Der Architekt Oldřich Liska, der seit 1908 in Hradec Králové tätig war, lebte bis Anfang der 1920er Jahre in einer seiner früheren Realisierungen in der Albertova-Straße, die er zusammen mit dem Baumeister Josef Fňouk finanziert hatte. Ab 1921 sammelte Liska zahlreiche Erfahrungen, sodass er daraufhin sein eigenes Designstudio gründete. Während der Konjunktur in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg nutzte er die staatliche und städtische Unterstützung für den Bau (zinslose Kredite, Nachlass der Haussteuer). Für den Fabrikanten Josef Nevyhoštěný kaufte er einen Baugrund, das neben seiner Vorkriegsrealisierung ein unbebautes Grundstück darstellte, und legte im Herbst 1922 einen Plan für ein dreistöckiges Wohnhaus mit Dachgeschosswohnung vor. Seine Motivation war einerseits die Errichtung eines neuen repräsentativen Gebäudes für seine Familie sowie eines Ateliers, andererseits wollte er durch Vermietung und Verkauf der Wohnungen im Haus die Erhaltung des Objekts finanzieren.
Der Bau des Hauses erfolgte zwischen November 1922 und August 1923 durch die Firma Václav Nekvasil und Ing. Robert Schmidt. Im Vergleich zum ursprünglichen Plan finden wir gleich mehrere Änderungen. Die straßenseitige Fassade verfügte ursprünglich über ein dekoratives Parterre mit geschwungenen Motiven im nationalen Stil (eine Reaktion auf die damaligen Realisierungen des Architekten Josef Gočár), Bezug zur Klassik äußerte sich in der Verwendung von Balustraden über den Fenstern im ersten und zweiten Stock, dem Kranzgesims mit Konsolendekor und vier freistehenden Gauben. Unter dem Einfluss von Josef Gočár (Legiobank-Gebäude in Prag, 1921) beschloss Liska, das Projekt zu überarbeiten. Er ließ das Balustradenmotiv an der Fassade weg und teilte die Bögen und Kreise in die Zwischenfensterbereiche mit einer neuen Straßenfront. Ein neues dominierendes Motiv war der Zierreliefstreifen zwischen dem zweiten und dritten Stock (hier ist ein deutlicher Hinweis auf Gutfreunds Relief an der Fassade der Legiobank auszumachen). Die anderen vier Reliefs wurden dann zwischen den Gesimsen platziert, die den ersten und zweiten Stock teilen. Die Dekoration hier verweist auf das große Steckenpferds von Herrn und Frau Liska: das Laientheater. Die letzte Änderung, die er gegenüber dem ursprünglichen Plan vornahm, war die Zusammenlegung von vier Dachgauben für die Dachgeschosswohnung in nur zwei.
Wie üblich plante der Architekt im Untergeschoss zwei Geschäftsräumlichkeiten. Durch den Haupteingang, der in die oberen Stockwerke führte, waren sie voneinander getrennt. Liska entwarf den ersten Stock als Wohnung für seine Familie. Aus dem Treppenhaus erreichte man von der einen Seite die Ingenierbüros und die Räumlichkeiten von Liskas Atelier. Auf der anderen Seite, zum Hof gerichtet, waren die Küche und die Sanitäranlagen untergebracht. Straßenseitig befanden sich drei Zimmer. Das zweite und dritte Stockwerk wurde in vier identisch angelegte Zweizimmerwohnungen unterteilt, diese Einteilung wurde im Dachgeschoss in reduzierter Form wiederholt.
Der Architekt Liska und seine Familie lebten bis Ende des Jahres 1932 in dem Haus, als in der Střelecká-Straße seine Villa mit Atelier fertiggestellt wurde. Die Liskas besaßen das Wohnhaus in der Švehlova-Straße weiterhin, vermutlich verkauften sie es erst, als sie von Hradec Králové ins schlesische Opava im Jahr 1947 zogen. Das Objekt wird bis heute zu Wohnzwecken genutzt, auch die Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoss und die Büroräumlichkeiten im ersten Stock sind erhalten geblieben.
MB
Das Wohnhaus von Anna und Oldřich Liska befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní okresní archiv Hradec Králové, fond Berní správa Hradec Králové, Daň domovní Hradec Králové, inventární číslo 652, číslo popisné 633, karton 103
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Štěpán Bartoš; Zdeněk Lukeš; Pavel Panoch, Ve víru modernosti: architektura 20. století v Královéhradeckém kraji, Pardubice 2008, s. 76
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Pavel Panoch, Hradec Králové: průvodce po architektonických památkách od středověku do současnosti, Praha 2015, s. 154