Die Fabrik zur Lederverarbeitung von Josef Seyfried wurde in den Jahren 1901–1902 gegründet. Die Baugeschichte des Objekts mit der Konskriptionsnr. 111 geht zurück bis ins Jahr 1901, als hier ein Mehrzweckgebäude für die Bedürfnisse der Lederfabrik errichtet wurde. Im Jahr 1905 errichtete Josef Seyfried vermutlich das erste Stockwerk. Die gegenwärtige Gestalt bekam das Objekt in den Jahren 1920–1921. Josef Seyfried sprach vermutlich das Prager Büro des Architekten Jindřich Freiwald, der mit dem Bauingenieur Jaroslav Böhm zusammenarbeitete, um eine neue, einheitliche Fassade und einen neuen Eingang zu entwerfen. Dieser Entwurf wurde 1924 in einer Jubiläumspublikation des Architekturbüros mit dem Titel Naše stavby (dt. „Unsere Bauten“) errichtet. Kurz darauf entschied sich Seyfried, noch ein zweites Stockwerk zu errichten und Wohnungen in dem Gebäude unterzubringen. Die Fassade wurde vermutlich von Freiwald und Böhm entworfen, denn die ornamentalen Formen, insbesondere die Pfeiler, die die Fassade teilen und die Verzierung rund um die Fenster in Form von drapierten Lisenen ist zur Gänze deckungsgleich mit einem anderen Projekt von Freiwald und Böhm aus jener Zeit, realisiert in der nahegelegenen Stadt Pardubice (Havlíčkova, Konskriptionsnr. 1000). Teil der Aufstockung war auch ein Erker, der exakt dem ursprünglichen Entwurf des einstöckigen Hauses entsprach.
Das Projekt mit Aufstockung ist datiert mit 17. September 1921, alle Stockwerke waren als Wohnungen geplant. Der Grundriss des Erdgeschosses wurde unverändert aus dem Jahr 1901 übernommen, die Decken waren gewölbt (sog. tschechisches Platzl). Hier befand sich eine Dreizimmerwohnung mit Küche und Bad, ein separat zugänglichem Verwaltungsbereich, der offensichtlich als Pforte diente, da man sie über die Haupteinfahrt des Fabrikgeländes erreichte. Die Einfahrt existiert heute nicht mehr, sie lag an der Westseite des Hauses mit der Nr. 111.
Im ersten Stock befand sich eine großzügige Wohnung mit zwei Zimmern, Esszimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad. Die Zimmer beider Wohnungen waren untereinander verbunden. Der Grundriss der Wohnung im oberen Stockwerk was etwas anders: Durch das Vorzimmer gelangte man in einen Verbindungsgang, der sich über die gesamte Länge des Gebäudes erstreckte. Von dort aus erreichte man Bad, Toilette, Dienstmädchenzimmer (hofseitig gelegen) sowie Schlaf-, Ess- und Gästezimmer (straßenseitig gelegen). Die Küche lag westseitig; direkt neben dem Eingang befand sich eine Speisekammer. Der Antrag auf Bauabnahme stammt vom 10. März 1922.
Nach dem Tod von Josef Seyfried im Jahr 1924 wurde die Fabrik von der Gesellschaft Kožní družstvo řezníků a uzenářů severovýchodních Čech s. r. o. erworben, die sie weitervermietete: Die Lederfabrik L. Beckmann a spol., für die auch Seyfrieds Sohn tätig war, zog von Předměřice nad Laben nach Kukleny. Das Objekt mit der Konskriptionsnummer 111 ist bis heute in seiner ursprünglichen Form aus den frühen 1920ern erhalten. Zusammen mit dem Torso der Fabrikgebäude ist dieses Haus eins der wenigen erhaltenen Denkmäler für die ehemalige Lederindustrie in Kukleny und ihre Baukultur.
LZL
Kein Denkmalschutz verzeichnet.
- Státní okresní archiv v Hradci Králové, fond Berní správa, dokumentace k čp. 111
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Vladislava Valchářová (ed.), Industriální topografie / Královéhradecký kraj, Praha 2012, s. 33–34
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Ladislav Zikmund-Lender, Génius průměrnosti: Architekt Jindřich Freiwald na Královéhradecku, in: Monumenta vivent: Sborník Národního památkového ústavu, územního odborného pracoviště v Josefově, Josefov 2015, s. 108–117
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Ladislav Zikmund-Lender, Struktura města v zeleni: Moderní architektura v Hradci Králové, Hradec Králové 2017, s. 125