Über die Notwendigkeit, ein neues, eigenständiges Gebäude für das Kreisgericht zu bauen, wurde bereits ab dem Jahr 1919 verhandelt. Auch die lokale Presse versuchte, auf die problematische Situation im alten Rathausgebäude auf dem Velké náměstí, in dem das Kreisgericht seit dem Jahr 1849 seinen Sitz hatte, aufmerksam zu machen: „Einige Büros befinden sich auf dunklen Gängen und wenn die Ämter wie erwartet Zuwachs haben, werden bald auch auf Toiletten, Dachböden und in Kellern Büros eingerichtet werden … Die Beamtenschaft ist erblindet, gesundheitlich ruiniert und aus Licht- und Luftmangel vorzeitig an Tuberkulose erkrankt …“ Ab dem Jahr 1919 begann die Justizverwaltung der Tschechoslowakischen Republik, sich ernsthaft mit der Errichtung eines Gerichtsgebäudes zu befassen; die Stadt Hradec Králové versprach, ein Grundstück sowie einen finanziellen Beitrag in der Höhe von einer Million Kronen zur Verfügung zu stellen. Der größte Verdienst hinsichtlich der Durchsetzung und der darauffolgenden Realisierung des Baus ist dem damaligen Justizminister Dr. Alfréd Meissner zuzuschreiben. Nachdem das staatliche Budget für Investitionen zu knapp war, machte dieser folgenden Lösungsvorschlag: die Gemeinde nimmt einen Baukredit auf (und bezahlt Zinsen), und der Staat verpflichtet sich, die Bauausgaben bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Baus zu bezahlen. Das fünfseitige Grundstück für den Bau des Gerichtsgebäudes und einer Strafanstalt entstand durch die Abtragung der letzten Überreste der Stadtmauern in den Jahren 1929–1930. Im März 1933 übergab die Stadt das Grundstück der Justizverwaltung, im April wurde ein Vertrag mit der staatlichen Verwaltung ausgehandelt und man beauftragte die Stadt mit dem Bau, außerdem wurden Vergütungszahlungen ausgehandelt. Václav Rejchl passte den Grundriss an den Kavalier der Befestigungsanlage an, wodurch symbolisch an die Vergangenheit der Stadt erinnert wird. Bereits im Jahr 1909 machte Rejchl in seinem Regulationsplan den Vorschlag, auf dem Grundstück ein öffentliches Gebäude zu errichten. In seinem Grundriss kopiert der Bau die Form des Kavaliers, wodurch es dem Projektanten möglich wurde, die straßenseitige Fassade zurückzusetzen und Abstand zur Straße zu gewinnen. Im Jahr 1931 beauftrage das Justizministerium vier Architekten mit der Ausarbeitung des Projekts. Im Juli 1931 erhielt Václav Rejchl jun. den Auftrag zur Ausarbeitung der Entwürfe, die der Architekt binnen vier Monaten ausarbeiten sollte, und die schließlich im Jahre 1932 fertiggestellt wurden. Der erste Vorsitzende des Kreisgerichts war Josef Wolf.
Im August 1933 wurden die Bauarbeiten durch den Baumeister Robert Schmidt begonnen; die Aufsicht über den Bau oblag dem Bauherrn Josef Fňouk. Ursprünglich plante man drei Jahre für die Errichtung. Das Gericht zog dann in der ersten Oktoberwoche des Jahres 1934 in das Gebäude ein. Die feierliche Eröffnung, bei der auch der Justizminister anwesend war, fand am 21.10.1934 statt; im Jahr 1935 wurden die Bauarbeiten fertiggestellt. Zur Bauabnahme kam es erst im Jahr 1936. Václav Rejch jun. war 1953–1954 als Gefangener in dem eigens von ihm errichteten Bau – man hatte ihn zuvor wegen bauunternehmerischer Tätigkeit verurteilt. In den 90er Jahren wurde der Architekt in memoriam gerichtlich rehabilitiert.
