Den Anfang der Gerbereiwerke in Kukleny, einer Vorstadt von Hradec Králové, reicht zurück in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zu jener Zeit entwickelte sich Kukleny zu einem wichtigen Industriegebiet. Dank einer strategisch wichtigen Straße, der heutigen Pražská třída, und der neu errichteten Eisenbahnstecke (1857) entstanden in Kukleny Unternehmen wie die Maschinen-, Kessel- und Gießereifirma Weidner, die Fabrik für Zichorienkaffee Felfel, die Zuckerfabrik Kostka, die metallverarbeitende Firma Märka, Bromovský & Schulz und später auch die Škoda-Werke. 1884 schloss sich Alois Nejedlý an, der hier seine Gerbereiwerke errichten ließ. Nejedlý stammte aus einer Familie, die sich seit dem 17. Jahrhundert der Lederverarbeitung widmete. Er gründete ein größeres Unternehmen, das später seine Söhne Alois und Josef übernahmen und den Namen Spojené koželužské závody A. a J. Nejedlý (dt. Vereinigte Gerbereiwerke A. und J. Nejedlý) trug.
Die älteste erhaltene Baugenehmigung betrifft das Gebäude der Werkstatt (Konskriptionsnr. 184/9), die im Jahr 1885 fertiggestellt wurde. Es gab hier Räumlichkeiten zur Lederverarbeitung: eine Lohgerberei, eine Laugerei, einen Trockenraum sowie Zimmer mit Küche. Das zweistöckige, unterkellerte Objekt überstand einige Brände und erhielt sich in unregelmäßig-rechteckiger Form, mit sechs Fensterachsen; der Eingang ist zum Areal der Anlage gerichtet. Den Plänen zufolge sollte die Repräsentativität des Unternehmens durch ein vergrößertes einstöckiges Teil mit einem doppelten Gesims und Bossenwerk zwischen den Fenstern vervollständigt werden. Dieser Teil ist wahrscheinlich niedergebrannt und wurde später in seiner jetzigen Form mit einem einfachen höheren zweistöckigen Block mit einem durch einen Zahnstocher verzierten Kranzgesims fertiggestellt. Es ist, als ob das Gebäude dem angrenzenden Verwaltungsgebäude der konkurrierenden Gerberei von Josef Seyfried in Bezug auf die Höhe gleichkommen will.
In den 1930er Jahren erstreckte sich die Gerbereifabrik von Alois und Josef Nejedlý zwischen der Pražská třída, wo sich der Haupteingang und die Pforte befanden, bis zu dem Gehweg, der sich heute zwischen dem Fabrikgelände und einem Fußballplatz befindet. Aus dem Lager der Fabrik erhielt sich kein bedeutendes Gebäude, jedoch befinden sich im Gesamtareal noch einige Objekte. Der Bach, der durch das Grundstück fließt, teilt das Areal der Firma in zwei Hälfen. In der Hälfte an der Pražská třída befindet sich das bereits erwähnte Objekt mit der Nr. 184/9, das den Eingangsbereich bildete, zusammen mit der nicht erhaltenen Pforte (Spuren sind an der Umzäunung aus Ziegelsteinen zu finden – der Sockel, der teilweise verputzt ist, bildete die Mauer) und dem Haupttor. Das dreistöckige Objekt mit Z-förmigem Grundriss auf der linken Seite diente vor allem als Lager fertiger Produkte. Der südlichste, zweistöckige Teil dieses Objekts wurde als Speisesaal, Büro und Labor genutzt. Bei dem weiteren erhaltenen Objekt mit rechteckigem Grundriss handelt es sich um ein einfaches zweistöckiges Haus am Hauptweg. Zum Großteil diente es als Lager, es befanden sich dort auch ein Zimmer mit Küche. Hinter dem Bach befanden sich die Produktionsstätten. Der nicht erhaltene Gebäudekomplex bestand aus einer geräumigen Fabrik mit Atrium, deren bebaute Fläche ohne der umliegenden Lager mit jener des Schlosses in Litomyšl verglichen werden kann. Der Erste Weltkrieg bedeutete das Ende der guten Ergebnisse der Firma, die ihren Betrieb jedoch nicht einstellte. In den 1920er Jahren verarbeitete man noch 5 600 000 Stück Material verarbeitete und hatte über 150 Angestellte. Die Wirtschaftskrise von 1929 überstand das Unternehmen nicht.
Bis auf das Verwaltungs- und Wohnobjekt mit der Konskriptionsnr. 111 wurde auch das Gebäude mit der Nr. 109 erhalten, das zu der angrenzenden Gerbereifabrik von Josef Seyfried gehörte. Es handelt sich um eine einstöckige Halle mit Walmdach, deren Ursprünge zurück ins Jahr 1881 reichen, als der Unternehmer Antonín Komárek das Gebäude zur Zuckerherstellung nutzte. Dieses Objekt, die sog. kleine Halle, besteht aus unverputztem Sichtmauerwerk, erlitt jedoch mehrere Umbauten und wurde schlecht gewartet, genauso wie das Türmchen mit der Uhr, das 2014 abgetragen und deponiert wurde. Als trauriger Rest der weiträumigen Gerbereifabrik blieb der separat stehende Schornstein, der eine wichtige historische Dominante der Stadt bildet und an den einstigen industriellen Aufschwung von Kukleny erinnert.
Jakub Hubený
Kein Denkmalschutz verzeichnet.
- Státní okresní archiv Hradec Králové, archiv obce Kukleny, Pamětní kniha městyse Kuklen 1776–1918, inv. č. 1, kniha č. 1
- Státní oblastní archiv v Zámrsku, fond Spojené koželužské závody, A. aj. Nejedlý, a.s., Kostelec nad Orlicí, Kukleny, 1898-1948, NAD č. 601, AP č. 8742
- Mgr. Jiří Fiala, Záložní úvěrní ústav v Hradci Králové v letech 1868–1914 (Rigorózní práce), Ústav hospodářských a sociálních dějin, Filozofická fakulta Univerzity Karlovy v Praze, Praha
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Zpravodaj Společnosti ochránců památek ve Východních Čechách, 2011, roč. XXI., č. 1
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Ladislav Zikmund-Lender, Génius průměrnosti: Architekt Jindřich Freiwald v Hradci Králové, in: Kol. aut., Monumenta Vivent: Sborník Národního památkového ústavu, územního odborného pracoviště v Josefově, Josefov 2015