der Entwurf der Architekten Oldřich Liska und Vladimír Fultner aus Hradec Králové. Die sich rasch entwickelnde Reservekreditanstalt kaufte das Grundstück schließlich im Jahr 1910 vom Allgemeinen Geldinstitut und verfolgte weiter den Gedanken, ein Palais mit Wohnhaus im hinteren Trakt zu errichten. Der neue Investor lehnte jedoch den Entwurf des vorausgehenden Wettbewerbs ab und schrieb einen beschränkten Wettbewerb aus. Die Architekten Osvald Polívka, Oldřich Liska und Josef Novotný sowie später auch Jan Kotěra wurden zur Teilnahme aufgefordert. Realisiert wurde das Bauwerk nach Plänen von Osvald Polívka in den Jahren 1910–1912. Jan Kotěra, hier nicht erfolgreich, erkannte: „Ulrichs Einfluss auf dem lokalen, privaten Sektor ist nicht unbegrenzt, und zum ersten Mal erlebte er den bitteren Nachgeschmack des Misserfolgs.“
Mit dem Abriss der Caivas-Häuser beauftragte das Stadtamt den ortsansässigen Baumeister Josef Novotný im Jahr 1910. Im April 1911 genehmigte der Stadtrat das dreigeschossige Objekt. Die Baugenehmigung für den Neubau wurde am 10. November 1910 erteilt. Der Bau wurde von der Prager Baugesellschaft Václav Nekvasil ausgeführt, die bereits Otakar Nekvasil, der Sohn des Gründers, leitete. Geplant war die Fertigstellung des Rohbaus binnen zwei Monaten, den man dann über den Winter unverputzt stehen lassen wollte. Die Beamten bezogen das neue Palais bereits am 30. September 1912. Die Vorderseite der Fassade wurde von der Firma Klumpar aus Hradec Králové ausgeführt. Das gesamte Bauwerk wurde aus Ziegelstein sowie Trägerelementen, Decken und Säulen aus Stahlbeton angefertigt.
Osvald Polívka entwarf drei Stockwerke und ein Mezzanin im vorderen Teil des Hauses. An einer Seite brachte er sein Lieblingsmotiv an – eine prismatische, turmartige Ecke, die das markanteste Element der Vorderseite bildet. Der Architekt legte Wert auf Reduktion – lediglich Skulpturen, schmiedeeiserne Balkongeländer und Maskarone fungieren als Zierelemente. Die Frontseite gliedern senkrechte Streifen aus Stuck mit Kymation, die im ersten Stock durch Maskarone abgeschlossen werden. Vertikale Elemente und Asymmetrie dominieren die Vorderseite; durch die Reduktion wirkt sie insgesamt flächig – diese puristische Ausprägung des Jugendstils steht der kotěraschen Moderne nahe. Der Architekt wandte vom Organischen des Jugendstils ab, indem er die Fassade in einem für den Klassizismus typischen Farbkontrast gestaltete. Diese Realisierung weist noch weitere historisierende Elemente auf – im Einklang mit den eher konservativ ausgerichteten Kunden: eine Treppe im Stil Dientzenhofers und ein vom Barock inspirierte Anordnung der Plastiken am Eingang.
Ladislav Jan Šaloun, der bereits zuvor mit Polívka, nämlich in Prag, zusammengearbeitet hatte, war für die Verzierung der Frontseite mit zwei Bronzestatuen zuständig. Nach Hradec Králové wurden die Statuen aus dem Jahr 1908 schließlich Anfang Oktober 1912 gebracht. Die männliche Figur trägt altslawische Kleidung und repräsentiert die Kontabilität (Buchhaltung, Rechnungsführung); die weibliche Figur ist mit Früchten behangen und steht für Fruchtbarkeit. Die Allegorien werden traditionell als Geschäft und Ernte bezeichnet. František Fabiánek fertigte die Statuen der Atlanten an der Ecke des Turms an. Die zwei Atlanten mit Hunden aus dem Jahr 1912 repräsentieren Wachsamkeit, der dritte mit dem Bienenstock verkörpert die Sparsamkeit.
