Im Zusammenhang mit der Beseitigung der Stadtmauern und den baulichen Entwicklungen insbesondere am rechten Elbeufer in der Richtung des Stadtviertels Pražské Předměstí war die Verbindung der beiden Flussufer eines der wesentlichsten Elemente. Die hölzerne Brücke reichte nicht mehr aus und so entschied man sich im Jahr 1907 im Zusammenhang mit der Regulierung des Flussbetts der Elbe für den Bau einer neuen Brücke. Der Ingenieur Adolf Janoušek wurde mit dem Projekt beauftragt, er entwarf eine leichte Brücke aus Stahl, die der gegenwärtigen Brücke unter dem Letná-Hügel in Prag ähnelt und von František Mencl und Jan Koula 1907–1908 entworfen wurde. Die Wahl des Materials hatte geschäftliche Gründe. Der Bürgermeister František Ulrich hatte guten Kontakt zur Leitung der Firma Märka, Bromovský und Schulz, von der die Konstruktion auch realisiert wurde. Die Brücke sollte nicht nur eine physische, sondern auch eine symbolische Verbindung zwischen der Altstadt und dem neu entstehenden Stadtviertel sein. Und vermutlich war es gerade der Wunsch nach symbolischen Formen, der František Ulrich und den Stadtrat dazu brachte, die Brücke um Kioske und weitere dekorative Elemente zu erweitern. Kurz nach Fertigstellung der neuen Brücke durch Alois Janoušek kam vom technischen Büro der Stadt der Vorschlag, die symbolische Bedeutung der Brücke um urbane Bauten und Ergänzungen zu vervollständigen. Vermutlich orientierte man sich dabei am Aussehen der neuen Brücken in Prag. Kotěra und Ulrich sprachen sich ab und beschlossen bereits im Jahr 1909, die Brücke um vier Kioske und einige Beleuchtungsbögen zu erweitern. Der Entwurf entstand um ein Jahr später und wurde in den Jahren 1911–1912 realisiert. Die Kioske entwarf Kotěra nicht allein, er beauftragte seinen Studenten, den Architekten Ladislav Lauda, mit der Ausarbeitung des Entwurfs und der Aufsicht über die Realisierung. Dieser lernte bei Kotěra zunächst an der Schule für Kunstgewerbe (1908–1910) und dann an der Akademie der bildenden Künste (1910–1914). Dies belegt ein nicht datierter Brief Ladislav Laudas an Miloslav Oehm, den Sekretär des Museums, in dem er darauf hinweist, dass ein Entwurf für die Details der Gitter für die Kioske an der Brücke unter die Pläne geraten waren, die an das Museum geschickt wurden.
Der südliche Kiosk am rechten Ufer diente als öffentliche Toilette, der nördliche als Obst- und Blumenladen. Am linken Ufer sollte eine Wachstube im nördlichen Teil und ein Transformator im südlichen Teil untergebracht werden. Die Wachstube wurde von einem halbkreisförmigen Glasdach ergänzt, das sich über dem Fenster befindet. Kotěra wählte einen ovalen Grundriss für die Gebäude am rechten Ufer; sie werden von einem Glockendach abgeschlossen, am linken Ufer sind es Rotunden, die von einer niedrigen Blechkuppel und Zinnen abgeschlossen werden. Die Armleuchter waren ursprünglich in grauer Farbe mit roten Elementen gestrichen.
Die Kioske an der Brücke über dem Fluss formieren ein symbolisches Tor in die Altstadt. Sie sollten die Historizität und den Ruhm der Stadt darstellen. Die Kioske am linken Ufer haben einen runden Grundriss und werden von einer Attika mit mittelalterlichen Zinnen abgeschlossen. Die Kioske am damals noch unbebauten Flussufer ähneln in ihrer Form den kleinen Türmen mit ellipsenförmigem Grundriss und Glockendach, die man in der Festung von Hradec Králové zahlreich finden konnte.
Der Bau der Kioske war in der lokalen Presse scharfer Kritik ausgesetzt. Der erste Aspekt betraf die Tatsache, dass die Kiosks nach Beendigung der Arbeit lange leer standen –in nur einem Kiosk, der ursprünglich für den Verkauf von Obst und Blumen bestimmt war, brachte man Geschäftsleute unter. „Frau Šandová erbarmte sich schließlich und ging in einen Kiosk, wo es Sodawasser gab (was werden die dann im Winter machen, wenn nicht einmal im glühend heißen Sommer Sodawasser für eine Krone verkauft wird?)“, so ein entrüsteter Schreiber in der Zeitschrift Ratibor. Kritik erntete auch die symbolische Form der Bauten: „Wir hoffen, dass bald wieder einer dieser Kioske gebaut wird, Prof. Kotěra macht einen Entwurf, in dem die Verwendung von Gold und Diamanten vorgeschrieben wird, und das alles passiert deshalb, weil Hradec Králové zu einer prunkvollen Stadt wird. Eine Stadt, deren Gemeindehäuser im schlechtesten Zustand weit und breit sind […], kann sich so manch einen Spaß erlauben.“
LZL
Die Kioske an der Prager Brücke sind unter der Nummer ÚSKP 41909/6-4537 als denkmalgeschützte Immobilie eingetragen und befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Archiv architektury a stavitelství NTM, fond č. 21, Jan Kotěra, kiosky na nábř. Františka Josefa [chybná lokace], inv. č. 20070421/04
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Kiosky, Ratibor, 1912, roč. XXIX, č. 35, 24. 8. 1912, s. 5
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Ladislav Domečka, Labské mosty v Hradci Králové, Osvěta Lidu, 1933, roč. XXXVI., č. 48, 24. 6. 1933, příloha, s. 1
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Vladimír Šlapeta (ed.), Jan Kotěra: Zakladatel moderní české architektury, 1871–1923. Praha 2001, s. 31 a 346
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Jakub Potůček, Hradec Králové: Architektura a urbanismus 1895–2009, Hradec Králové 2009
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Ladislav Zikmund-Lender; Jiří Zikmund (eds.), Budova muzea v Hradci Králové: Jan Kotěra: 1909–1913, Hradec Králové 2013, s. 16–18
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Ladislav Zikmund-Lender, Jan Kotěra v Hradci, Hradec Králové 2016, s. 84–93