Die Sparkasse Hradec Králové stellt ein einzigartiges Beispiel für bauliche und raumplanerische Entwicklung dar. Aus den über das Finanzinstitut gewonnenen Geldern finanzierte die Stadt Entwicklungsprojekte, Bauvorhaben, die Errichtung von Wohnungen und sonstigen Einrichtungen (Städtisches Bad), darüber hinaus stellte die Sparkasse Hradec Králové auch vorteilhafte Darlehen für die Errichtung öffentlicher Gebäude (z. B. die Sokol-Turnhalle) zur Verfügung. Die Sparkasse überlegte bereits Anfang der 1920er Jahre, das Objekt mit der Konskriptionsnr. 33 auf dem Platz Velké náměstí baulich zu erweitern. 1922 entwarf Oldřich Liska einen Umbau, der eine Re-Barockisierung der Fassade vorsah. 1927 wurde ein architektonischer Wettbewerb für die Renovierung und einen Anbau des Gebäudes ausgeschrieben, bei dem kein erster Preis vergeben wurde, allerdings wurde der Entwurf von František A. Libra mit dem zweiten Preis ausgezeichnet und auf dem dritten Platz befanden sich die zwei Projekte: jenes von Oldřich Liska und jenes der Rejchl-Brüder. Die Ergebnisse des Wettbewerbs wurden jedoch nicht realisiert.
Im Jahr 1931 begann die Realisierung eines Anbaus eines Atriums (im Mitteltrakt zwischen dem historischen, zum Platz gerichteten Objekt und dem hinteren Teil, der zur Ringstraße führt) und eines neuen Gebäudes zu Wohnzwecken im Hof des Nachbarhauses (Konskriptionsnr. 34, U Špuláků), das die neue Konskriptionsnummer 800 bekam. Autor dieses Projekt war der Architekt Jan Rejchl, der Mitte der 20er Jahre für die Sparkasse Entwürfe für die Regulierung des Stadtviertels Věkoše realisierte, im Zuge der Eingemeindung mehrerer umliegender Gemeinden. Rejchls Projekt für die Sparkasse umfasste auch die Vereinheitlichung der zur Ringstraße und zur klassizistischen Bono Publico Treppe gerichteten Südfassade sowie die Renovierung des Gartens, der an den hinteren Trakt der Sparkasse angrenzt.
Obwohl es sich um ein Bauvorhaben handelte, hatte das Projekt zwei Bauherren. Das Wohnhaus wurde offiziell von der Stadt errichtet, obwohl die Sparkasse alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellte. Im Souterrain des Objekts befanden sich fünf Kellerräume, ein gemeinsames Bad (für die zwei Wohnungen im Erdgeschoß) und eine großzügige, modern eingerichtete Waschküche mit Waschbottichen, Raum für eine automatische Waschmaschine, Bügel- und Trockenraum. Die Heizräume waren separat zugänglich. Dort befanden sich zwei Heizkessel, ein Kohlenlager und ein Hof. Im Erdgeschoss befanden sich zwei gleich große Wohnungen mit gefliestem Vorzimmer, über das man die Toilette sowie die Speisekammer erreichte, es folgte eine Küche mit Dielenboden und einer gefliesten Ecke, wo sich der Herd befand, und ein Schlafzimmer mit Buchenparkett. Die Wohnungen ersten Stock hätten ähnlich aussehen sollen – zwei Wohnungen ohne Badezimmer – doch nahm der Architekt eine Änderung vor; er fasste die beiden Wohneinheiten zusammen und es entstand eine Wohnung mit Badezimmer auf der Westseite. Im zweiten und dritten Stockwerk befanden sich je eine große Wohnung. In der Wohnung im zweiten Stock gab es ein Vorzimmer, eine Toilette, ein Dienstmädchenzimmer, eine Küche und ein großes Wohn- bzw. Esszimmer mit verschiebbarer Wand. Die Fläche des Wohn-Ess-Zimmers erstreckte sich über die Gesamtfläche der Wohnung im Erdgeschoss. Die Böden waren mit luxuriösem Parkett aus Eichenholz belegt. Die Wohnung im dritten Stock bestand aus Schlafzimmer, Kinderzimmer, Badezimmer und einer großzügigen Dachterrasse, die über die gesamte Breite des Gebäudes verlief. Als Eigentümer des Gebäudes entschied das städtische Ingenieursbüro über die Bewohner des Hauses. Die beiden kleineren Wohnungen im Erdgeschoss wurden nicht vermietet, die große Wohnung im ersten Stock bezog der Direktor Karel Kašpar und die größten Wohnungen im zweiten und dritten Stock mietete der Jurist Josef Kaňka.