Die Räumlichkeiten an der Vorderseite des Gebäudes gehörten der Bank. Im Erdgeschoss, rund um den Eingangsbereich, befanden sich Wechselstuben, Kassen und die Abteilung für Sparbücher. „Von dort aus gelangt man auch zu den Safe-Depots, die von der Firma Wertheimer auf modernste Weise eingerichtet wurden.“ Im ersten Stock befanden sich die Direktion, ein Sitzungssaal des Verwaltungsrats, das Zimmer des amtierenden Mitglieds des Verwaltungsrates, die Korrespondenzabteilung und die Börsenabteilung sowie die Zentrale des Verkaufsbüros der Vereinigung der ostböhmischen Ziegeleien und die Abteilung für den Verkauf von Zement, Gips und Maschinenölen.
Im zweiten Stock lagen die Räumlichkeiten der Buchhaltung und Rechnungsführung sowie die Direktion einer Filiale der Diskontní společnost, einer Tochtergesellschaft der Bank. Im dritten Stock war die Kontrollabteilung für Wechseldiskont und betriebliche Informationen, die Dienststelle der Kontrolleure, eine Telefonzentrale und die Poststelle untergebracht. In den feuerbeständigen Räumlichkeiten unter dem Dach befand sich das Archiv. Neben dem Haupteingang gab es auch noch einen straßenseitig gelegenen Seiteneingang rechts. In den Obergeschossen befanden sich die Büros der Chefs und unterschiedlicher Abteilungen, um einen ruhigen Ablauf der Transaktionen zu ermöglichen. Das Gebäude verfügte auch über eine Vielzahl von Warteräumen und separater Ausgänge und ist dreistöckig unterkellert.
An der Frontseite des Hauses befinden sich Auslagen mit beinahe funktionalistischem Charakter. Die geometrisch geformten Schaufenster mit gläsernen abgerundeten Ecken verfügten über Markisen mit Werbeaufschriften. In den Geschäftsräumlichkeiten, die zum Platz hin ausgerichtet waren, hatten eine Buchhandlung und der Verlag Bohdan Melichar ihren Sitz, an der anderen Ecke befand sich das Modeunternehmen von Jaroslav Malíř. Seit 1913 war im Erdgeschoss des Hauses eine Ausstellung untergebracht, in der von lokalen Unternehmen hergestellte Maschinen zu sehen waren. Erster Aussteller war die Automobilfabrik KAN aus Hradec Králové.
An der Decke der Eingangshalle, im Lichthof und bei den Fenstern im Treppenhaus befinden sich Glasmalereien. Die Entwürfe hierfür stammen höchstwahrscheinlich von Osvald Polívka, der solche auch für andere, von ihm konzipierte Bauten entwarf. Am häufigsten finden wir Vogel-, Blumen- und Vasenmotive. Die hellen, farbigen Glasmalereien sind stilisiert und geometrisch. Die Originalexemplare der Leuchtkörper in der Halle, in den Wechselstuben und im ersten Stockwerk stellte der Betrieb von Franta Anýž her. Erhalten sind das schmiedeeiserne Balkongeländer, die Fenstergitter und Geländer. Am Geländer des großen Balkons im ersten Stock befindet sich die Aufschrift „Záložní úvěrní“ (dt. Reservekredit-) und auf dem Balkongesims „ústav“ (dt. Anstalt). Auch die dekorativen Elemente aus Stein sind erhalten geblieben – die Marmorverkleidung und das geometrische Mosaik, der Kamin aus Marmor und die Gedenktafel im Warteraum im ersten Stock. Hinsichtlich der ursprünglichen Ausstattung der Räumlichkeiten sind die Eingangshalle, das Arbeitszimmer des Direktors mit Dienstzimmer und der Warteraum im ersten Stock am besten erhalten.
Die nicht realisierten Projekte des Palais stießen – ebenso wie das realisierte Projekt von Polívka wegen des deutlich erhöhten Gesimses nicht nur bei den Eigentümern der umliegenden Häuser auf Protest, sondern auch bei Fachleuten wie Jan Kotěra, dem Arzt Otakar Klumpar oder dem Rechtsanwalt Emanuel Pippich. Auch der Klub Za starou Prahu (ein 1900 gegründeter Verein, der sich dem Denkmalschutz in Prag widmet) bat den Stadtrat, „einen schützenden Standpunkt hinsichtlich der Charakterisierung des gesamten Platzes einzunehmen“, der von zweistöckigen Bauwerken ohne Risalit und mit horizontaler Ausrichtung dominiert wird. Neue Gebäude, wie beispielsweise Špaleks Kaufhaus (an der gegenüberliegenden Ecke) „sind falsch komponiert in Bezug auf die Denkmäler“. Im Anzeiger des Klub Za starou Prahu erschien ein umfangreicher Artikel über Hradec Králové und die unpassend geplante Projektierung neuer Gebäude im historisch bebauten Teil der Stadt.
