Ab 1883 gab es in Böhmen sieben Handelsinspektionen (Prag, Liberec, Pilsen, Cheb, České Budějovice, Hradec Králové und Ústí nad Labem), sowie insgesamt drei in Mähren und Schlesien. Ab 1910 existierte in Wien das zentrale k. k. Gewerbeförderungsamt, im selben Jahr wurde in Hradec Králové eine Zentrale für Handel, Gewerbe und Industrie für tschechische Akteure des Kammerbezirks Liberec errichtet. Diese hatte ihren Sitz im Haus von Ladislav Tvrzký, Konskriptionsnr. 410. Auf Basis des österreichisch-ungarischen Systems entstand ab 1918 in der Tschechoslowakei ein System zur Unterstützung der Gewerbe, als das Ministerium für Industrie, Handel und Gewerbe ein Netz regionaler Institute schuf. Neben der Geschäftszentrale wurde im Jahr 1915 auch das Institut für die Gewerbeförderung als kommunale Organisation in Hradec Králové gegründet, die an das städtische Museum angebunden war, das zu dieser Zeit die Erhaltung und Entwicklung von Industrie und Handwerk auf seiner Agenda hatte (für kurze Zeit hatte es auch den Namen Museum für Angewandte Kunst). Nach der Gründung der Tschechoslowakei wurde diese Institution in das neu organisierte Netzwerk von ministerialen Gewerbeinstitutionen aufgenommen.
Nach der organisatorischen Stabilisierung und der kommerziellen und industriellen Entwicklung der Stadt war sicher, dass das Institut ein neues Gebäude benötigen würde. Im Januar 1926 entwarf Oldřich Liska ein zweistöckiges Gebäude am rechten Elbufer im nördlichen Teil der Stadt. Oldřich Liska wurde wahrscheinlich aufgrund des Wettbewerbs ausgewählt, da auch ein Entwurf von Josef Gočár erhalten geblieben ist. Petr Grulich, Experte für die Geschichte von Handel und Gewerbe in Hradec Králové, ignoriert Gočárs Engagement. Liskas Entwurf wurde zwischen 20. Mai und 31. Dezember 1926 realisiert. In den ursprünglichen Plänen befand sich im Hochparterre eine Wohnung für den Hausmeister, eine Waschküche, ein Transformatorraum, ein Heizraum sowie straßenseitig ein Lehrsaal mit Kabinett. Im Hochparterre gab es sieben Büros (eines davon verfügte über ein Handlager für Akten), die Direktion mit Wartezimmer und einen Sitzungssaal. Hofseitig befanden sich die Toiletten. Im Ersten Stock gab es ebenfalls sieben Büros, fünf straßenseitige und zwei hofseitige, und eine großzügige Wohnung mit drei Zimmern, einem Schlafzimmer, einem Zimmer für das Dienstpersonal und ein Bad, drei Garderoben und eine Küche. Die Wohnung hatte auch eine kleine Terrasse. Das Objekt hatte ursprünglich ein zur Straße abfallendes Pultdach und einen Risalit, in dem sich das Treppenhaus befand; auf der straßenseitigen Fassade westlich, auf einem Sockel oberhalb der Terrasse, war die Statue einer stehenden Figur geplant, offensichtlich die Allegorie für Wohlstand, Handwerk oder Arbeit.
Im Jahr 1931, nach Fertigstellung des benachbarten Forschungsinstituts für die Glasindustrie, entwarf Jan Rejchl eine Erweiterung – einen Anbau im Hof. Das einstöckige Objekt hätte einen Mehrzwecksaal, einen Glasofen, Labors mit Oberlicht, Büros und Lager beinhalten sollen. Es wurde 1932 gebaut; heute existiert es nicht mehr.
Eine zusätzliche Erweiterung des Institutsgebäudes, 1938 in Handels- und Gewerbekammer umbenannt, stammt aus dem Februar 1939. Es handelt sich dabei um eine hofseitige Erweiterung des Gebäudes Richtung Norden, und zwar um eine Reihe von Büros – jeweils drei im Hochparterre und im ersten Stock. Der Autor des Projekts war Oldřich Liska. Laut Petr Grulich leitete der Baumeister Jaroslav Hájek die Arbeiten, doch konnte diese Information in den Quellen nicht überprüft werden.
