Das Haus an der Adresse Třída Karla IV. 522 ist im gleichen Stil wie das Gewerbehaus (tsch. Živnostenský dům) am Masarykovo náměstí-Platz gestaltet und es wird Vladimír Fultner zugeschrieben. Der Name des Architekten erscheint jedoch nicht in den Plänen, und es gibt keine anderen Belege, die seine Urheberschaft bestätigen könnten. Viele Indizien beweisen jedoch, dass Fultner das Haus wirklich selbst entworfen hat. Der Bauherr war Antonín Hanuš, Fultners Onkel, der in eine Immobilie am Rande des neuen Entwicklungsgebiets in der Nähe des Stadtviertels Pražské Předměstí investierte. Das Projekt des zweigeschossigen Eckhauses mit einem typischen Kuppeldach wurde im Mai 1911 entworfen, im Juli vom Stadtrat genehmigt und im Juni des folgenden Jahres fertiggestellt. Der Baustil definiert das Projekt als Beispiel für die Architektur des Neobiedermeier, die sich vor allem in den dekorativen Teilen der Ebene und der einfach strukturierten Fassade widerspiegelt. Der Plan, welcher der Logik, der Klarheit und dem vertikalen Akzent des Entwurfs folgt, enthielt ursprünglich nur geometrische Formen, z. B. rautenförmige Streifen oder quadratische Spiralen. In der endgültigen Konstruktion wurden sie meistens durch zoomorphe Motive ersetzt, wie z. B. Muscheln, die gestapelt zu zusammengesetzten Fensterfaschen wurden, oder fantasievolle Fischköpfe mit menschlichen Merkmalen auf den Fensterbrettern im ersten Stock.
Das Wiederaufleben des Biedermeier wurde in den zeitgenössischen Tendenzen wiederbelebt und zunächst von Josef Hoffmann und Leopold Bauer in der Innenarchitektur angewendet. Fultners Fassadengestaltung des Hanuš-Hauses entsprach der Art und Weise, in der diese Tendenzen insbesondere in der Arbeit von Wunibald Deininger zum Ausdruck kamen. Deininger war ein Schüler Otto Wagners, und nachdem er seine Jugendstil-Phase überwunden hatte, akzeptierte er den Hoffmann‘schen Neoklassizismus. In seinen Entwürfen verwendete Deininger neoklassizistische Ausformungen wie vertikale Tektonik und kombinierte spätklassizistische dekorative Details und barockisierende Formen. Seine ersten Entwürfe in diesem Stil, ähnlich denen von Fultner, entstanden Anfang 1911 und umfassen das Haus von Rudolf Reisz (im Januar 1911 entworfen), das Haus von Vinzenz Heinz und Gustav Kulka (1911), das Wohnhaus mit Café von Ferdinand Aufricht (1911–1913) und das im März 1912 entworfene Hotel National mit schwerem Mansardendach. Deininger ging sogar noch weiter als Fultner, insbesondere was den dekorativen Reichtum der Fassaden der erwähnten Häuser betrifft. Er entwarf beispielsweise gerippte Lisenen und Pilaster und verwendete neue dekorative Formen wie Beeren, Zick-Zack-Linien, Spiralen, Körbe mit Früchten, oder Blumen und ornamentale Strukturen, die zumeist nach der Logik der Konstruktion in Streifen angeordnet waren.
MP
Nicht denkmalgeschützt.
-
Marcel Pencák, Hradecký architekt. Vladimír Fultner ve spleti české moderny, Brno 2013, s. 102
-
Marie Benešová – František Toman – Jan Jakl, Salón republiky. Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000, s. 62