Jan Kotěra missbilligte das Projekt von Šulc, das den ersten Wettbewerb gewonnen hatte, und empfahl ein neues Projekt, das des Höhenunterschiedes zwischen den Häusern berücksichtigte. Kotěra reichte eine Skizze ein, die ihm die Kreditanstalt zurückschickte, denn „auf Anraten einiger Fachleute ließe sie sich nur schwer ausführen.“ Šulc äußerte sich zu Kotěras Entwurf, dass „eine innere Konzipierung des Gebäudes (…) nicht ermöglicht wurde.“ Kotěra entwarf lediglich ein oberes Stockwerk über dem Laubengang, womit der Höhenunterschied in den Hintergrund trat. Ein Verbot höherer Gebäude auf dem Stadtplatz würde aber das Bauvorhaben nicht aufhalten können und „im vorliegenden Fall wäre es richtiger, auch Bauwerke mit drei oder vier Geschossen zu genehmigen (…) allerdings muss ein abgestimmter Übergang gefunden werden.“ Kotěra interessierte sich von Anfang an für die Projektierung des Gebäudes. Er verfolgte das Geschehen auf der Baustelle des Hotel Grand und des Museums bei seinen häufigen Dienstreisen nach Hradec Králové. Aus seiner Korrespondenz mit dem Bürgermeister Ulrich geht hervor, dass er an näheren Informationen Interesse hatte; er bat ihn auch um Unterlagen. Kotěra erarbeitete im Jahr 1911 die Entwürfe und ein Gipsmodell des Bauwerks im Stil des Neoklassizismus, das sehr ernsthafte und zurückhaltende Formen aufweist. Durch einen Eingriff der Prager Zentrale der Kreditanstalt wurden Kotěras Bestrebungen zunichte gemacht. Es ist unklar, warum der angesehene Architekt den Auftrag nicht erhalten hatte und was den Kreisausschuss dazu bewegte, einen neuen Wettbewerb auszuschreiben, denn schließlich Osvald Polívka gewann. Möglicherweise geschah dies aufgrund von Polívkas Popularität in Prag, wo der Architekt auf unterschiedliche Weise eine Vielzahl an Aufträgen erhielt, oder weil er bereits zuvor zahlreiche Projekte für Geldinstitute realisiert hatte Kontakte zu politischen und finanziellen Eliten in Prag pflegte.
Hinsichtlich des Höhenunterschieds zu den umliegenden Gebäuden rief das nach Polívkas Entwürfen realisierte Bauwerk ähnliche Reaktionen hervor, wie zuvor auch das Projekt von Šulc. Der Schriftsteller Rudolf Medek bezeichnet den Stadtplatz als grausam verunstaltet, die Linie der Dächer neuer Bauwerke sei an drei Stellen „gewaltsam gebrochen und angehoben“ worden. Mit Polívka sei ein „Dekorateur mit nicht ausreichend gutem Geschmack“ nach Hradec Králové gekommen. Auffällige Ähnlichkeiten besitzt Polívkas Fassade mit dem benachbarten Kaufhaus Špalek (entworfen von Valdimír Fultner und Oldřich Liska in den Jahren 1910–1911). Das Gebäude erinnert auch an die Triester Filiale der tschechischen Živnostenská banka (Handelsbank), die ebenfalls von Polívka entworfen wurde, insbesondere in Bezug auf die Fassade und der Anbringung von Skulpturen des Bildhauers Ladislav Šaloun.
Die Handwerker aus der Stadt waren mit dem neuen Gebäude sehr zufrieden. In künstlerischen Kreise war Polívka allerdings nicht sehr beliebt, und seine Realisierung in Hradec Králové stieß auf Kritik: „Bei einem Fachmann mit jener Bedeutung und Gewandtheit überrascht letztendlich auch der Verlust des Sinns für das Maß – und zwar sowohl allgemein als auch im Detail – insbesondere dort, wo es darum geht, den neuen Bedürfnissen unserer Zeit nachzukommen.“
In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Trageelemente aus Marmor und Holz entfernt, um den Raum zu öffnen. Mehrere Jahre hatte das Nationalunternehmen ZZN (Zemědělské zásobování a nákup) hier ihren Sitz, außerdem waren hier auch die Vereinigung der Baumwollindustrie-Unternehmen und die ČSAD, die staatliche Kraftverkehrsgesellschaft in der einstigen Tschechoslowakei, untergebracht. Nach dem Jahr 1987 wurde das Gebäude für das Museum der Arbeiterbewegung (Muzeum dělnického hnutí) renoviert, dass hier etwas länger als ein Jahr seinen Sitz hatte.
