Die Stadt Hradec Králové liegt am Zusammenfluss zweier Flüsse. In den 1920er Jahren gab es dort viele Schwimmbäder, die aber bei weitem nicht ausreichten. „Die Umkleideräume sind vollgestopft mit Kleidern beider Geschlechter, mit Kindern, Soldaten, man muss stundenlang warten, bis irgendwo ein Haken frei wird.“ Im Jahr 1926 startete eine lokale Zeitung den Aufruf, ein neues Bad zu errichten, denn die Stadt solle für die Gesundheit der Gesellschaft sorgen. „Es kann nicht sein, dass man in Hradec Králové keine Unternehmen findet, die im Interesse der Gesundheit und damit einhergehend der größeren Produktivität ihrer Mitarbeiter die Errichtung eines solchen Bades unterstützen.“
Die Idee, auf Kosten der Stadt ein Bad zu errichten, wurde durch Beschluss des Ausschusses vom 28. Oktober 1928 bei der Sparkasse in Hradec Králové festgelegt. Die Sparkasse wollte mit der Errichtung das zehnjährige Bestehen der Republik feiern. Mit diesen Plänen stieß man beim Schwimmerclub auf negatives Echo, insbesondere wegen der geplanten Errichtung einer Wellenmaschine, die dem sportlichen Geist völlig zuwiderläuft und zudem das Projekt teurer macht. „Ein Bad mit Wellenmaschine hat, wie auch Attraktionen, keinen praktischen Nutzen, außer den, für Abwechslung im Bad zu sorgen.“ Der Club kritisierte auch die Maße des Schwimmbeckens sowie die Raumaufteilung des Gebäudes. In der lokalen Presse kam es zu einer ausgiebigen Diskussion zwischen dem Schwimmerclub und der Sparkasse.
Im Ausland und durch Konsultationen mit Fachleuten sammelte der Architekt Oldřich Liska Erfahrungen, die er für den Bau nutzte. Mit der Funktionsweise einer Wellenmaschine machte er sich in Wien vertraut. Die Zwiste sollte die Baukommission für die Errichtung der Bäder des Amateur-Schwimmervereins in Prag lösen. Die Kommission arbeitete ein Urteil aus, das folgendermaßen lautete „im Grunde genommen ist das Projekt ungeeignet und wird nicht empfohlen. […] Das Schwimmbad selbst hat Maße, die sich weder für Schwimmer noch für Nichtschwimmer eignen. […] Die Fehler des Projekts stehen insbesondere in Zusammenhang mit einer nicht realisierbaren Idee – einer Wellenmaschine.“ Die Kommission empfahl, diese Einrichtung nicht zu installieren. Die Ruheräume und das Buffet wurden übermäßig groß entworfen. Die Kommission widerlegt auch die Behauptung des Architekten, dass im Ausland Bäder mit Wellenmaschine gut besucht sind, merkt aber an, dass das deshalb so sei, „weil während des Betriebs der Wellenmaschine das gemeinsame Schwimmen beider Geschlechter erlaubt ist, während der Besuch ansonsten geschlechtergetrennt stattfindet.“ Das ablehnende Urteil der Kommission und des Schwimmerclubs wurde von der Sparkasse ignoriert. Im hinteren Trakt des Schwimmbads entwarf der Architekt einen Sommergarten mit offenem Becken, wo er auch die Installation der Wellenmaschine plante. Im Jahr 1929 reduzierte er dieses umfangreiche Projekt jedoch. Wegen der Kritiken musste der Architekt ein zweites und später auch noch ein drittes Projekt ausarbeiten. Die Sparkasse begann erneut, den Betrieb der Schwimmbäder zu untersuchen und stellte Richtlinien, die im März 1930 von zwei Baumeistern aus Hradec Králové, Jihlavec und Nápravník, sowie dem oberen Baurat Friedrich ausgearbeitet wurden. Doch der Ausschuss der Sparkasse nahm keine Rücksicht auf die Meinung der Experten, und obwohl er nicht dazu aufgefordert wurde, arbeitete Liska einen finalen Entwurf sowie einen Kostenvoranschlag aus. Dennoch erhielt er von der Sparkasse ein Honorar für das nicht in Auftrag gegebene Projekt. Einer der Experten, der Baumeister Jihlavec, legte seine Funktion zurück und lehnte es ab, die Verantwortung in Bezug auf das weitere Vorgehen zu übernehmen.