Das Atrium der Sparkasse können wir uns mithilfe von alten Fotografien vorstellen. Jan Rejchl, der seine Erfahrungen mit der Projektierung von Sparkassen in seine Dissertation mit dem lapidaren Namen Spořitelny (dt. „Sparkassen“, 1934) zusammenfasste, die er an der Prager Technischen Universität verteidigte, entwarf das Atrium mit einer erhöhten Decke im Mittelteil, durch deren Fenster Tageslicht einfallen konnte. Rund um das rechteckige Atrium befanden sich die Schalter der Bank; eine viereckige Uhr beherrschte den Raum. Das Interieur charakterisierte sich durch dunkles Eichenholz, Messing und Chrom, oberhalb der Kassen befanden sich beleuchtete Milchglastafeln für Aufschriften. Beide Objekte – das Atrium im Hof (Konskriptionsnr. 33) sowie das Wohnhaus (Konskriptionsnr. 800) sind vermutlich die reifsten Realisierungen von Jan Rejchl, die der architektonischen Avantgarde nahestehen. Davon zeugen am ehesten die Wohnungen im zweiten und dritten Stockwerk, wo alle Attribute der aktuellsten Wohnarchitektur für vermögendes Klientel zu finden sind.
Durch den Anbau an das ursprüngliche Gebäude am Velké náměstí im Jahr 1932 wurd das Vorhaben, einen Neubau zu errichten, nicht beseitigt. Diesen Plan wollte die Sparkasse bis 1940 realisieren, unter Beteiligung vieler Architekten aus Hradec Králové und anderen Städten: neben Jan Rejchl und Oldřich Liska auch Josef Gočár, sein Schüler Karel Mahrla, Josef Fňouk, das Büro von Jindřich Freiwald und Jarsovla Böhm, Evžen Linhart, Václav F. Hofman, Josef Havlíček, Vladimíř Krch oder Vladimír Zákrejs. Aus den zahlreichen Entwürfe für unterschiedliche Parzellen wurde jedoch aus mehreren politischen, finanziellen sowie den Denkmalschutz betreffenden Gründen kein Neubau realisiert – es blieb bei Rejchls Anbau aus den Jahren 1931–32.
LZL
Der Anbau der Sparkasse befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní okresní archiv v Hradci Králové, fond Spořitelna Královéhradecká, inv. č. 132, č. kart. 14
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Vladimír Zákrejs, O novostavbu spořitelny královéhradecké, Hradec Králové 1938
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Jakub Potůček, Hradec Králové: Architektura a urbanismus 1895–2009, Hradec Králové 2010, s. 90
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Ladislav Zikmund-Lender, Tři generace architektů: Václav st., Václav ml., Jan a Milan Rejchlovi, Hradec Králové 2012, s. 88–89
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Ladislav Zikmund-Lender; Jiří Zikmund (ed.), Architektura Hradce Králové na fotografiích Josefa Sudka, Hradec Králové 2014, s. 84–85
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Ladislav Zikmund-Lender, Struktura města v zeleni: Moderní architektura v Hradci Králové, Hradec Králové 2017, s. 163 a 165