Biografie
František Hellmann stammte aus der Familie von Jan Hellmann, einem Handschuhmacher aus Písek in Südböhmen, der im Haus mit der Konskriptionsnummer 97 in der heutigen Budějovická ulice lebte. Hellmanns Bruder Jan (1836-1908) wurde Richter am Obersten Landesgericht in Prag und später am Obersten Gerichtshof in Wien. František Hellmann absolvierte die Realschule in Písek und ab dem Jahr 1866/67 studierte er an der Prager Technischen Universität und erlangte den Titel Ingenieur.
Ab 1879 lebte er in der Gemeinde Tvoršovice bei Benešov in Mittelböhmen. Wahrscheinlich half er dem Architekten Ullmann beim Umbau des dortigen Neorenaissance-Schlosses, das der Eisen- und Stahlgroßhändler Jan Schebek gekauft hatte. Zu dieser Zeit wurde Hellmann Mitglied des Spolek architektů a inženýrů v Království českém (dt. „Verein der Architekten und Ingenieure im Königreich Böhmen“).
Ab 1882 war Hellmann auch als autorisierter Zivilgeometer tätig und verlagerte seinen Wirkungsort nach Ostböhmen. Nach nicht weiter spezifizierten Arbeiten in der Gemeinde Hořiněves unweit von Hradec Králové entwarf er 1885 ein Zuckerlager in Smiřice und zwei Jahre später konzipierte er die meisten Objekte für die regionale Wirtschafts- und Industrieausstellung in Jaroměř. 1888 beteiligte er sich an der Entstehung der Villa für Jan Náhlovský in Jaroměř, für die er die Bauarbeiten ausführte und die Neorenaissance-Elemente des Objekts plante. In der Stadt Jaroměř plante Hellmann weitere bedeutende Projekte: Er renovierte den Glockenturm der Kirche des hl. Nikolaus, entwarf ein Getreidelager und das majestätische Gebäude der Allgemeinen Handwerkerschule im Viertel Pražské Předměstí, das 1906 fertiggestellt wurde. Hellmann war auch außerhalb der Stadt tätig: 1897 wurde in der Gemeinde Dubenec eine Schule nach seinen Plänen realisiert. Zu dieser Zeit erhielt er von der Baronin Berta Bess-Chrostin ein Grundstück in der Gemeinde Velichovky (Welichow), einem Kurort mit Moorbad. Hellmann errichtete dort die Villa Jetty und vermietete darin zehn geräumige und komfortabel eingerichtete Gästezimmer.
Noch zuvor wurde sein bedeutendstes Projekt in Hradec Králové realisiert, das Adalbertinum für die Politické družstvo tiskové (dt. „Politischen Verlagsgenossenschaft“). 1896 arbeitete er vier Varianten für ein monumentales, frei stehendes Gebäude aus, in dem unterschiedliche Aktivitäten der Diözese, insbesondere die Publikation, die Unterbringung von Gästen, ein Restaurant und Vereine unter einem Dach vereint werden sollten. Die Genossenschaft entschied sich für den Entwurf eines neobarocken Palais, deren Realisierung etwas länger als ein Jahr dauerte.
Nach 1905, also nach seinem 60. Geburstag, übersiedelte František Hellmann nach Prag. Er lebte in Bubeneč in der Čechova ulice in einem Haus aus dem Jahr 1908 (Konskriptionsnummer 285). Die eklektische Fassade des Hauses mit feinen Andeutungen der Moderne lässt vermuten, dass sich der Architekt und Baumeister hier seinen eigenen Alterssitz geschaffen hatte. Außer Hellmanns Tätigkeit als Gerichtsgutachter ist nichts über weitere Tätigkeiten oder Realisierungen bekannt. Hellmann starb im Sommer 1925 im Sanatorium Podolí in Prag.
MP
Auswahl weiterer Werke
1885
Zuckerlager, Smiřice, Cukrovarská ulice (2016 Brand, 2020 Abriss)
1888
Villa von Jan Náhlovský, Jaroměř, Vojtěcha Probošta 180 (heute Stadtbibliothek)
1893–1895
Gymnasium, Dvůr Králové nad Labem, Náměstí Odboje 304 (Projekt des Architekten Václav Kaura)
1899
Vila Jetty (heute Zátiší), Velichovky, Na Zátiší 66
1900
Lager, Jaroměř, Ulice 5. května, ohne Nummer
1906
Allgemeinen Handwerkerschule, Jaroměř, Studničkova 260
Literatur
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Národní politika, 18. 8. 1925, č. 225, s. 12.
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VLČEK, Pavel (ed.). Encyklopedie architektů, stavitelů, zedníků a kameníků v Čechách. Praha: 2004, s. 228.