Theodor Petřík wurde als Sohn eines Arztes in eine Familie geboren, die lange in der Landwirtschaft tätig war. Er besuchte das Gymnasium in Tábor (Südböhmen) und absolvierte im Jahr 1908 das Fach Bauwesen an der Technischen Universität Prag. Petřík war nach Studienabschluss bis zu seinem Tod am Institut für Bauwesen der Technischen Universität Prag angestellt. Im Jahr 1909 nahm der Architekt mit einem überraschend progressiven und was den Denkmalschutz betrifft sensiblen Projekt an dem Wettbewerb für den Umbau des Prager Altstädter Rathauses teil. Auch in seiner Dissertation widmete er sich diesem Projekt, sie trägt den Titel Význam staroměstského náměstí v regulaci Velké Prahy (dt. Die Bedeutung des Altstädter Rings bei der Regulierung von Groß-Prag). Petřík arbeitete bis 1915 mit dem Architekten Karel Roštík zusammen. Die beiden knüpften an Petříks Erfolg beim Wettbewerb um das Altstädter Rathaus an (wo er den zweiten Platz bekam), und gemeinsam nahmen sie an dem damals bedeutendem Wettbewerb für ein Gebäude in der größten mährischen Stadt teil: das Tschechische Theater in Brünn. Das Projekt wurde zwar nicht realisiert, doch löste es eine wichtige Diskussion über moderne Architektur in Mähren aus. Aus Petříks Zusammenarbeit mit Roštík entstand eine Reihe Familien- und Mietshäuser, aber auch Schulgebäude: Das Haus U Kamenného stolu (Zum steinernen Tisch) am heutigen Karlsplatz, die Villa mit der Konskriptionsnr. 256 im Prager Stadtteil Hradčany, ein Entwurf für eine Schule in Brandýs nad Labem und der ersten Entwurf für die Berufsschule für Landwirtschaft in Hradec Králové. Petřík selbst entwarf die Villa des Ehepaares Novotný hinter dem Bechyně-Tor in Tábor mit Kristallornament im Mansardengiebel und der klassizistischen Darlehenskasse in Tábor aus dem Jahr 1919. Nach dem ersten Weltkrieg begann Petřík seine Zusammenarbeit mit Milada Petříková-Pavlíková, seiner Ehefrau und ehemaligen Schülerin, der ersten promovierten Architektin auf tschechoslowakischem Gebiet. Petřík entwarf auch zwei Aussichtstürme – einen bei Tábor, einen zweiten beim Žamberk; beide erinnern durch den Gebrauch von Schindeln und Zyklopenmauerwerk im unteren Teil an Volksbauten. Mit Milada Petříková-Pavlíková arbeitete er an der Fertigstellung der Berufsschule für Landwirtschaft in Hradec Králové-Kukleny und dem umliegenden Areal, die neben dem kubistischen Hauptgebäude auch Ställe und Silos umfasst. Mit dem Entwurf eines Übungsbauernhofes der Hochschule für Land- und Waldwirtschaft in Uhříněves leistete er einen weiteren Beitrag für das landwirtschaftliche Schulwesen. Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre beteiligte er sich am Bau des Campus der Tschechischen Technischen Universität (ČVUT) im Prager Stadtviertel Dejvíce, wo er monumentale Formen und modern konzipierte barocke Grundrisse anwandte. In den 1920er und 1930er Jahren befasste Petřík sich mit Entwürfen von Villen – der Villa von Bedřich Honázk in Hradec Králové, der Villa von Stanislav Zeman in Šlapanice, der Villa von Vladimír Petřík in Prag oder der Villa in Horní Roveň. In allen diesen Bauwerken entwickelte der Architekt eine leicht kubistische und klassizistische Formsprache und aktualisierte Prinzipien, Materialien und Formen der traditionellen Volksarchitektur: Türbogen, Zyklopenmauerwerk, hölzerne Elemente, Mansardendach, traditioneller dreieckiger Giebel usw. Petříks bedeutendster Beitrag im Bereich Architektur und Bauwesen der Zwischenkriegszeit waren allerdings seine theoretischen Untersuchungen im Bereich der Landwirtschaftsarchitektur und ihrer Modernisierung. Der Architekt hatte auch Gelegenheit, seine Ergebnisse in der Praxis zu testen: Er entwarf einen Schweinestall in Voděrady (1920), den Komplex des Staatlichen Forschungsinstitutes für Kartoffeln in Německý Brod (1926–1929), Höfe in der Region um Mladá Boleslav oder ein Gestüt in Topoľčianky. Petříks Beitrag zur tschechischen Architektur der Moderne besteht neben seiner zielbewussten und überzeugenden Untersuchungen zur Hygienisierung und Rationalisierung landwirtschaftlicher Bauwerke und ihrer Anwendung vor allem in der Entwicklung einer gemäßigten modernen Architektur, wobei es ihm gelang, die geometrischen und puristischen Prinzipien der Moderne mit traditionellen, fast archetypischen, ländlichen Formen und Bauprinzipien zu verbinden.
LZL
čp. (číslo popisné) – Konskriptionsnummer, ein während der Monarchie eingeführtes System der Nummerierung von Gebäuden (im Unterschied zur Orientierungs- bzw. Hausnummer)
- Martin Zubík, Prof. Dr. Theodor Petřík (1882-1941) a jeho význam v české architektuře první poloviny 20. století, diplomová práce, Filozofická fakulta Univerzity Jana Evangelisty Purkyně Ústí nad Labem, 2009
- Theodor Petřík, Architektonický obzor, 1909, S. 1
- Theodor Petřík, Stavitel, 1922, S. 117–160
- Theodor Petřík, Architekt SIA, 1941, S. 226–236
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Pavel Vlček (ed.), Encyklopedie architektů, stavitelů, zedníků a kameníků v Čechách, Praha 2004, s. 347–348
- Ladislav Zikmund-Lender, in: Monumenta Vivent, Sborník Národního památkového ústavu v Josefově, Josefov 2013, S. 37–44
- Martin Zubík, Slavné stavby Theodora Petříka, Praha 2014
- Ladislav Zikmund-Lender, Struktura města v zeleni: Moderní architektura v Hradci Králové (TP), Hradec Králové 2017, S. 129–140