Die viergeschossige Vorderseite des Gebäudes hat eine Länge von 67 m; die Fassade ist mit einem Kunstputz versehen. An der Vorderseite ist das Erdgeschoss zur Gänze mit Sandstein bedeckt, der Eingang sowie der Sockel des Gebäudes ist mit Granitplatten und -quadern versehen. An das Hauptgebäude schließen die zweigeschossigen Häuser der Wächter an, und die Strafanstalt schließt das Gebäude zu einem Block ab. Eine hohe Mauer trennt das Gefängnis vom Hof des Gerichtsgebäudes. Die Fassade des Bauwerks wirkt einfach und „monumental, wie es die Bedeutung des Gebäudes erfordert“. Der hohe Granitsockel, die Mauerblenden und der mit Stein verkleidete und von Skulpturen gesäumte Eingang verstärken seine Monumentalität.
Drei bekannte Bildhauer wurden im April 1934 zur plastischen Gestaltung eines „Gerichtsmotivs“ aufgerufen: Josef Škoda aus Hradec Králové, ein Freund des Projektanten, Ladislav Beneš aus Častolovice und Prof. Josef Bílek aus Hořice. Der Projektant Rejchl sowie der Bauherr Fňouk nahmen sie in die engere Auswahl auf. Im März 1935 ging der Auftrag an den Bildhauer Bílek, der Projektant war jedoch nicht mit dessen Konzept einverstanden. Die Figur der Rechtswissenschaften wurde durch einen römischen Jüngling mit der Hand auf dem Herzen – der Geste für Wahrheit und Redlichkeit – dargestellt, die Figur der Gerechtigkeit als Frau mit Waage, die die Hand zum Schwur hebt. An beiden Seiten des Gebäudes befinden sich Staatswappen aus Granit sowie Fahnenmasten, auf der Frontseite die Aufschrift nach Entwürfen des Projektanten. Das Vestibül im Eingangsbereich verfügt über einen mit Travertin verkleideten Sockel, der aus der slowakischen Region Zips (Spiš) stammt. Die Steinmetzarbeiten wurden vom Unternehmen Václav Škoda durchgeführt.
Der fünfseitige Grundriss des Gebäudes bildet einen abgeschlossenen Block. Das Gebäude ist in zwei Bereiche unterteilt – das Gericht und die Strafanstalt. Niedrigere Seitenflügel schließen an den viergeschossigen Eingangstrakt an. Im Souterrain waren Archive, ein Depositorium und Betriebsräumlichkeiten untergebracht, im Erdgeschoss hatte das Bezirksgericht seinen Sitz, im 1. und 2. Stock das Kreisgericht, im 2. Stock auch die staatliche Vertretung. Im Eingangsbereich befinden sich Glasmalereien in den Türen, die immer noch erhalten sind, von hier aus gelangt man in die Räumlichkeiten, in denen sich Grundbücher und Urkunden befinden. Der Schwurgerichtssaal ist im Erdgeschoss, in der Achse des Hauptgangs. Im Gerichtsbereich gab es neben Büros, Verhandlungssälen und Besuchszimmern auch vier Dienstwohnungen. Im Bereich der Strafanstalt befinden sich im ersten Stock insgesamt 107 Gefängniszellen, ein Behandlungszimmer, ein Bad, Krankenzimmer, Werkstätten und eine Kapelle mit Sakristei. Die Strafanstalt hat den Grundriss eines gleichseitigen Dreiecks mit drei sich strahlenförmig öffnenden Flügeln. Bis zu 150 Gefangene konnten hier untergebracht werden, davon 90 Männer, 40 Frauen und 20 Minderjährige. Beheizt wurde das Gebäude durch eine Zentralheizung mit einem Boiler der Marke Škoda.
