Die Neigung Vladimír Fultners zum geometrischen Jugendstil führte in Hradec Králové zum Bau von zwei Familienhäusern in der Střelecká-Straße, die im Wohngebiet hinter dem Damm des ehemaligen Überschwemmungsbeckens errichtet wurden. In diesen Projekten verfeinerte Fultner den kreativen Stil von Kotěra geschickt, wobei er räumlich sinnvolle Kompositionen, geeignete Konstruktionslösungen und eine unterstützende dekorative Linie verwendete.
Fultner wurde zunächst von Václav Píša angesprochen, seit 1906 Direktor des Hauptsitzes der Reservekreditanstalt (tsch. Záložní úvěrní ústav), dem einflussreichsten Bankinstitut in Hradec Králové. Die Villa Píša wurde im Sommer 1909 von Fultner entworfen und vom lokalen Bauunternehmen Jindřich Labouťka errichtet, welches das Haus im Juli 1910 fertigstellte. Die Architektur der Villa basierte auf modernistischen Prinzipien, die sich insbesondere in der Anordnung und Gestaltung der geometrischen Formen äußern, aus denen sich das Haus zusammensetzt. Der zentrale Körper war ein robuster Treppenturm, der die vorherrschende Vertikalität der Komposition darstellt. Die Masse in der Hauptfassade gegenüber der Střelecká-Straße wurde durch das schwere Mansardendach über dem erhöhten Erdgeschoss ausbalanciert.
Bei seiner Suche nach der optimalen Lösung überlegte Fultner, wie er Kotěras Forderung nach einer angemessenen Gestaltung des Raums erfüllen könnte. Laut Kotěra sollte der Architekt geeignete strukturelle Mittel verwenden, um die daraus resultierende Form auf der Grundlage des beabsichtigten Zwecks des Gebäudes zu erstellen. Daher hat Fultner die Funktionen jedes Teils der Villa von Píša unter Berücksichtigung seiner räumlichen Bedingungen ermittelt. Die beste Lösung schien ein klar definierter Treppenturm mit separatem Eingang zu sein, der die rückwärtigen Nutzflächen vom Wohnbereich trennte. Im vorderen Teil befand sich eine Loggia, die auf die repräsentative Funktion der Räume hinweist, und die Dachform kopiert die Disposition des Dachgeschosses. Das präzise entworfene Objekt wurde anschließend mit zwei konkurrierenden, jedoch synchronisierten Ansätzen dekoriert. Zum einen verwendete der Architekt geometrische Muster des Jugendstils für Stuckaturen, in Fenster- und Türverkleidungen sowie auf den Innengeländern. Auf der anderen Seite schuf er eine Spannung zwischen dem rauen Putz, der vertikal im Erdgeschoss und horizontal am Turm angeordnet ist, und den glatt verputzten Oberflächen in der Fassadenstruktur. Der dekorative Kontrast beruht auch auf einem auffälligen Wechsel von Materialien und Farben. Neben dem Putz mit diversen Oberflächen verwendete der Architekt Ziegel in den Turmmasten, Holz und Kupfer in der Turmkuppel sowie umfangreiche Dachdeckungen.
Das ursprüngliche Erscheinungsbild der Villa ist leider nicht erhalten. Im Jahr 1919 bat der neue Besitzer Bruno Ehrenfest, der in der Lederindustrie tätig war, den Baumeister Josef Vyleťal, Pläne für den Umbau und die Erweiterung der Villa zu entwickeln. Die umfangreichen Änderungen betrafen vor allem die Hauptfassade, die ihr Erscheinungsbild radikal veränderte. Unter anderem wurde ein hoher Giebel geschaffen, der das Dach anhebt und die Höhe seines Firsts ausgleicht. Dieser Schritt stellt sich gegen Fultners fließenden Entwurf und seine stilistisch kompakte Formsprache.
MP
Kulturdenkmal.
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Marcel Pencák, Hradecký architekt. Vladimír Fultner ve spleti české moderny, Brno 2013, s. 80–88
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Jakub Potůček, Hradec Králové. Architektura a urbanismus 1895-2009, Hradec Králové 2009, s. 30–31
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Marie Benešová – František Toman – Jan Jakl, Salón republiky. Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000, s. 61–62