Im Jahr 1895 gründete sich der Verein für die Errichtung und Erhaltung der Handelsakademie in Hradec Králové, dessen Statuten unter anderem der damalige Bürgermeister František Ulrich ausarbeitete. Der Anlass zur Errichtung einer Höheren Handelsschule (ab dem Jahr 1903 Handelsakademie) kam von Jan Vávra, dem Direktor der Reservekreditanstalt (Záložní úvěrní ústav). Dieses Geldinstitut spendete schließlich auch einen Betrag von 10 000 Gulden. Die Gründung der Schule wurde 1894 initiiert; durch das Engagement von František Ulrich konnte die Schule im Jahr 1895 eröffnet werden. Es war somit die vierte Handelsschule in Böhmen, in der Tschechisch als Unterrichtssprache galt. Die Eröffnung des neuen Gebäudes fand am 15. September 1897 statt. Auch hier spielte der persönliche Geschmack des Bürgermeisters eine grundlegende Rolle: Im Jahr 1896 begann er, Gefallen an Otto Wagners Architektur der Wiener Schule zu finden, weshalb er dessen Schüler mit der Ausarbeitung eines Entwurfs beauftragte.
Die Entwürfe von Hubert Gessner und Otakar Bém stammen aus dem Jahr 1896. Die Architekten gewannen den Wettbewerb, bei dem insgesamt zwölf Entwürfe eingereicht wurden. Für ihr Projekt mit dem Titel Merkurstab erhielten sie fünfhundert Kronen. Den zweiten Platz, dotiert mit dreihundert Kronen, gewann der Architekt Kaur mit dem Projekt Sein Zweck. Alle zwölf Projekte wurden im Theater in Hradec Králové ausgestellt, damit sie auch durch die breite Öffentlichkeit bewertet werden konnten. Der Baumeister Čeněk Křička aus Kolín widmete sich anschließend bis ins Jahr 1897 der Errichtung des Gebäudes. Křička hatte sich zuvor gemeinsam mit den Architekten am Wettbewerb beteiligt (und einen Wettbewerb für ein neues Schulgebäude in der Prager Vorstadt von Hradec Králové gewonnen), darüber hinaus hatte er auch an der Ausschreibung für den Bau teilgenommen und schließlich den Auftrag erhalten, da er eine fünfprozentige Ermäßigung garantiert hatte. Die Aufsicht über den Bau oblag einer Kommission, der das Kuratorium der Schule und der leitende Bauingenieur der Stadt, Tomáš Suhrada, angehörten. In den Jahren 1922–1923 wurde ein Anbau errichtet, den die beiden Projektanten zusammen mit Oldřich Liska entworfen hatten. Die Aufsicht hatte wiederum Ingenieur Suhrada, Baumeister war K. Doškář.
Eine Vielzahl an Handwerkern wollten sich am Bau beteiligen, weshalb viele ihre Dienste vergünstigt anboten. Der Baumeister Křička kümmerte sich um die Maurer-, Taglöhner-, Bildhauer-, Installateurs-, Zimmermanns-, Steinmetz und Dachdeckerarbeiten. Mit den Tischlereiarbeiten wurde die Firma Ossendorf aus Vysoké Mýto beauftragt. Die Schlosserarbeiten wurden vom Schlosser Kulhánek aus Smiřice ausgeführt. Das Malerunternehmen Petrov übernahm die Mal- und Anstreicharbeiten, die Glaserei Kopp befasste sich mit den Glasarbeiten; beide Firmen waren aus Hradec Králové.
Der Bau des Gebäudes schritt rasch voran und Mitte September 1896 standen bereits das Erdgeschoss und die erste Etage. Der Verein für die Errichtung und Erhaltung der Handelsakademie veranstaltete am 22. März 1898 eine Generalversammlung, bei der Josef Komárek den Vorsitz hatte. Feierlich verkündete dieser die Fertigstellung des Schulgebäudes. Im Zuge dessen berichtete er auch über den Bau und die damit verbundenen finanziellen Ausgaben. In dem Bericht finden sich außerdem Informationen über die Bedachung des Objekts, die im November 1896 begonnen und im September 1897 fertiggestellt wurde. Im Oktober desselben Jahres begann schließlich der Unterricht. Die Ausgaben für den Bau wurden durch Kredite von Sparkassen, Kreditanstalten, Darlehenskassen und dem Schulverein gedeckt.
