Kurz nach der Fertigstellung des Objekts mit der Konskriptionsnummer 543 entschied sich Josef Jihlavec, der Eigentümer des Grundstücks und Teilhaber der Firma Společnost stavitelů s.r.o, der bereits bei dem oben genannten Gebäude als Baumeister tätig war, weitere bauliche Maßnahmen durchzuführen, mit der Absicht, dass diese beiden benachbarten Gebäude später eine Einheit bilden würden. Das Resultat fiel ganz anders aus, der Kontrast der beiden Häuser ist heute auf den ersten Blick zu erkennen. Das linke Haus mit der Konskriptionsnummer 556 zeichnet sich durch vertikale Tendenzen aus, das ältere Haus rechts (Konskriptionsnr. 543) charakterisieren horizontale Linien. Leider ist nicht klar, was den Architekten Bohumil Waigant zu einer derart verschiedenartigen architektonischen Komposition brachte, und ob es sich um seinen eigene Idee handelte oder ob diese Abweichungen auf Wunsch des Bauherrn geschahen.
Der Investor stellte ursprünglich schon im Jahr 1913 ein Ansuchen auf Baugenehmigung. Im Antrag handelte es sich damals um ein zweistöckiges Haus, das in seiner Höhe den First der benachbarten Dächer überragt hätte. Dies wurde im Einklang mit den damaligen Baubedingungen nicht genehmigt und man empfahl ihm ein Gebäude, das um einen Stock niedriger war, um einen „harmonischen Übergang zum Nebengebäude“ zu garantieren. Der neue Bauplan wurde ein Jahr später genehmigt. Das fertige Gebäude unterscheidet sich in einigen dekorativen Details vom Entwurf aus dem Jahr 1913. Die Empire-Vasen am Rand der Attika fehlen, und die kreisförmigen Öffnungen befinden sich nicht nur im Sockel des Hauses, sondern auch in den Mauern der Balkone.
Das viergeschossige denkmalgeschützte Objekt mit einer in fünf Achsen unterteilten Fassade ist, genauso wie das benachbarte Objekt, einer Hauptstraße zugewandt. Es handelt sich um ein Haus mit markanter Symmetrie, für die Bohumil Waigant – im Unterschied zu seinen früheren Projekten – traditionellere architektonische Ausdrucksmittel benutzte. Bei der tektonischen Gliederung und in den Details der straßenseitig gelegenen Fassade setzten sich neoklassizistische Tendenzen durch.
Die sechs säulenartigen, kannelierten Pfeiler mit Abakus, die sich bis ganz nach oben über die Hausfassade ziehen und gemeinsam mit dem massiven Erker mit sechsteiligem Fenster, der im zweiten Obergeschoss mit einem Balkon abschließt, eine Achse bildet, bilden eine architektonische Dominante dieses Projekts. Auch die schmalen Balkons mit kugelförmigen, vergitterten Öffnungen gliedern die Fassade.
Die Seitenfenster im Erdgeschoss sind von steinernen Markisen überdacht, auf denen sich die einzige Skulpturenverzierung des Hauses befindet. Wir können sie auch auf den ursprünglichen Plänen aus dem Jahr 1913 finden. Es handelt sich um die Plastiken zweier Löwinnen, auf deren hinterem Rücken jeweils ein Kind sitzt, das einen Strauß aus Blumen, Blättern und Früchten in den Armen hält. Trotz der glatten Verarbeitung dieser Skulpturen, die ein festes Ganzes bilden, was sich im Werk des Bildhauers Antonín Waigant, dem Bruder des Architekten, nur spärlich finden lässt und nicht im Einklang mit den vorwiegend reliefartigen Arbeiten gebracht werden kann, ist anzunehmen, dass er diese Plastiken entworfen hat.
Die Konzipierung der kindlichen Gesichter und der stilisierten, schmal ausfallenden Haartracht entspricht den Formen, die wir aus vielen anderen Prager Fassadengestaltungen kennen und die jenem Bildhauer zugeschrieben werden. Beim Entwurf der massiven Raubtiere in Verbindung mit einer zierlichen Kinderfigur ließ sich der Autor offensichtlich durch den deutschen Bildhauer Bernhard Hoetger inspirieren, in dessen Werk wir solche massiven stilisierten Löwen auf erhöhten Sockeln finden können, die auch in den Arbeiten von Bohumil und Antonín Waigant ausgemacht werden können.
Die Bank für Handel und Industrie kaufte das Haus im Jahr 1927 von Josef Jihlavec mit der Absicht, in dem ansonsten zu Wohnzwecken genutztem Haus eine Filiale zu eröffnen. Für die Errichtung von Büros wurde im selben Jahr das Erdgeschoss umgebaut, die Arbeiten wurden vom Unternehmen des ehemaligen Hauseigentümers durchgeführt. Einige Türöffnungen wurden beseitigt, man hat die Eingangstür aus Holz ausgetauscht und im Erdgeschoss einen hofseitigen Flügel angebaut. Ende der 90er Jahre kam es zur Renovierung der Hausfassade, das Erdgeschoss und der erste Stock wurden für den Betrieb der Kommerzbank (Komerční banka) umgebaut. Auch heute wird das Haus als Büro- und Wohngebäude genutzt.
SS
Das Zinshaus mit den Konskriptionsnummer 556 befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt und ist als denkmalgeschützte Immobilie im Zentralen Verzeichnis kultureller Denkmäler der Tschechischen Republik unter der Nummer 20057/6-4525 registriert.
- Archiv Muzea východních Čech v Hradci Králové, fotoarchiv čp. 556
- Archiv stavebního odboru Magistrátu města Hradce Králové, katastr H. K., čp. 556
- Státní okresní archiv Hradec Králové, fond: Berní správa, katastr Hradec Králové, čp. 556 užitá pro soupis architektury
- Salma Soppe, Architekt Bohumil Waigant (1885–1930) (rigorózní práce), Katedra dějin umění a kulturního dědictví FF Ostravské univerzity, Ostrava 2013
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Karel Herain, Ulrichův Hradec Králové, Umění, 1930, roč. III., s. 289–356
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Marie Benešová; František Toman; Jan Jakl, Salón republiky: Moderní architektura Hradce Králové, Hradec Králové 2000