Der finale Entwurf, nach welchem am 30. 9. 1931 mit dem Bau begonnen werden sollte, unterschied sich grundlegend von den vorherigen. Damit der Architekt die Ausgaben für den Bau bezahlen konnte, musste er auf eine Reihe von Elementen verzichten (die Dachterrasse, den Glasturm, den verglasten vertikalen Streifen der Treffe), und das Gebäude wurde so vereinfacht, dass es seinen urbanen Charakter und die an die nautische Formsprache verweisenden Details verlor. Neben der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise war der Architekt der Hauptgrund für die Verzögerungen bei der Errichtung des Schwimmbads. Er wollte „in gutem Glauben ein bedeutendes Jubiläum der Gründung der Republik mit einer überwältigend konzipierten Architektur feiern, deren Baukosten mehr als zwei Millionen Kronen überstiegen“.
Die finalen Pläne reichte der Architekt Mitte Juni 1930 ein. Der Bau wurde im September 1931 in Auftrag gegeben, und zwar an die Baufirma von František und Václav Capoušek. Der Einbau des Schwimmbeckens erfolgte im Jahr 1932, die Fliesen wurden bis Februar 1933 verlegt. Die feierliche Eröffnung fand am 9. 4. 1933 statt.
Das Schwimmbecken wurde trotz Befürchtungen des Schwimmerclubs zu einer gut besuchten Sporteinrichtung und erfreute sich großer Beliebtheit, insbesondere während die Wellenmaschine in Betrieb war. Die Wellenmaschine diente nicht nur als Attraktion und Werbung, nach den damaligen Theorien hatte sie auch positive Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. Sie wurde im Jahr 1932 von der Firma Kolben und Daněk installiert.
Das Bauwerk verfügt über eine funktionalistische Formsprache mit feinen Anspielungen auf nautische Themen. Die Fassade mit dem Eingang basiert auf dem Kontrast horizontaler Linien bei den Bandfenstern und des vertikalen Streifens der Treppe, die zusammen mit den Terrassen im Erscheinungsbild einem großen Dampfer ähnelt. Die Aufschrift und die Wellen auf der Fassade waren rot und blau. Das Hochparterre des Seitenflügels wird von einer ausgedehnten Dachterrasse ergänzt. Das Bauwerk mit zweistöckiger Fassade verfügt über neunzehn Achsen, ursprünglich war es mit grauem Brisolit verputzt.
Das Gebäude besteht aus drei einander durchdringenden, rechteckigen Flügeln, die auf dem L-förmigen Grundriss errichtet wurden, und der 12 × 30 m große Pool wurde durch zehn Badewannen, Dampfbäder, Kohlensäurebäder, Sauerstoffbäder, Duschen, einen Ruheraum mit dreißig Betten, einen Friseursalon, ein Buffet und eine Sonnenterrasse ergänzt. Das Gebäude hatte auch eine Turnhalle.
Die Raumaufteilung der Innenräume beschrieb der Architekt selbst in der Zeitung Osvěta lidu. „Die Bäder verfügen über folgende Räume: einen 5 × 13 m großen Eingangsbereich; der mittlere Teil hat eine Dimension von 5 x 5 m führt in den ersten Stock. Vom Eingangsbereich aus gibt es eine Trennung zu allen Abteilungen, zum Friseur, zum Buffet, zum Aufbewahrungsraum der Badeanzüge und zu den Toiletten; in der Mitte gegenüber dem Haupteingang befindet sich die Kasse, mit Wäscheausgabe. Beim Eingangsbereich handelt es sich um einen großen gemeinsamen Wartesaal mit 15 Meter langen Bänken. Das städtische Schwimmbad in Hradec Králové ist das bisher größte in der Tschechoslowakischen Republik. Die Halle ist 39 Meter lang, 17 Meter breit und 6,75 Meter hoch und an den drei Seiten auf der Höhe des Stocks verfügt sie über eine Galerie für die Besucher.“
Die Wellenmaschine erzeugte fünf bis sechs Wellen mit einer Höhe von bis zu 60 cm an der Längsseite des Beckens. Zur Beleuchtung dienten vier Scheinwerfer mit drehbarem, farbigem Glas. In der überdachten Schwimmhalle waren Lichtzeichen und -nummern mit den Schwimmbahnen an den Wänden angebracht. An der Längsseite des Raums befanden sich große Glasfenster, die bei Schönwetter geöffnet wurden, so dass man in der frischen Luft schwimmen konnte. Die Wände der Halle waren bis zur Galerie hinauf mit grünem und weißem Glas besetzt. Bei einem Imbiss im Buffet konnte man es sich in einem von Marcel Breuer entworfenen Lehnsessel mit Stahlrohrkonstruktion (Modell S-32) gemütlich machen. Der Architekt beteiligte sich auch an den Entwürfen zur Buffeteinrichtung, den Bänken im Gebäude und weiteren Holzdetails, die anschließend von der Firma Augsut Preclík ausgeführt wurden, einer Fachtischlerei aus Kukleny.
