Der jüdische Textilfabrikant Karel Fuchs ließ sich 1935 eine großzügige Villa errichten, die der in Prag tätige tschechisch-deutsche Architekt Kurt Spielmann plante. Spielmann hatte bereits zuvor in der Region um Hradec Králové Bauwerke für Textilunternehmer errichtet: für Antonín und Arnošt Mautner in Dvůr Králové und Třebechovice pod Orebem und für Paul Deutsche in Dvůr Králové.
Das Projekt des zweistöckigen, unterkellerten Hauses stammt vom 11. Februar 1935, die Baugenehmigung wurde am 25. Februar desselben Jahres erteilt, am 6. März wurden die Pläne genehmigt. Am 31. Dezember 1935 wurde nach einem neuen Plan des Bauherrn František Komárek eine Änderung des Grundrisses des Untergeschosses genehmigt, bei der eine Wohnung mit Zimmer, Küche, Toilette und Vorratsraum, Heizraum mit Kohlenlager, Waschküche mit Trockenraum, Werkzeuglager und zwei Kellerräumen untergebracht wurde. Was sich geändert hat, ist nicht offensichtlich, es handelte sich wahrscheinlich nur um eine Änderung des Grundrisses oder des Fundaments; die Raumauflistung wurde gegenüber dem ursprünglichen Plan nicht geändert. Der Grundriss des Hochparterre wurde großzügig in Bezug auf die Zusammensetzung der einzelnen Räume, deren Größe, Beleuchtung und Raumgestaltung konzipiert. Kurt Spielmann, der vor allem von der Wiener Moderne und der deutschen Avantgarde beeinflusst war, entwarf eine reich ausgestattete und sinnvoll komponierte repräsentative Etage, die ihrer Ausführung mit dem Stil von Adolf Loos vergleichbar ist. Es gab drei Eingänge in das Haus – einen Haupteingang, der über eine Treppe führte, einen an der Nordseite gelegenen Seiteneingang, der ins Kellergeschoß führte, und einen an der Südseite gelegenen Seiteneingang, der in den Wintergarten führte. Der Haupteingang führte in ein Vorzimmer mit Treppe in den ersten Stock und einem Eingang zum Wohnzimmer. Direkt neben dem Eingang ins Vorzimmer führte eine Tür zur Gästetoilette und eine weitere Tür zum Zimmer des Dienstmädchens. Es folgten eine Küche, ein Anrichteraum mit Einbaumöbeln und eine Speisekammer. Durch eine zweiflügelige Tür gelangte man aus dem Vorzimmer in ein um zwei Stufen niedriger gelegenes, großes Wohnzimmer. Von dort führte eine dreiteilige Glastür in den Wintergarten, der durch eine große Glasfläche mit dem Wohnzimmer verbunden war und links befand sich der Eingang zum Esszimmer. Eine weitere separate Treppe führte in den ersten Stock.
Der erste Stock war übersichtlich gegliedert durch ein großes Vorzimmer, in dem sich die beiden vom Erdgeschoss ausgehenden Treppen trafen. Der nördliche Teil der Etage gehörte den Hausherren: dort befanden sich das Schlafzimmer, ein Ankleideraum mit eingebautem Schrank, ein Badezimmer und ein weiteres Dienstmädchenzimmer. Das Badezimmer hatte zwei Waschbecken, eine Badewanne, ein Bidet und eine Dusche, damals eine große Neuheit der Badezimmerausstattung. Das Gästezimmer mit Balkon war straßenseitig gelegen, der südliche Teil gehörte den Kindern – dort befanden sich Kinderzimmer und ein separates Schlafzimmer. Auch die Kinder hatten eine eigene Terrasse; eine Terrasse war zum Garten ausgerichtet und sowohl vom Vorzimmer als auch vom Schlafzimmer der Eltern aus zugänglich. Die Villa hatte eine Wohn-Terrasse auf einem flachen Dach, das vom zweiten Stock aus zugänglich war. Dort befand sich ein kleiner Lagerraum, der als Korridor und Dachboden bezeichnet wurde.
Anders als die benachbarten älteren Häuser was dieses Gebäude war um 4,6 Meter von der Straße zurückversetzt. Die straßenseitig gelegene Fassade unterschied sich stark von der hinteren, zum Garten gerichteten. Während die Vorderseite des Hauses streng symmetrisch war und Eingangsteil samt Sockel aus unverputztem Zyklopenmauerwerk bestehen sollten – was schließlich vermutlich aus finanziellen Gründen nicht realisiert wurde, ist die hintere Fassade des Hauses asymmetrisch gestaltet und verfügte über zahlreiche große Fenster, um die Wohnräume und Schlafzimmer mit ausreichend Tageslicht zu versorgen.
Die zweistufige Gestaltung des Wohngeschosses sowie das Bestreben, die Wohnräume miteinander zu verbinden, sie aber dabei durch Schiebe- oder mehrflügelige Türen voneinander zu trennen, der Widerspruch zwischen dem monumentalen Konzept der Straßenfront und der funktionalistischen Zweckmäßigkeit der hinteren Fassade machen die Villa zu einem originellen Beispiel für luxuriöses, individuelles Wohnen. Der Wohnraum sollte den Eindruck von Großzügigkeit, Freiheit und Modernität erwecken, verfügte dabei aber auch über eine Reihe von Sitzmöbeln, schwere Teppiche, einen Kamin, Treppenpodeste, unterschiedlich hohe Böden mit verschiedene Funktionen und wenn eine kleinere Gruppe in geschlossener Gesellschaft zusammen war, entstand das Flair eines alten, aristokratischen Guts, geprägt von ritualisiertem und organisierten Leben.
Das Ehepaar Fuchs wurde im Holocaust ermordet. Nach dem Krieg wurde das Gebäude verstaatlicht. Bis in die 1990er Jahre hatte die lokale Redaktion des Tschechischen Rundfunks hier ihren Sitz.
LZL
Die Villa von Karel Fuchs und Malča Fuchsová befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní okresní archiv Hradec Králové, fond Berní správa, dokumentace k čp. 985
- Iris Meder, Offene Welten: Die Wiener Schule im Einfamilienhausbau 1910–1938, dizertační práce, Institut für Kunstgeschichte der Universität Stuttgart, 2003, s. 354–360
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M. E. [Max Eisler]. Kurt Spielmann, Prag / Wohnbauten. Moderne Bauformen, 1934, roč. 33, č. 3, s. 3 [březen], s. 142–152
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Ladislav Zikmund-Lender, Bemühen um die intime Raumform: Architekti Karl Dirnhuber, Kurt Spielmann a Heinrich Kulka na Královéhradecku, in Marcel Fišer (ed.), Mezery v historii / Lücken in der Geschichte: Umělecko-historické sympozium věnované tvorbě německých a německy hovořících výtvarníků a architektů na území Čech, Moravy a Slezska před rokem 1945, Cheb 2019, s. 41–61. Dostupné on-line z https://issuu.com/triodon/docs/sbornik_mezery_v_historii_2018_cz