Am 19. September 1987 fand die „ruhige, aber würdevolle Einweihung des Gebäudes“ statt. Die Feier begann mit einer Messe in der Kapelle des Hl. Kliment, bei der alle Schüler und Lehrer teilnahmen. Nach der Messe ging ein geschlossener Zug zum neuen Schulgebäude, wo sich seltene Gäste anschlossen: Vertreter der Regierung, des Schulwesens, Direktoren und Professoren örtlicher Schulen sowie Vertreter von Geldinstituten. Nach dem Erklingen von „Hospodine pomiluj nás“, dem ältesten geistlichen Lied in tschechischer Sprache, begann man, das Gebäude zu segnen, wobei jedes Stockwerk einzeln geweiht wurde. Danach begaben sich alle in den großen Saal. Matyáš Musil, der Dekan der Stadt, Josef Komárek, Vorsitzender des Vereins für die Errichtung der Akademie, Bürgermeister Frantšiek Ulrich und der Direktor der Handelsakademie, Josef Jazourek, hielten dort jeweils eine Festrede. Der Bürgermeister Ulrich wandte sich in seiner Ansprache an die Pädagogen: „Erzieht sie uns in Disziplin und Moral, denn Genauigkeit und Redlichkeit sind bereits Voraussetzungen für das Gedeihen eines jeden Geschäfts, erzieht sie uns so, dass sie der Arbeit gegenüber unermüdlich sind und der Bequemlichkeit gegenüber widerstehen, denn diese bringt jedwede Anstrengung ins Grab; lehrt ihnen Witz, Scharfsinn, Besonnenheit und selbständiges Handeln bei; lehrt sie, das Vermögen zu ehren, und damit meine ich nicht Gold und verschwenderischer Wohlstand, sondern das Vermögen, sich so weit es geht zu opfern. Möge diese Anstalt eine Generation verlassen, die unser Heimatland schmückt und den nationalen Wohlstand verbessert.“
Das zweigeschossige, symmetrische Gebäude verfügt über eine Frontseite mit dreizehn Achsen und abgerundeten Ecken sowie eine reichhaltige Stuckverzierung. Die fünf Eingänge mit schmiedeeisernem Gitter (hergestellt in Schlosserschule von Hradec Králové) werden von jeweils zwei Sphinxen bewacht. Oberhalb der Fenster im letzten Stockwerk befinden sich die Aufschriften: OLIVA, PACIOLO, SKŘIVAN, SMITH, ŠIMÁČEK.
Die Skulpturenverzierung – zwei Sphinxen, die den Eingang bewachen und vier Allegorien des Handels, die sich auf dem Gesims befinden – gestaltete der akademische Bildhauer Jaroslav Maixner. Die Allegorie aus Sandstein zeigt zwei Männer und zwei Frauen mit der Erde auf den Schultern. Die Sphinx-Figuren wurden Ende September 1903 am Eingang angebracht und nach Maixners Modell durch den Bildhauereibetrieb Hátle & Wejs in Hořice ausgefertigt. Auf zwei Sandsteinplatten auf dem Dach befindet sich die Jahreszahl MCM. Im Eingangsbereich sind Marmorplatten mit den Namen der Gründungsmitglieder der Akademie und der Mitglieder des ersten Kuratoriums angebracht. In einer weiteren Tafel sind die Namen der Architekten, des Bildhauers und die Bauherren eingemeißelt.
Durch das Treppenhaus gelangt man in dem Mezzanin. Hinter dem Eingang befindet sich eine zweiläufige Treppe mit schmiedeeisernem Geländer. Von dort aus gelangt man in einen Gang, von dem aus dem Klassenzimmer und Kabinette, das Lehrerzimmer, die Bibliothek, die Säle mit Mikroskopen, das Chemie-Kabinett und der Chemiesaal erreicht werden konnten.