Eine Fotografie des Bades erschien im Jahr 1935/36 in der italienischen Architekturzeitschrift Casabella aus Mailand, Seite an Seite mit vierundvierzig anderen Reproduktionen von Beispielen moderner tschechischer Architektur. Durch die Länge des Beckens gehörte das Bad zu den damals größten in Tschechien, und seine Ausstattung sowie die Wellenmaschine waren einzigartig. Die Modernität des Bads schätzen indirekt auch die Schöpfer des tschechischen Films Muži nestárnou (dt. Männer werden nicht alt), einer Komödie aus dem Jahr 1942, denn einige Szenen wurden in der Schwimmhalle bzw. dem dazugehörigen Buffet gedreht. Die damalige lokale Presse bezeichnete das Bad als „Märchen in Weiß“ oder als „Haus der Gesundheit“.
Oldřich Liska, der eigentlich eher durch seinen traditionellen, konservativen Stil bekannt wurde, „wandte sich [hier] einmalig nautischen, funktionalistischen Formen zu.“ Der Bau des Bads bildet also einen Wendepunkt im Schaffen des Architekten.
Kritische Äußerungen zu dem Bauwerk kamen vom Architekten Stanislav Semrád. Er warf Liska vor, ein überdimensioniertes Gebäude entworfen zu haben, das für die Bedürfnisse der Stadt viel zu groß sei. Auch die Wellenmaschine, die „nur in Großstädten“ angebracht sei, sowie die Verbindung von Innen- und Außenräumen rügte er. Liska selbst betrachtete den Haupteingang als „monumental und dabei von einem warmen, behaglichen Gefühl geprägt“ und die Innenräume voller „künstlerischer Werte, durch welche die moderne Architektur in Hradec Králové herausragend bereichert wurde.“
Das Schwimmbad dient immer noch seinem Zweck. Während der Renovierung in den Jahren 1993–1998 wurde es zu einem Aquapark umgebaut. Bei dieser Gelegenheit wurde im Jahr 1998 auch die einzigartige Wellenmaschine renoviert. Aus Gründen der Erweiterung des Raums für Attraktionen kam es zur Beseitigung von Trennwänden, zur Verlegung der Umkleideräume und des Buffets sowie zum Umbau des Souterrain.
ZH
Seit 1981 unter der Nummer ÚSKP 32692/6-561 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen, befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt.
- Matěj Bekera, Architekt Oldřich Liska a jeho působení v královéhradeckých projekčních kancelářích (diplomová práce), Univerzita Hradec Králové, 2017, s. 45
- Muzeum východních Čech, Hradec Králové, Pomocná dokumentace číslo 82/2007 (Liska)
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Městské lázně v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1926, roč. XXIX, č. 3, 9. 1. 1926, nestr.
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Stavba lázní v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1930, roč. XXXIII, č.1, 1. 1. 1930, s. 3
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Stavba lázní v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1930, roč. XXXIII, č. 5, 18. 1. 1930, s. 2–3
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Stavba lázní v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1930, roč. XXXIII, č. 24, 26. 3. 1930, s. 2
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Stavba městských lázní, Osvěta lidu, 1930, roč. XXXIII, č. 79, 15. 11. 1930, s. 3
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Oldřich Liska; František Tichý, Projekty a stavby arch. O. Liska Hradec Králové, Praha 1931
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Oldřich Smetana, „Bílá pohádka“ na břehu Labe, Osvěta lidu: příloha k otevření lázní XXXVI (29) 1933, s. 2–3
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Oldřich Liska, Městské lázně v Hradci Králové, Stavitel, 1933–1934, roč. XIV, s. 93–97
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Josef Kaňka; [K.] Mydlář, Hradec Králové. Přehled desetileté práce, 1924–1934, Hradec Králové 1934, s. 38
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Městské lázně, Osvěta lidu, 1934, roč. XXXVII, č. 32, 25. 4. 1934, s. 2
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Stanislav Semrád, Nové kryté lázně u nás, Architekt SIA, 1934, roč. XXXIII, s. 17–27
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Nápisy a vlnovka na budově městských lázní v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1936, roč. XXXIX, č. 36, 9. 5., s. 3
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Jakub Potůček, Oldřich Liska (životopisný medailon), Architekt, 2004, roč. 50 (10), s. 78–80
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Jakub Potůček, Hradec Králové: architektura a urbanismus 1895–2009, Hradec Králové 2009, s. 102, 103