Als der Fabrikbesitzer Karel Schulz, Mitinhaber der Metallbearbeitungsfabrik „Josef Bromovský, Daniel Märky & Karel Schulz“ mit Sitz in Kukleny, das Haus mit der Konskriptionsnummer 182 erbte, ließ er sich vom Architekten Rudolf Němec zwei neue Mietshäuser mit einheitlicher Fassade entwerfen. Kurz zuvor, im Jahr 1903, wurde Němec Lehrer und später auch Direktor der berühmten Fachschule für Kunstschlosserei in Hradec Králové, die eng mit Schulz‘ Fabrik in Kukleny zusammenarbeitete.
Rudolf Němec entwarf ein monumentales Projekt, dessen Fassade über drei Straßen reichte und das im Geist des ornamentalen Jugendstils ausgearbeitet wurde. Der Nutzungsgenehmigung vom 18. September 1905 ist zu entnehmen, dass die Bauarbeiten im Juli 1904 begannen und am 23. August 1905 fertiggestellt wurde. Außerdem ist dem Dokument zu entnehmen, dass das Projekt zur Hälfte auf der Basis früherer Bauten (Konskriptionsnr. 182 und 193) errichtet wurde; letztere erwarb der Bauherr zusätzlich zu seinem Erbe. Die beiden Konskriptionsnummern hatten jeweils andere Gesetze, deshalb war der Neubau der Nr. 193 für einen Zeitraum von 18 Jahren von der Haussteuer befreit, die Nr. 182 hingegen nur zwölf Jahre.
Das Gebäude hat an der Kreuzung der Tomkova und Špitálská eine markante abgeschrägte Ecke, die sich durch segmentierte Bögen über das Kranzgesims erhebt. Die Balustrade wird von Vasen abgeschossen. Die schräge Fläche der Ecke wird von Pilastern unterteilt, die vom ersten bis in den dritten Stock reichen, wobei das gesamte erste Stockwerk vom Sockel der Pilaster eingenommen wird, der mit einem dekorativem Feld verziert wird. Die Pilaster sind mit Stuckkränzen mit hängenden Quasten versehen und durch Stuckbänder miteinander verbunden. Das Erdgeschoss verfügt über Bossenwerk, zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Stock befindet sich ein vegetabiles Fries. In den oberen Etagen konzentriert sich die Stuckdekoration auf die Kartuschen in den Feldern unterhalb der Fenster. Die breite Fassade zur Špitálská wird von einem niedrigen Tympanon abgeschlossen. Schmale Balkone im ersten und zweiten Stock unterbrechen die Fassade in zwei Achsen.
Beide Teile sind baulich unterteilt und durch separate Eingänge in der Špitálská zugänglich. Die straßenseitigen Kellerräumlichkeiten sind miteinander verbunden und mit sog. böhmischem Deckengewölbe in Segmente unterteilt. Hofseitig waren die gemeinsamen Waschküchen untergebracht. Im Erdgeschoss befanden sich zwei Geschäftslokale zur Špitálská, mit Büro, einer Kammer und Toilette. In dem Teil des Hauses, der zur Tomkova ausgerichtet ist, befand sich ein Restaurant, denn für den östlichen Bereich wurde eine baulich abgetrennte Küche geplant. Auch für den nördlichen Teil, der zur Dlouhá ging, war ein kleineres Restaurant geplant, doch wurde es nicht realisiert, die Trennwand zwischen dem Geschäftslokal und der Küche sowie die Bezeichnung „Küche“ sind im Kollaudierungsplan gestrichen. Die Grundrisse der Obergeschosse sind identisch, es war jeweils eine Zweizimmer- und eine Dreizimmerwohnung geplant, wobei die Dreizimmerwohnungen im Objekt mit der Nr. 182 wegen der asymmetrischen, größeren Parzelle etwas größer ausfielen. Jede Wohnung sollte ein kleines Badezimmer und einen Vorratsraum beinhalten. Die Wohnungen waren über ein längliches Vorzimmer zugänglich, zugleich waren die Zimmer durch Türen miteinander verbunden. In jedem Raum befand sich ein Zimmerofen, der an einen der insgesamt acht Schornsteine (vier und vier in jedem Objekt) angeschlossen war.
Obwohl die Raumaufteilung der Wohnungen eher den Anforderungen des Bürgertums des 19. Jahrhunderts entsprach – Durchgangszimmer, kleines Badezimmer, das Fehlen von einem Zimmer für das Dienstpersonal, das nach 1918 sogar bei Wohnungen für den Mittelstand Standard war, stellte das Haus zu seiner Zeit ein Musterbeispiel für moderne Architektur dar. Es wurde sofort nach seiner Fertigstellung in zwei Reproduktionen in der angesehenen Zeitschrift Der Architekt publiziert: einem Detail der Verzierung an der Ecke oberhalb des Kranzgesimses und einem Entwurf der Fassade. Es ist beachtenswert, dass das Objekt hier als zweistöckig beschrieben wird: Němec ließ an einigen Stellen Elemente aus dem ersten bzw. dritten Stock weg. Es stellt sich die Frage, ob es sich um einen der ersten Entwürfe handelt, in dem die ursprüngliche Idee von einem zweistöckigen Haus präsentiert wird, oder um eine Adaptierung des Projekts für die Publikation, damit der Architekt eine detailliertere Miniaturzeichnung der Fassadendekoration auf einer beschränkten Fläche unterbringen konnte.
Neben dem Mietshaus von Anna Fultnerová von Josef Gočár und dem Haus von Ladislav Tvrzský von Rudolf Němec, die in der vorhergehenden Ausgabe der Zeitschrift Der Architekt publiziert wurden, befindet sich auch das Haus von Karel Schulz unter den Realisierungen aus Hradec Králové, die als modernste und repräsentativste Beispiele für ganz Österreich-Ungarn galten.
LZL
Das Mietshaus von Karel Schulz befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní okresní archiv Hradec Králové, fond Berní správa, dokumentace k čp. 182.
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Der Architekt, 1905, roč. XII, s. 51
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Ladislav Zikmund-Lender, Urbanismus a architektura XX. století, in: Kol. aut., Hradec Králové: Historie/Kultura/Lidé, Praha 2017, s. 683