Kurz vor dem Ersten Weltkrieg gab es eine weitere Phase, in der am Flussufer Orlické nábřeží viele Einfamilienhäuser errichtet wurden. Jan Schimann, der aus dem heutigen Prager Stadtviertel Královské Vinohrady nach Hradec Králové zog, wandte sich an den lokalen Baumeister František Jaroslav Černý, mit der Bitte, ihm eine stark historisierend gestaltete Villa zu errichten. Für das Jahr 1912, als sich die meisten anderen Architekten und Baumeister in Hradec Králové den Impulsen der Moderne oder des Jugendstils zuwandten, handelte es sich um einen sehr konservativen Auftrag. Der Bauherr wollte seinen Ruhestand in der Villa verbringen und verstarb nur vier Jahre nach der Fertigstellung des Hauses.
Die Pläne, datiert mit 10. September 1912, wurden am 7. Oktober 1912 genehmigt, und der Bau wurde noch im selben Monat begonnen. Fertigstellt wurde das Haus im Frühling des darauffolgenden Jahres, am 20. Mai 1913. Die Villa besitzt zwei bewohnbare Stockwerke, mit Ausnahme des hofseitigen, einstöckigen Traktes, wo sich die Küche befindet. Das Haus ist bis auf einen kleinen Teil im Norden zur Gänze unterkellert. Die Pläne des Souterrain sind nicht beschrieben, doch man kann annehmen, dass sich dort Betriebs- und Lagerräumlichkeiten für Heizmaterial und Lebensmittel bzw. eine Waschküche u. Ä. befanden. Das Erdgeschoss wurde sehr traditionell konzipiert: große Repräsentations- und Wohnräume wie ein Herrenzimmer und ein Esszimmer mit Alkoven gingen zur Straße. Im hinteren gartenseitigen Trakt befand sich eine Küche mit Speisekammer und einem Zimmer für das Dienstmädchen. Dieser Bereich des Hauses verfügte über einen selbständigen Eingang an der Gartenseite. Im Zentrum des Hauses befand sich ein Treppenhaus, das ein relativ neues Prinzip modernen Wohnens darstellte und aus der reformierten englischen Landarchitektur übernommen wurde. Das Obergeschoss verfügte über ein großes Schlafzimmer und ein kleines Zimmer, von wo aus eine weitere Treppe in den Dachboden führte, daneben wurde eine Toilette und ein selbständiges Badezimmer geplant. Oberhalb des Alkoven im Speisezimmer befindet sich eine Terrasse. Das Dachgeschoss diente ausschließlich als Dachboden.
Das Äußere der Villa ist eklektisch gelöst. Es überwiegen Neorenaissance- und Neobarockelemente: das Bossenwerk im Parterre, toskanische Pfeiler an den großen Fenstern in den Alkoven im Erdgeschoss, die zum Speisezimmer gehörende Nische mit Mansardendach im Erdgeschoss und vor allem den Schweifgiebel mit Voluten oberhalb des straßenseitigen Risalits. Der Hauptgiebel mit Fachwerk und Halbwalmdach verweist wiederum eher auf die volkstümliche Architektur. Bestandteil des Interieurs waren Möbel mit volkstümlichem Charakter von Dušan Jurkovič.
Die neuen Eigentümer Alois und Maire Vacek ließen im Jahr 1928 die Terrasse im Obergeschoss zubauen, wodurch der private Wohnbereich im ersten Stockwerk vergrößert wurde. Bei diesem Umbau wurde auf die ursprüngliche Auffassung der Fassade Rücksicht genommen, und das Halbwalmdach hat dieselbe Neigung und Ausführung wie der Rest des Dachs. Diese konforme Lösung erforderte eine Baugenehmigung: „Die Fassade des Zubaus muss in Bezug auf architektonische Gestaltung, Material und Farbe einheitlich und im Einklang mit der vom Umbau nicht betroffenen Fassade des Hauses ausgeführt werden.“ Der Umbau wurde vom Baumeister Jan Kraus aus Hradec Králové vorgenommen.
LZL
Die Villa von Jan Schimann befindet sich im denkmalgeschützten Teil der Stadt Hradec Králové.
- Státní okresní archiv v Hradci Králové, fond Berní správa, dokumentace k objektu Součástí čp. 532.
- Ilona Motejlová, Architektura vil v Hradci Králové 1900–1945, bakalářská diplomová práce (Bc)., Filozofická fakulta Univerzity Palackého v Olomouci, 2011