Seit Januar 1990 befindet sich die Galerie für moderne Kunst (Galerie moderního umění) in dem Haus. In den Jahren 2014–2016 wurde das Gebäude umfangreich renoviert, hierbei kam es zur Entfernung der zuvor unternommenen baulichen Veränderungen sowie zur Restaurierung von Kunstwerken und dekorativen Elementen in den Interieurs (Möbel, Beschläge, Beleuchtungskörper). Die kostbaren Papiertapeten wurden ebenfalls restauriert. Um die Expositionsmöglichkeiten im dritten Stock zu erweitern, wurde spürbar in das originale Interieur eingegriffen. Durch die Beseitigung von Zwischenwänden und die Verbindung der früheren Büroräume mit dem Gang rund um den Lichtschacht oberhalb der Eingangshalle entstand ein offener Raum. Oberhalb des Eingangs im Lichtschacht wurde eine kunstvoll gestaltete Belüftungsanlage auf unpassende Weise angebracht.
ZH
Seit 1981 unter der Registernummer ÚSKP 37396/6-452 als Kulturdenkmal eingetragen, befindet sich in der Denkmalschutzzone der Stadt (MPR).
- Státní okresní archív v Hradci Králové, fond Archiv města, inv. č. 1748, karton č.333
- Archiv muzea východních Čech v Hradci Králové, fond: literární archiv – korespondence Jan Kotěra – František Ulrich, inv. č. 4803, 4804
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Pavel Janák, Reprezentační dům, Styl, 1908–1909, I, s. 116–117
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[J.Š.K.], Věstník klubu za starou Prahu, 1910, roč. I, 26. 8. 1910, s. 57–58 (článek také v Ratiboru, 1910, roč. XXVII, č. 38, 17. 9., s. 6)
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Architektonický obzor, 1912, roč. XI, tabulky s vyobrazením č. 24-28
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Sochy na budově Záložního úvěrního ústavu, Ratibor, 1912, roč. XXIX, č. 18, 27. 4. 1912, s .2
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Sochy na budově Záložního úvěrního ústavu, Ratibor, 1912, roč. XXIX, č. 25, 15. 6. 1912, s. 6
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Záložní úvěrní ústav v Hradci Králové v nové bankovní budově, Ratibor, 1912, XXIX, č. 41, 5. 10. 1912, s. 3–4
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Sochy Šalounovy v Záložním úvěrním ústavu, Ratibor, 1912, roč. XXIX, č. 42, 12. 10. 1912, s. 4
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Nová bankovní budova Záložního úvěrního ústavu, Ratibor, 1912, roč. XXIX, č. 42, 12. 10. 1912, s. 4
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Zdeněk Wirth, Osvald Polívka, Umění, 1931, IV, s. 334–335
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Rudolf Medek, Poznámky o Hradci kulturním, Hradec Králové 1940, s. 7
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Zdeněk Lukeš; Rudolf Pošva, Neznámý Osvald Polívka, Staletá Praha, 1986, XVIII, s. 203
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Rudolf Pošva, Plastika a mozaika v průčelích Osvalda Polívky, Umění, 1987, s. 449–459
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Zdeněk Lukeš; Petr Wittlich (eds.), Důvěrný prostor, nová dálka, Praha 1997, s. 210
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Kol. aut., Dějiny českého výtvarného umění 1890–1938, díl IV/ 1, Praha 1998, s. 134
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Jindřich Vybíral, Výrobce pražské architektury, Dějiny a současnost, 2005, roč. 27, č. 2, s. 19–21
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Ladislav Zikmund-Lender, Jan Kotěra v Hradci, Hradec Králové 2016, s. 64–70
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Ladislav Zikmund-Lender, Struktura města v zeleni: Moderní architektura 20. století v Hradci Králové, Hradec Králové 2017, s. 55