Das Gebäude wurde von Schülern Otto Wagners entworfen; die Handelsakademie war nicht nur der erste Jugendstilbau in Hradec Králové, sie war sogar der erste in ganz Tschechien. Der Kritiker Karel Herain bezeichnete das Projekt als erstes stilloses Gebäude in Hradec Králové. Welche Reaktionen das Bauwerk bei der Öffentlichkeit hervorrief, wissen wir leider nicht; jedoch ist sicher, dass seine moderne Architektur bei privaten Bauherren keinen Zuspruch fand. Die Realisierung des Neubaus „bedeutete eine markante Wende in der bestehenden architektonischen Orientierung seitens der Repräsentanten der Stadt. Die Gemeinde, als Schule für Bauwesen, verabschiedete sich von historisierender Architektur und wandte sich einer neuen, modernen Architektur zu.“
Der Bürgermeister František Ulrich meinte bei seiner feierlichen Ansprache während der Einweihung: „Ein würdevolles, passendes Bauwerk ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung der Schule. Wir verfügen über ein würdevolles Bauwerk, deshalb glauben wir daran, dass diese junge Einrichtung eine gute Zukunft mit sich bringt. Unsere Schule ist rege besucht, ohne dass dies den älteren Schwestereinrichtungen schaden würde, und sie freut sich auf den Zuspruch aller hier beschäftigen Funktionäre.
Nach der Ausstellung aller beim Wettbewerb eingereichten Entwürfe urteilt die lokale Presse: „Der mit dem ersten Preis ausgezeichnete Plan der Wiener Architekten Ot. Bém und Hub. Gessner sagte uns am meisten zu. Es handelt sich um ein äußerlich durch besten Eindruck wirkendes, elegantes Bauwerk, das ganz bestimmt zur Verschönerung unseres Ufers beitragen wird. Und auch seine praktische Lösung ist abgeschlossen; alle Räumlichkeiten sind angemessen groß, belüftet, gut ausgeleuchtet und passend situiert. Kleine Mängel, welche die Jury dem Projekt vorwirft, lassen sich leicht beseitigen. (…) Und nun bleibt nichts, als die Vorbereitungen zu treffen und mit dem Bau zu beginnen, denn es steht außer aller Zweifel, dass unsere Handelsschule, wenn sie prosperieren und das sein soll, was wir uns alle wünschen, ein eigenes Gebäude benötigt. Je rascher dies geschieht, umso besser.“
In den Jahren 1922–1923 renovierte Oldřich Liska das Gebäude und führte Umbauarbeiten im hinteren Trakt durch. Die Fassade und die Fenster wurden im Jahr 2017 erneuert. Heute hat Pädagogische Fakultät der Universität Hradec Králové ihren Sitz in dem Gebäude.
ZH
Kulturdenkmal seit 1981, registriert unter der Nummer 31888/6-4542, befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt.
- NPÚ, Územní odborné pracoviště v Pardubicích, evidenční karta č. 31888/6-4542
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Ladislava Mazáková, Secesní výtvarná kultura v Hradci Králové v letech 1895–1914, bakalářská práce, Univerzita Pardubice 2011, s. 55
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Petr Odehnal, Hubert Gessner a (nejen) Valašské Klobouky, Valašské Klobouky 2017
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Jakub Potůček, Hradec Králové: Architektura a urbanismus 1895–2009, Hradec Králové 2009, s. 19–20
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Stavba budovy pro vyšší obchodní školu v Hradci Králové, Ratibor, 1896, XIII, č. 17, s. 228
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Stavba vyšší obchodní školy v Hradci Králové, Ratibor, 1896, XIII, č. 29, s. 390
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Stavební ruch v Hradci Králové, Ratibor, 1896, XIII, č. 38, s. 526
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Třicet let obchodní akademie královéhradecké, Osvěta lidu, 1925, XXVIII, č. 52, 15. 8. 1925, s. 4
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Pavel Vlček (ed.), Encyklopedie architektů, stavitelů, zedníků a kameníků v Čechách, s. 196
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Vysvěcení nové budovy pro vyšší školu obchodní, Ratibor, 1897, XIV, č. 39, 25. 9. 1897, s. 543–544