Das Eckgebäude mit Turm im Stil der Neorenaissance wurde für den Gymnasiallehrer Karel Wipler entworfen und handelt sich dabei um eine der ersten freistehenden Villen in Hradec Králové. Sie wurde auf dem Gebiet errichtet, das als eines der ersten durch den Abriss der Stadtmauern entstanden war. Der Bauunternehmer und Autodesigner Václav Rejchl kaufte viele Grundstücke, um mehrere Villen zu bauen und rentabel zu verkaufen. Karel Wiplers Haus war eine der drei Villen mit den Konskriptionsnummern 374, 376 und 377.
Ihr Grundriss entsprach dem Gebäudetyp, d. h. dem einer bürgerlichen Villa. Im Erdgeschoss mit Blick auf die Straße gab es große, miteinander verbundene Zimmer – ein Wohnzimmer, ein Arbeitszimmer und einen Speisesaal; in dem zum Garten gerichteten Teil befanden sich Gebrauchsräume wie die Küche, eine Speisekammer und ein Badezimmer. In der Mitte gab es einen Verbindungsgang. Das Äußere der Villa war mit interessanten Neorenaissance-Elementen ausgestattet: Sgraffito-Dekorationen, Treppengiebel und einem Turm mit meißelförmigem Dach. Die Dekorationen wurden von Václav Rejchl sen. entworfen, geübter Zeichner und Absolvent von Abendkursen für dekorative Architektur an der Kunstgewerbeschule in Třebechovice. Die Verzierungen der drei Villen in der Wohngegend Morušovka am Kai Orlické nábřeží und insbesondere der Villa Wipler basieren auf dem Kanon der sog. Tschechischen Renaissance, die vom Architekten Antonín Wiehl gefördert wurde. Während Wiplers Villa und die benachbarte Villa der Familie Bečička wahrscheinlich von der italienischen bzw. venezianischen Villenarchitektur inspiriert wurden, zeigen die von Rejchl entworfenen Dekorationen eine programmatische Verschiebung hin zu den lokalen Traditionen und die Förderung nationaler Emanzipationsideen. František Palacký, ein tschechischer Historiker, Politiker und einflussreichste Person der tschechischen Nationalbewegung, beschrieb die Inspiration durch italienische Architektur als „fremde Elemente, die die Physiognomie der Stadt untergraben würden“. Was Wiplers Villa angeht, so zeigt sich die Anstrengung, die nationalen Symbole darzustellen, in den dekorativen Kalkzweigen in den Streifen unter dem Kranzgesims, die mit der Sgraffito-Technik erstellt wurden, und in den moralisierenden Inschriften, die an die Volksliteratur erinnern: „Gott segne dieses Haus und alle die hier gehen ein und aus.“
LZL
Die Villa Wipler ist unter der Nummer ÚSKP 104745 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen und befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
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Marie Benešová; František Toman; Jan Jakl, Salón republiky: Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000, s. 39
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Petr Urlich (ed.), Slavné vily Královéhradeckého kraje, Praha 2007, s. 30–32
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Ladislav Zikmund-Lender, Tři generace architektů: Václav st., Václav ml., Jan a Milan Rejchlovi, Hradec Králové 2012, s. 22