Im Jahr 1941 wurden Jan Rejchls Pläne für den Aufbau eines zweiten Stockwerks und die Regulierung der Fassade bearbeitet. In dem Projekt vom März 1941 wurde die Terrasse im bestehenden ersten Stock – sie gehörte zu der Wohnung, die man zu diesem Zeitpunkt bereits als Büro nutzte – zugemauert und eine neue Etage hinzugefügt, die dreizehn Büros und ein Wartezimmer enthalten sollte. Die Trennwände der zur Straße gerichteten Büros enthielten eingebaute Aktenschränke. Das Gebäude erhielt eine neue straßenseitige Fassade – ein glattes, unartikuliertes Äußeres, das von einem Kranzgesims abgeschlossen wurde. An der Nordseite wurde das Gesims von ein Sockel unterbrochen, auf dem sich eine wahrscheinlich nie installierte Statue befinden sollte, ersetzt durch eine weitaus erhabenere und kompliziertere Unterteilung mit Lisenen, die durch Granitverkleidungen gebildet wurden. Das Treppenfenster über dem Haupteingang, das sich nun über drei Stockwerke erstreckte, erhielt reichhaltige Glasmalereien, die während des Umbaus nach 1948 verschwanden. Die Genehmigung wurde Mitte desselben Jahres erteilt und die geschätzte Bauzeit betrug ein halbes Jahr: „Bauverbot – Ausnahmegenehmigung: Auf das Ansuchen vom 23. Mai 1941 wird Ihnen vom Ministerium für Sozial- und Gesundheitsverwaltung nach eigener Regelung der Nr. 166/41 Slg. und mit Zustimmung des Reichsprotektors als Bauherr die Zustimmung zur Errichtung eines Aufbaus des II. Stockwerks und der Regulierung der Fassade für das Gebäude in Hradec Králové, Škroupova, Konskriptionsnr. 695 gegeben.“ Noch im selben Jahr modifizierte Jan Rejchl die Gliederung und Verkleidung des Eingangs und nahm geringfügige Änderungen im Treppenhaus vor. Die Baupläne, nach denen die Regulierung durchgeführt wurde, unterscheiden sich in Details, z. B. indem das Treppenhaus ins Dachgeschoss platziert wurde. Die Baupläne wurden vom Baumeister Jaroslav Hájek unterzeichnet.
Als es nach 1948 zur Abschaffung des Systems der Handels- und Gewerbekammern kam, wurde das Gebäude Sitz des Regionalausschusses der Kommunistischen Partei (KPČ). Aus dem Jahr 1958 stammt ein Plan für den Anbau eines neuen Flügels im nordwestlichen Teil des Grundstücks, parallel zum Elbeufer. Autor des Entwurfs ist erneut Jan Rejchl, der zu dieser Zeit für das staatliche Bauunternehmen Stavoprojekt tätig war.
Im Souterrain sollten überdachte Garagen entstehen, im Hochparterre zwei Büros, Lagerräumlichkeiten und ein Archiv, im ersten Stock zwei Gästezimmer, ein Büro, ein kleiner und ein großer Sitzungssaal sowie eine Teeküche. Im zweiten Stock plante Rejchl ein Büro, Toiletten und einen großen Sitzungssaal. Der Plan wurde nicht realisiert. Das Gebäude sollte im Geiste der Spätmoderne gestaltet werden, nur die Fassade zur Uferpromenade sollte von Lisenen aus Granitplatten eingerahmt werden. Der Architekt Rejchl schrieb über die architektonische Lösung: „Das Gebäude bildet mit dem bestehenden Gebäude eine bauliche und architektonische Einheit, mit einem markanten Motiv – einem großen Sitzungssaal im II. Stock. Die angemessene Verwendung von Steinplatten an der Fassade zur Uferpromenade trägt zum künstlerischen Ausdruck des Gebäudes bei.“ Im Jahr 1968 befand sich in dem Gebäude die Redaktion der kommunistischen Lokalzeitung Pochodeň, die zur Prager Zentrale der Zeitung Rudé právo gehörte. Zu diesem Zweck stellte das Unternehmen ERAM – Metall- und Elektroindustrie Hradec Králové 1968 die Neuinstallation von elektrischen Leitungen sicher, 1977 besorgte das Stavoprojekt Hradec Králové die Neuinstallation der Heizung und den Anschluss des Objekts an die Fernwärme. Seit 1990 hat das Staatliche Kreisarchiv seinen Sitz in dem Gebäude.
LZL
Das Institut für die Gewerbeförderung (Handels- und Gewerbekammer) befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní okresní archiv v Hradci Králové, fond Berní správa, dokumentace k čp. 695
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Petr Grulich, Obchodní a živnostenská komora v Hradci Králové a její budova, Královéhradecko, 2004, roč. 1, s. 61–70
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Petr Grulich, Obchodní a živnostenská komora Hradec Králové 1910–1949. (Protektor hospodářských a nacionálně politických zájmů českých podnikatelů na severovýchodě Čech.) Praha 2005
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Ladislav Zikmund-Lender, Tři generace architektů: Václav st., Václav ml., Jan a Milan Rejchlovi, Hradec Králové 2012, s. 95–96
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Bohumír Brom Historie obchodních a živnostenských komor na území českých zemí, od počátků až po jejich zrušení, (1850–1948), on-line zdroj: https://www.komora.cz/files/uploads/2016/12/Historie.pdf, vyhledáno 1. 4. 2020