Fultner hatte hatte in Bezug auf das Projektieren außerordentliches Glück und fand gute Ausgangsbedingungen vor. Auf deren Basis konnte er sein Talent entwickeln und all seinen jugendlichen Mut und seine Energien zum Einsatz bringen. Er brachte seine Voraussetzungen und Pläne bei den Realisierungen zur Geltung – genau danach strebten auch viele seiner Mitschüler von der Technischen Universität. Fultners kurze professionelle Karriere begann in sehr jungem Alter, und er wurde dabei auf unübliche Weise unterstützt. Indirekt hatte auch der damalige Bürgermeister František Ulrich damit zu tun: Dieser wurde durch seinen Plan, aus der ehemaligen Festungsstadt ein modernes Stadtzentrum zu machen, berühmt. Neben dem Architekten Jan Kotěra beteiligten sich auch sehr viele junge Kreative an der Expansion der Stadt – seine Schüler und Mitarbeiter, allen voran Josef Gočár, oder Ohmanns Nachfolger Rudolf Němec und Bedřich Bendelmayer. Ulrichs öffentliche Aktion ermunterte auch private Bauherren, Aufträge an talentierte junge Architekten zu vergeben.
Fultner wurde eine der schwersten Aufgaben zuteil, als er hier im Jahr 1909 als Erster ein modernistisches Gebäude in einer historischen Umgebung etablierte. Sein Onkel, der berühmte Lederfabrikant Antonín Hanuš, hatte die Idee, die umliegenden historischen Häuser am damaligen Svatojanské náměstí zu stärken und sie zu einem Ganzen zu vereinen. Der repräsentative Neubau, der zum Velké náměstí führt, sollte das wachsende Ansehen der Industriellenfamilie repräsentieren. Es wurde schließlich ein neues Objekt errichtet, das sich an Stelle des Hauses mit der Konskriptionsnr. 170 und dem zusätzlich angekauften Haus mit der Nr. 171 befindet. Beide Häuser wurden abgerissen; das Eckhaus mit der Konskriptionsnr. 169 wurde umgebaut und um ein Stockwerk erhöht. Durch die Fassade wurden beide Teile zu einem überwältigenden Ganzen vereint, das typische Charakteristika der europäischen Moderne aufweist – zurückhaltende Gliederung von Material und Fläche, markant vertikal orientierte Komposition, eine sparsame, aber eindrucksvolle Verwendung von Verzierungen im späten Jugendstil, der Abschluss mit einem eleganten Gesims, das den Grundriss des Bauwerks respektiert. Auffällig sind auch die Verweise auf Kotěras Schaffen, beispielsweise in Form der dünnen Streifen aus Ziegelstein oder die zurückgesetzte Fensterlaibung.
Fultner vereinige mit diesem Gebäude auf symbolische Weise die alte Bebauung mit der Gruppe von Bauwerken, die der Architekt Kotěra geplant hatte (das Städtische Museum, das Haus der Kreisvertretung, das Grandhotel Urban) und die am Ufer der Elbe liegen, wo neuer Raum zur Bebauung durch die Beseitigung der Befestigungsanlage entstanden war. Der Architekt nahm Rücksicht auf ein harmonisches Verhältnis des Neubaus zur historischen Umgebung. Bei der Gestaltung des Hanuš-Hauses nahm er sich ein Vorbild an hochästhetischen Wiener Bauwerken, deren Besonderheiten er gekonnt und für tschechische Verhältnisse auch lehrreich umwandelte. In seiner Komposition finden wir auch eine Reihe gelungen interpretierter Impulse von Otto Wanger, dem Begründer der Wiener Moderne, inklusive der wahrhaften Auffassung von Architektur, der Verwendung einer angemessenen Formsprache und der „poetischen“ Vollendung des Bauwerks. Hinsichtlich der finalen Gestalt der Fassade des Hanuš-Hauses konnte sich Fultner letztendlich auch durch Unterstützung des Bürgermeisters Ulrich durchsetzen, trotz des anfänglichen Unwillens seitens der Beamten der Stadt.
MP
Kulturdenkmal.
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Marcel Pencák, Hradecký architekt. Vladimír Fultner ve spleti české moderny, Brno 2013, S. 63–77.
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Jakub Potůček, Hradec Králové. Architektura a urbanismus 1895-2009, Hradec Králové 2009, S. 30.
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Marie Benešová – František Toman – Jan Jakl, Salón republiky. Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000, S. 60–61.