Nach der Beseitigung der Festungsmauern veränderte sich die städtebauliche und architektonische Morphologie von Hradec Králové sehr stark. An den Rändern des ehemaligen Festungskatasters wurde eine Reihe großer öffentlicher Gebäude errichtet – die Schule für Kunstschlosserei (1892–1893), das Adalbertinum (1895–1897) und an der Orlice das Boromeum (1900–1902). Auch an der Ostseite, entlang der Pospíšilova-Straße, baute man ähnliche Gebäude. In der Altstadt selbst passierte um die Jahrhundertwende nicht viel Interessantes, dafür sorge im Jahr 1898 ein Bau an der Nordseite des Platzes Velké náměstí für umso mehr Erregung. Dort entstanden zwei benachbarte, historisch anmutende Häuser. Bemerkenswert ist, dass die dreistöckige Komposition einen deutlichen Bruch mit dem bestehenden Höhenniveau der Nordfront des Platzes deutlich machte.
Das Haus an der Ecke zur Špitálská-Straße, an der Stelle eines ehemaligen mittelalterlichen Amtes, wurde für die Firma Berger & Munk entworfen, die sich dem Verkauf von Schnittwaren widmete. Zu dieser Zeit gehörte es dem Großunternehmer Filip Berger (1856–1940), der über mehrere Grundstücke in Böhmen und Österreich verfügte – unter anderem besaß er ein Haus in der Mariahilferstraße in Wien oder ein großes Gut in den Alpen – den Ödhof. Er war auch langjähriges Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde in Hradec Králové. Bis 1905 waren ein Textilgeschäft und eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, für welche F. Berger tätig war, in dem Haus untergebracht. Bergers Geschäftsparter war Nathan Munk, der Bergers Schwester Anna heiratete.
Der Architekt Čeněk Křička (1858–1948) wurde mit dem Entwurf des neuen Firmensitzes beauftragt. Er ist Absolvent der Prager Technischen Universität bei Prof. Josef Schulz und studierte anschließend auch in Italien. Daher ist es keine Überraschung, dass seine Arbeit stark vom Stil der Neorenaissance geprägt wurde. Křička war auch ein kompetenter Politiker und Unternehmer; neben der Projektierung von Gebäuden widmete er sich auch dem Bauwesen und war bei diesem Haus in Hradec Králové selbst als Baumeister tätig. Ansonsten arbeitete er hauptsächlich in Kolín, wo er mehrere Realisierungen in historisierenden Stilrichtungen aufweisen kann –Křičkas Neorenaissance-Sparkasse aus dem Jahr 1895 könnte man als Referenzgebäude für den Textilunternehmer betrachten. Im gleichen Stil entwarf er eine Sparkasse in Kutná Hora (1894) und ein Schulgebäude im Stadtviertel Pražské Předměstí (1896).
Das Eckhaus der Firma Berger & Munk hat eine zum Platz Velké náměstí gerichtete, zweiachsige Vorderseite mit zwei Fenstern auf jeder Achse und respektiert den Charakter der Umgebung zumindest dadurch, dass mit zwei weiteren Bögen an den historischen Laubengang anschließt. In dieser Manier wurden auch die Schaufensterbögen auf der Seitenfassade konzipiert. Ein markantes Merkmal auf der Vorderseite sind zwei Balkone auf reichhaltigen Volutenkonsolen. Das Gebäude befindet sich auf einem langen, mittelalterlichen Grundriss und ist an beiden Fassaden deutlich tektonisch gegliedert, insbesondere durch breite Bossenwerk-Pilaster und ausgeprägtem Gesims. Die zur Špitálská-Straße gerichtete breitere Fassade hat ein siebenachsiges Zentrum und angedeutete Risalite an den Seiten. Der Risalit an der Ecke wird von einem hohen Fenstergiebel abgeschlossen. Die Fenster im 1. und 2. Stock des Hauses sind rechteckig, im 3. Stock über dem Gurtgesims sind sie an der Oberseite halbkreisförmig. An der Fassade finden Sie viele charakteristische Dekorationselemente wie Medaillons, Kartuschen oder Festons.
Das Haus der Firma Berger & Munk ist unter der Nummer ÚSKP 41379/6-4889 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen und befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.