In der Eingangshalle und in den Stockwerken befinden sich noch die Originale der Flügeltüren aus Eichenholz mit Messingbeschlag. Im Jahr 1935 wurde hier eine Büste des ersten Staatspräsidenten der Tschechoslowakei, T. G. Masaryk, angebracht, die heute als verschollen gilt. Aus der Eingangshalle hat man Zutritt zu einem zweiläufigen Treppenhaus, das alle Stockwerke miteinander verbindet. Ein Teil der Möbel für die oberen Beamten des Kreisgerichts sowie die Stühle wurden vom Möbelunternehmen K. V. Skuherský aus Hradec Králové produziert. Die restlichen Möbel der Büroräumlichkeiten wurden von Häftlingen aus der Strafanstalt in Ilava angefertigt und in zwölf Waggons angeliefert. In den Büros findet man noch den originalen Parkettboden, der Boden in den Gängen wurde nicht erhalten. Die Beleuchtungskörper stammen ebenfalls aus Hradec Králové, nämlich von der Firma Jílek und Sohn; die Mehrheit von ihnen ging verloren, erhalten ist noch der große Kronleuchter im großen Verhandlungssaal (zuvor Schwurgerichtssaal). Dessen Ausstattung entwarf der Projektant Rejchl – massive Möbel aus Eichenholzfurnier, Ledersessel für den Richter und die Verteidiger. Der Saal war bis hoch hinauf mit Eichenholzfurnier in zwei Farbtönen verkleidet, wodurch sich Figuren ergaben (die Verkleidung wurde zugunsten einer besseren Akustik ersetzt). Die Galerie des Schwurgerichtssaals verfügte in der Mitte über einen kleinen Schrank mit einer Uhr und einem Relief des böhmischen Löwen, der vom Projektanten entworfen wurde.
Der Bürgermeister der Stadt, Josef Pilňáček, äußerte sich zu Rejchls Projekt folgendermaßen: es handle sich um „einen Neubau, der bis in die ferne Zukunft in mehrerer Hinsicht genügen wird“ und der „durch die äußerliche Monumentalität seinem Zweck und seiner Bestimmung gleichkommt.“ In der Publikation Přehled desetileté práce (dt. Übersicht über den zehnjährigen Arbeitsprozess) heißt es, dass das Gebäude „eines der größten und schönsten Gebäude der Stadt“ sei. Der Architekt verband den ganzen Bereich der Justizverwaltung einer Stadt in einem einzigen Gebäude. Die Strafanstalt folgte der Idee, den Häftlingen Arbeit zu geben. Die Strafanstalt war von der Aufsichtshalle ausgehend radial angeordnet. Rejchls Gliederung des Gebäudes in einen abgeschlossenen Block war keineswegs spezifisch, doch wurden hier die Bedingungen für den Strafvollzug humanisiert und auch hygienischen Ansprüche wurden berücksichtigt.
Das Gebäude dient bis heute seinem ursprünglichen Zweck. Das Bezirksgericht und die staatliche Vertretung, die hier ihren Sitz hatten, befinden sich heute in zwei separaten, selbständigen Gebäuden.
Im Jahr 2001 wurde ein Personenaufzug eingebaut und man hat den Bodenbelag und die Fensterbretter in den Gängen ausgetauscht. Im Jahr 2003 folgte die Rekonstruktion des Schwurgerichtssaals.
ZH
Nicht denkmalgeschützt, befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt.
- Státní okresní archiv v Hradci Králové, fond: archív města Hradec Králové, inv. č. 1758, karton č. 343, č. 344.
- Státní okresní archiv v Hradci Králové, fond: Václav Rejchl, neinventarizováno. Technická zpráva projektanta.
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O stavbu krajského soudu v Hradci Králové, Osvěta lidu, 1930, roč. XXXIII, č. 52, 19. 7. 1930, s. 3.
- Václav Rejchl, Historie novostavby krajského soudu, Osvěta lidu, 1934, S. 1-2
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Krajský soud v Hradci Králové do nové budovy, Osvěta lidu, 1934, roč. XXXVII, č. 70, příloha 20. 10. 1934, s. 1–5.
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Nová budova krajského soudu odevzdána svému účelu, Osvěta lidu, 1934, roč. XXXVII, č. 71, 24. 10. 1934, s. 2.
- Ladislav Zikmund-Lender, Tři generace architektů: Václav st., Václav ml., Jan a Milan Rejchlovi, Hradec Králové 2012
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Marie Benešová; František Toman; Jakl Jan, Salón republiky: Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000, s. 87.
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Jakub Potůček, Hradec Králové: Architektura a urbanismus 1895–2009, Hradec Králové 2009, s. 100.
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Ladislav Zikmund-Lender, Tři generace architektů: Václav st., Václav ml., Jan a Milan Rejchlovi, Hradec Králové 2012, s. 62–65.