Am damaligen Stadtrand von Hradec Králové entstand in den Jahren 1911–1912 eine beachtenswerte Jugendstil-Brücke, welche die Verkehrsverbindung zwischen den wachsenden Stadtteilen Plácky und Věkoše verbesserte. Ihr Autor war der für seine Wasserbauten berühmte František Sander. Dabei handelte es sich nicht um das einzige Projekt Sanders in der Stadt – bereits zuvor plante er das neue Wehr in der Nähe der Altstadt.
Seit Ende des 18. Jahrhunderts befand sich an der Stelle der heutigen Brücke, unweit der Kydlinovský-Mühle eine Holzbrücke, die den damaligen Ansprüchen nicht mehr genügte. Sie fiel schließlich den Regulierungsarbeiten an der Elbe zum Opfer, die im Jahr 1907 durchgeführt wurden. Die Begradigung des Flussbetts in der Region Hradec Králové kürzte den Strom um fast 5 km, also fast um ein Fünftel (von 22,2 auf 17,5 km). Im Rahmen dieses Projekts wurden um 1910 eine alte Festungsbrücke und das Wehr „Hučavý jez“, beide direkt in Hradec, beseitigt – sie verursachten die größten Schäden beim Abfluss größerer Wassermengen. Zur selben Zeit entstand die Prager Brücke (Pražský most) und um 150 m weiter wurde das bereits erwähnte modernistische Wehr Sanders errichtet. 1914–1916 wurde dann noch ein bewegliches Wehr in Předměřice nad Laben errichtet. weitere Wehre bei Skalice und Plácky waren zwar geplant, wurden aber nicht realisiert.
František Sander bekam den Auftrag für eine neue Brücke. Sie hatte einen niedrigen Bogen auf zwei massiven Stützpfeilern und war aus Stahlbeton. Besonders beeindruckend ist die Dekoration im Jugendstil. Die breite Auffahrt auf die Brücke säumen feierliche Pylonen mit runden Kapitälen auf beiden Seiten und in der Form einer halben Säule finden wir dieses Motiv auch als Verzierung an den Stützpfeilern. Der Brückenbalken ist enger, die mit Granit gepflasterte Straße einspurig. An den Seitenwänden außen an der Brücke befinden sich runde und ovale Vertiefungen und darüber eine gewellte Mauer, mit Kugeln aus Sandstein besetzt. Alle Kugeln sind durch ein Stahlgeländer miteinander verbunden. Auch die Materialkombination hat dekorativen Effekt: neben Beton und Stein finden wir hier auch kleine Backsteinziegel, ein Verweis auf die Architekturtradition in Hradec Králové. Die Bauabnahme und Inbetriebnahme der Brücke fand im Frühling 1912 statt.
Die Eigenartigkeit von Sanders Arbeiten, die durch ihre Form und Gestaltung einen ungewöhnlichen Sinn für die Verbindung technischer Funktionen und einer Art „Wasserpoetik“ ausdrücken, können wir auch noch an einer anderen Stelle in Hradec Králové finden. In der Nähe des Städtischen Hallenbades steht eine zierliche Brücke aus dem Jahr 1914, über der Mündung des ehemaligen Piletický-Baches in die Elbe, dessen Flussbett nach Norden verlegt wurde.
MP
Die Straßenbrücke in Plácký ist unter der Nummer ÚSKP 46464/6-4333 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen.
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Jiří Malina, Hradec Králové: umělecké památky ve městě na soutoku Labe a Orlice, Ústí nad Orlicí 2003, s. 48
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Marie Benešová; František Toman; Jan Jakl, Salón republiky. Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000, s. 49
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Vladislava Valchářová (ed.), Industriální topografie / Královéhradecký kraj, Praha 2012, s. 36